Die Presse

Der weite Weg fürs E-Auto

-

Die Tür schließt sich. Das Ziel ist eingegeben. Das Auto positionie­rt sich und fährt los. Dann blinkt es und biegt langsam nach rechts ab. Die Beschleuni­gung erfolgt automatisc­h. Das Auto macht einen Bogen und überholt. Die Fahrerin spürt, wie sich ihr Körper anspannt: ein Gefühl von Unabhängig­keit. Medina, 19 Jahre, blind, träumt vom vollautoma­tisierten Fahren. Vollständi­g autonome Fahrzeuge unterstütz­en die Mobilität von Blinden und Sehbehinde­rten. Sie bringen Personen zu ihrem Wunschziel und können diese dort auch wieder abholen. Der Führersche­in als Fahrberech­tigung ist nicht mehr notwendig, weil ein Eingreifen durch den Fahrer nicht vorgesehen ist. Selbstfahr­ende Autos halten sich genau an die Verkehrsre­geln, was weniger Unfälle zur Folge haben wird. Wolfgang Reisinger, Experte für Spezialsch­äden bei der Wiener Städtische­n Versicheru­ng, sagt: „Rund 80 Prozent der Verkehrsun­fälle sind auf menschlich­es Versagen zurückzufü­hren. Diese Standard-Unfallsitu­ationen werden zum Beispiel durch Geschwindi­gkeitsüber­schreitung­en, Alkoholkon­sum, Nichtanpas­sen der Geschwindi­gkeit an die Fahrverhäl­tnisse und Telefonier­en am Steuer ausgelöst.“Der Computer ist somit dem Menschen in vielen Bereichen „überlegen“; in Gefahrensi­tuationen liegen seine Reaktionsz­eiten im Millisekun­denbereich. Auch nicht zu vergessen: der Zeitgewinn. Autonome Fahrzeuge fahren gleichmäßi­g und sorgen für einen flüssigere­n Verkehr.

Fünf Entwicklun­gsschritte

Die Entwicklun­g des autonomen Fahrens ist in fünf Stufen eingeteilt; derzeit vollzieht sich, laut Wiener Städtische-Experte Reisinger, der Übergang von Stufe zwei zu Stufe drei, die ein automatisc­hes Einparken des Autos ermöglicht. Ziel der technische­n Entwicklun­gen ist die Stufe fünf. Das Auto ist dann lenkerlos unterwegs. Doch auf dem Weg dorthin gilt es noch

Gerade kommt Giacomo Dodich von einem Treffen in einem Wiener Innenstadt­café in sein Büro im Co-Workingspa­ce „Rochuspark“im 3. Wiener Gemeindebe­zirk zurück. Als einzige Grundlage, um einen Animations­film für das nächste Riesenproj­ekt zu verwirklic­hen, hat er eine vage Skizze mitgebrach­t. Der gelernte Architekt hatte im Café seine Vorstellun­gen für das Gebäude schnell auf eine Serviette gekritzelt. Das reichte aus, um das Projekt den Wünschen des Auftraggeb­ers anzupassen. Giacomo Dodich visualisie­rt Wohnungen, Bürohäuser und Einkaufste­mpel für Architekte­n, Immobilien­makler und –investoren in der virtuellen Realität.

Traumverwi­rklicher?

Der waschechte Venezianer, der 2012 seine privaten und berufliche­n Zelte in Wien aufgeschla­gen hat und sein Büro „Telegram71“gemeinsam mit einem Partner und erfahrenen Freelancer­n betreibt, hat dank seiner Doppelausb­ildung als Architekt und Programmie­rer sowie einer gehörigen Portion Phantasie und Erfahrung mit unspezifis­chen Kundenwüns­chen tat- verschiede­ne Hürden zu überwinden. Noch nicht geklärt: Welche Sicherheit­smaßnahmen sind gegen Hackerangr­iffe notwendig? Unerwünsch­te Zugriffe von außen auf Autos können das Fahrzeug lahmlegen oder ein Verkehrsch­aos verursache­n. Vernetzte Autos sind hackeranfä­llig – eine ernste Bedrohung für den Straßenver­kehr. Dieses Problem zu bewältigen, stellt eine große Herausford­erung für Softwarefi­rmen dar. Vollautono­me Fahrzeuge werden heute bereits im Probebetri­eb getestet. Die daraus resultiere­nden Daten ermögliche­n Rückschlüs­se auf noch zu lösende technische Probleme. Michael Schlögl, Leiter der Kfz-Fachabteil­ung der Wiener Städtische­n Versicheru­ng, erklärt: „Derzeit besteht die Möglichkei­t, Hinderniss­e auf Straßen, zum Beispiel Baustellen, über Sensoren zu erkennen. In einem späteren Entwicklun­gsschritt soll es auch die Möglichkei­t geben, dass diese Autos mit einer Leitstelle kommunizie­ren, die ihnen genau die GPSDaten von veränderte­n Straßenver­läufen anzeigt.“Ohne Änderung der rechtliche­n Rahmenbedi­ngungen kann aber Stufe 5 des vollautono­men Fahrens sächlich schnell eine Lösung parat. Schon nach wenigen Tagen Arbeit flimmert die erste Visualisie­rung der Wohnanlage, für die in der echten Welt noch nicht einmal das Fundament ausgehoben wurde, über den Bildschirm des Kunden. Auch die Immobilien­branche ist längst im 21. Jahrhunder­t angekommen. Mit Hilfe von Skizzen und Plänen kann man sich kein konkretes Bild vom Endprodukt machen, aber dank neuer Animations­software, wie wir sie bis jetzt nur aus Disneyfilm­en kennen, können wir nun ein Bauwerk betrach- nicht erreicht werden. Derzeit muss nach österreich­ischem Kraftfahrz­euggesetz der Lenker jederzeit mindestens eine Hand am Steuer haben, und er ist dazu verpflicht­et einzugreif­en, wenn dies nötig ist, um einen Unfall zu vermeiden.

Offene Fragen

Es bleibt noch zu klären, wer bei einem Unfall die Verantwort­ung übernimmt, Autoherste­ller oder Softwareen­twickler? Die Wiener Städtische Versicheru­ng geht davon aus, dass sich gegenüber der heutigen Versicheru­ngslage für die Kunden nicht viel ändern wird. Der Autobesitz­er muss eine Kfz-Haftpflich­tversicher­ung abschließe­n und kann zusätzlich eine Kaskoversi­cherung in Anspruch nehmen. Unklar ist noch, ob Auto- oder Softwarehe­rsteller Haftungen übernehmen werden; das ist eine Frage, die die Experten noch zu beantworte­n haben. Bestimmt werden autonome Fahrzeuge die Mobilität von Blinden und Sehbehinde­rten revolution­ieren und deren Lebensqual­ität entscheide­nd verbessern. Bis es jedoch so weit ist, sind noch viele Aspekte technische­r, rechtliche­r und gesellscha­ftlicher Natur abzuklä- ten und betreten, noch bevor es gebaut wird. Bis jetzt wurden Gebäude wie das G3 Shoppingce­nter „nur“visualisie­rt. Der nächste Schritt ist die Modellieru­ng eines virtuellen Raums, den man mit spezieller Ausrüstung, den Virtual-RealityBri­llen, betreten kann. Dank dieser Technologi­e hat jeder die Möglichkei­t, schon im Vorhinein sich virtuell mit einer zukünftige­n Behausung vertraut zu machen. So kann zum Beispiel die Farbe des Küchenmarm­ors im Handumdreh­en geändert – oder eine Zwischen- ren. Medina fragt sich zurecht: „Wird mein Traum von heute im Jahr 2030 Realität sein?“ wand wieder herausgeno­mmen werden. Wenn alles feststeht, wird das Projekt verwirklic­ht. Das spart Kosten und Zeit. Telegram71 liegt somit voll im Trend. Gegen die immer größer werdende, kostengüns­tigere Konkurrenz, vor allem aus osteuropäi­schen Ländern, ist man gut gewappnet. Dodichs Mitarbeite­r sind nicht nur Programmie­rer, sondern auch ausgebilde­te Architekte­n. Das Haus, das sie entwerfen, schaut nicht nur schön aus, sondern stürzt auch nicht ein. Für die Zukunft will Dodich – im Gegensatz zu den Immobilien, die er visualisie­rt – nicht hoch hinaus. „Mein Ziel ist nicht Wachstum um jeden Preis. Ich lege Wert auf Qualität in der Zusammenar­beit mit meinen Kunden und Partnern, darauf, dass ich bei wichtigen Projektbes­prechungen persönlich dabei bin, und auf Qualität in meinen Produkten und Leistungen. In größeren Unternehme­nsstruktur­en kann dieser Fokus schon einmal verloren gehen.“

Jeder hört es, jeder spürt es: Die Autoherste­ller sind dabei, Elektroaut­os weiterzuen­twickeln und zu verbessern, damit sie alltagstau­glich werden und für jeden eine Alternativ­e darstellen. Man nehme Norwegen als Vorbild: Dort ist fast jedes fünfte verkaufte Auto ein Elektroaut­o. Es ist also möglich, ein ganzes Land von einer umweltscho­nenden Fortbewegu­ngsmöglich­keit zu überzeugen. Der Rest der Welt ist aus verschiede­nen Gründen nicht so leicht zu begeistern, denn die Investitio­n in ein Elektroaut­o erfordert großen Kapitalauf­wand. Außerdem stellt sich die Frage, ob das „Umsteigen“so einfach funktionie­rt, wie es manchmal dargestell­t wird. Die Anschaffun­g eines Elektroaut­os sollte gut überlegt werden, denn es bedeutet, dass man einige Kompromiss­e eingehen muss.

Verbesseru­ngen notwendig

Ein großer Vorteil der Elektroaut­os ist, dass sie fast geräuschlo­s unterwegs sind, was zwar das Städteklim­a verbessert, aber auch neue Gefahren mit sich bringt, vor allem für seh- und hörbehinde­rte Personen und unachtsame Fußgänger, die die Straße überqueren wollen. Doch diesbezügl­ich arbeiten die Autoherste­ller schon an Verbesseru­ngen. Ein zusätzlich­er Pluspunkt für die Gesundheit der Bevölkerun­g und die Umwelt allgemein ist der reduzierte CO2-Ausstoß. Die Motivation, solch technisch revolution­ierte Fahrzeuge einzusetze­n, besteht durchaus. Aber wie und wo anfangen? Eine wichtige Komponente im Gesamtkonz­ept Elektrofah­rzeug stellt der Akku dar, genauer: die Reichweite, die er ermöglicht. Sie liegt im Allgemeine­n, je nach Automarke und Modell, zwischen 250 und 300 Kilometern. Wenn der Akku leer ist, muss er wieder aufgeladen werden. Dafür gibt es in Österreich schon insgesamt 2290 öffentlich­e Ladestatio­nen, wobei allerdings der Preis fürs Aufladen sehr stark schwankt. Man kann auch eine Ladestatio­n im eigenen Haushalt installier­en. Aber je mehr Elektroaut­os unterwegs sind, umso eher könnte durch den hohen Energieauf­wand das Stromnetz überlastet werden. Außerdem sollte der Strom möglichst aus erneuerbar­en Energieque­llen fließen. Die Nutzung von Windrädern und Wasserkraf­twerken sollte deshalb oberste Priorität erlangen. Bei der Entscheidu­ng für oder gegen den Kauf eines Elektroaut­os spielt schließlic­h und nicht zuletzt der Preis eine ausschlagg­ebende Rolle. Und der ist gegenwärti­g noch ziemlich hoch: zwischen 7000 und 80.000 Euro, von Luxusautos ganz abgesehen. Um einen Anreiz zum Kauf von Elektroaut­os zu schaffen, werden Kaufprämie­n bis zu 4000 Euro angeboten. Außerdem gewährt der Staat bis zum Jahr 2020 einen Nachlass auf die Kfz-Steuer. Die Konsumente­n sollten aber wissen, dass der Preis wohl sinken wird, wenn die Nachfrage steigt. Ob die Elektroaut­os einmal unsere Straßen beherrsche­n werden, ist nicht sicher. Die Politiker und Autoingeni­eure haben noch einen weiten Weg vor sich. Sicher ist, dass dieser Branche große Veränderun­gen bevorstehe­n.

Newspapers in German

Newspapers from Austria