Der Teamchef hat nun neue Sorgen
ÖFB-Team. Marcel Koller, 56, präsentierte sich nach fünfeinhalb Jahren im Amt emotional wie nie. Vor dem WM–Qualifikationsspiel in Irland ortet er bei seinen Spielern eine mangelhafte Einstellung.
Wien. Die Nachricht der erstmaligen Einberufung von Kevin Danso (Augsburg) und Konrad Laimer (Salzburg) ging ebenso unter wie die Rückkehr von Florian Kainz (Bremen) in den Kader der österreichischen Nationalmannschaf. Teamchef Marcel Koller wollte Dienstagmittag im Rahmen der ÖFB–Pressekonferenz im Wiener Palais Hansen Kempinski aber ohnehin lieber über ein anderes Thema sprechen, eines, das ihn in den vergangenen Tagen emotional aufgewühlt hatte.
Nach mehreren Telefonaten mit Teamspielern sei Koller ein „Raunzen“und eine gewisse „Unzufriedenheit“aufgefallen. Vielen käme der Spieltermin gegen Irland (11. Juni) am Ende einer Saison ungelegen, immerhin ließe sich diese Zeit auch schon zum urlauben nutzen. Sebastian Prödl, er wurde von den Fans seines Klubs Watford FC zum Spieler des Jahres gewählt, hatte den Termin in der „Kronen Zeitung“zuletzt als „Frechheit von der Fifa“bezeichnet. Bei Koller stießen diese Reaktionen auf Stirnrunzeln, er nutzte das Podium als Bühne und sagte: „Das ist ein öffentlicher Aufruf an die Spieler. Das ist ein verdammt wichtiges Spiel, das wird kein Zuckerschlecken. Wir müssen ab der ersten Minute des Teamcamps hellwach und fokussiert sein.“
Eine Frage der Ehre?
Wenn die Einstellung mancher Akteure vor einem so wichtigen Spiel wie gegen Irland nicht stimmt, dann scheint der Weg zur Niederlage vorgezeichnet. „Es ist wichtig, dass sich jeder Gedanken darüber macht, was will ich?“, appellierte Koller. „Will ich bei der Nationalmannschaft dabei sein, dann heißt das, ein rotweißrotes Herz mit viel Leidenschaft zu haben.“Noch dazu sei die Kritik am Termin keineswegs nachvollziehbar, seit 2002 standen nach der Saison stets noch Länderspiele an. „Man muss sich mental darauf vorbereiten oder sagen: Ich spiele nicht mehr im Team.“
Bei den Iren stelle Koller aus der Ferne einen gänzlich anderen Spirit fest. Sie hätten verstanden, worum es in diesem Spiel ginge, würden im Vorfeld auch noch weitaus größere Anstrengungen auf sich nehmen. „Die Iren fliegen für ein Testspiel gegen Mexiko nach New York, danach spielen sie noch zuhause gegen Uruguay.“Nachsatz: „Auch sie haben schon viele Spiele in den Beinen.“
Hochzeit statt Länderspiel
Österreich verzichtet auf Testspiele, bevorzugt ein intensives Trainingslager (ab 31. Mai, Stegersbach und Wien). Dieses Vorgehen hatte sich schon einmal bewährt. Im Juni 2015 bereitete sich das ÖFB-Team ähnlich lange auf das Auswärtsspiel gegen Russland vor und zeigte anschließend beim 1:0 in Moskau eine der besten Leistungen der Ära Koller.
Die Personalsituation ist bei beiden Mannschaften angespannt. Während Irland Leistungsträgern wie Seamus Coleman und Shane Long („Er kann einem Schmerzen bereiten“) sowie vermutlich auch James McCarthy vorgeben muss, fehlen auf Seiten der Österreicher Marko Arnautovic, Stefan Ilsanker (beide gesperrt) und Alessandro Schöpf (verletzt). Durch den Rücktritt von Markus Suttner wurde die Linksverteidigerposition erneut vakant, Salzburgs Andreas Ulmer hätte sich wohl durchaus berechtigte Hoffnungen machen können. Der 31-Jährige steht gegen Irland allerdings nicht zur Verfügung, stattdessen wird am Länderspielwochenende geheiratet.
Für Koller eine „nicht nachvollziehbare Entscheidung“, immerhin sei Ulmer in der Vergangenheit regelmäßig auf der Abrufliste gestanden. „Wenn du auf Abruf bist, hast du binnen kürzester Zeit beim Team zu sein, wenn jemand ausfällt. Da kann ich nicht auf Mauritius am Pool liegen.“Ulmer wird unter Koller kein viertes Länderspiel erleben.
Das ist ein öffentlicher Aufruf an die Spieler. Irland wird kein Zuckerschlecken. Marcel Koller ÖFB-Teamchef