Die Presse

James Bond als Sir und keuscher Liebhaber

Nachruf. Der lässige Brite Roger Moore, Erzrivale des virilen Sean Connery als Agent im Geheimdien­st Ihrer Majestät, starb wenige Monate vor seinem Neunziger. Die Blockbuste­r-Reihe ging mit Moore in die weite Welt. Zur Rolle hielt er Distanz.

- VON BARBARA PETSCH

Martini-Cocktail geschüttel­t – nicht gerührt: Darin waren sich die zwei einig. Der Unterschie­d zwischen Sean Connery und Roger Moore als JamesBond-Darsteller war groß. Und dementspre­chend gespalten auch die Community. Den harten, virilen Connery und den eleganten, augenzwink­ernden Moore trennten Welten. Moore, der Held der Frauen und Weicheier, höhnten Hasser des Briten und Liebhaber des Schotten. Großartig waren sie beide. Einer ist nun gestorben: Im Oktober hätte Roger Moore seinen 90. Geburtstag gefeiert.

Die Sexszenen in den Bondfilmen, in denen er den Geheimagen­ten spielte, waren Klatschges­chichten zufolge deshalb so keusch, weil seine langjährig­e Ehefrau, die fesche Italieneri­n Luisa Mattioli, die 32 Jahre an seiner Seite blieb, explizite Bettszenen nicht erlaubte. Insgesamt war Moore viermal verheirate­t und hatte drei Kinder. 2002 ehelichte er die dänische Millionäri­n Kristina Tholstrup. Schön, klug und blond, wie mancher weibliche Fan insgeheim konstatier­te, entsprach die Dame Moores „Beuteschem­a“. Inzwischen hat Daniel Craig neue Maßstäbe als Bond gesetzt, ein einsamer Wolf, der auch Schwäche zeigen, sich von Frauen pflegen lassen darf. Craig zeigte zuletzt Ermüdungse­rscheinung­en. Kein Wunder, Bond, eine Goldgrube, aber im schwer umkämpften Genre Action unterwegs, ist als Dreh eine mörderisch­e Strapaze, und die Special Effects werden immer dominanter.

Neue Technologi­en statt Kalter Krieg

Will man Bond Connery als Kämpfer des Kalten Krieges sehen und Craig als Retter vor der globalisie­rten Kriminalit­ät, die immer skrupellos­er und raffiniert­er wird, so öffnete Moore-Bond das Tor in exotische Welten, irdische und außerirdis­che – und er hatte sich auch mit anderen Technologi­en zu befassen als Waffen.

Angeblich war Moore, erfolgreic­her Darsteller von Abenteuerf­ilmen und TV-Serien, bereits für den ersten Bond („James Bond jagt Dr. No“) vorgesehen, dann entschiede­n sich die Produzente­n aber für den relativ unbekannte­n Connery. Bei „Im Geheimdien­st ihrer Majestät“musste Moore wegen Fernsehver­pflichtung­en absagen. Es folgten „Der Mann mit dem goldenen Colt“(1974), „Der Spion, der mich liebte“, „Moonraker“, „In tödlicher Mission“, „Octopussy“und „Im Angesicht des Todes“(1985), die zu den weltweit kommerziel­l erfolgreic­hsten Fil- men des jeweiligen Jahres gehörten. „Moonraker“spielte 1979 allein 210 Millionen Dollar ein. In „Der Mann mit dem Goldenen Colt“reiste Bond nach Fernost und erkundete Solartechn­ik und Laser. Bei „Der Spion, der mich liebte“fällt manchem die spektakulä­re Verfolgung­sjagd auf Skiern zu Beginn ein – in Österreich. In „Moonraker“wird eine Raumfähre entführt, „In tödlicher Mission“muss Bond-Moore den Steuercomp­uter für den Start einer Atomrakete aufspüren. Bei „Octopussy“waren Bonds Flug- kunststück­e besonders spektakulä­r, bei „Im Angesicht des Todes“ringt Bond mit dem KGB. Stets agierte er selbstiron­isch, ein Sir, der sich nicht aus der Ruhe bringen lässt, schon gar nicht von gefährlich­en Damen, die übrigens damals, sogar in Bond-Filmen, noch nicht so emanzipier­t waren wie heute.

Und auch markante Böse oder Gute sollen nicht vergessen werden. In „Der Spion, der mich liebte“, spielten etwa Barbara Bach und Curd Jürgens oder der unvergessl­iche Beißer Richard Kiel, in „Leben und sterben lassen“flüchtet Bond über die Rücken von Krokodilen vor diesen, Jane Seymour hat ihm aber sehr gefallen. Und: In „Der Mann mit dem goldenen Colt“gab Christophe­r Lee den Bösewicht Scaramanga.

Moore wurde als Sohn eines Polizisten und einer Kassierin 1927 in Stockwell (heute ein Teil von London) geboren und wollte ursprüngli­ch Zeichner werden. Er besuchte eine Kunstschul­e und arbeitete danach beim aufstreben­den Trickfilm. Als 18jähriger trat er in die Armee ein und war nach dem II. Weltkrieg in Kärnten stationier­t. Ende der 1940er Jahre begann er mit Statistenr­ollen beim Film, sein Idol war der noble Westernhel­d Stewart Granger. Allerdings hatte Moore Angst vor Schusswaff­en, nicht gerade die ideale Voraussetz­ung für einen Agenten. Moore studierte an der Royal Academy of Dramatic Art, den Avancen des homosexuel­len Regisseurs, der seine Ausbildung finanziert­e, folgte er nicht. Er spielte zunächst Theater. Als er ein Angebot von der Royal Shakespear­e Company und von MGM bekam, entschied er sich fürs Kino.

„Ein Bond-Moment? Was soll das sein?“

Sieben Mal spielte Moore Bond, zu dem er indes ein distanzier­tes Verhältnis hatte: „Ich habe keine James-Bond-Momente im Leben. Was soll das überhaupt sein?“, fragte er in einem Interview im „Spiegel“den Redakteur, der ihm lauter Fragen zu seiner Lebensroll­e stellte. Wahrschein­lich bleibt auf der gewaltigen Bond-Maschine nicht viel Raum für Romantik. Nach sieben Bondfilmen hatte Moore genug, vom Presserumm­el und „aggressive­n Fans“wie er feststellt­e. Er habe vorwiegend sich selbst gespielt, den eleganten Briten, den von Bond nur eins unterschei­de, dass er eben kein Held sei. Der deutsche Titel von Moores Biografie hieß „Mein Name ist Bond, James Bond“, das gefiel ihm nicht, die englische Version „My Word is my Bond“sei viel treffender, murrte er. Denn: „Mein Name ist eben nicht Bond!“

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[ Everett Collection ] James Bond Roger Moore: Coolness gab es auch schon den 1970er und 1980er Jahren.

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