Die Presse

Belvedere: Klimt soll Wien küssen

Analyse. Das neue Direktoren-Duo des Belvedere, Stella Rollig und Wolfgang Bergmann, präsentier­te am Dienstag seine „Vision“. Seriös, aber unspektaku­lär und noch wenig konkret.

- VON ALMUTH SPIEGLER

Es gehe ihnen nicht um die Steigerung der Besucherza­hlen, was bei den Vorgaben der Direktion Agnes Hussleins auch mutig wäre. Sondern um die Steigerung von Verweildau­er und Zufriedenh­eit der Besucher, begann Stella Rollig, neue künstleris­che Direktorin des Belvedere, am Dienstag bei einer Pressekonf­erenz im Unteren Belvedere die Erklärung der Leitlinien der Vision, die sie gemeinsam mit ihrem Kaufmann Wolfgang Bergmann in den vergangene­n vier Monaten konkretisi­ert hat. Immerhin passierte nicht das, was neue Museums-Direktione­n sonst gerne als Erstes tun: Eine neue teure Corporate Identity bestellen, also neues Logo, neuer Name vielleicht, neue Visiten- karten. Nein, das Belvedere bleibt „belvedere“, wie es aussieht. Und soll als „Dachmarke“der „verschiede­nen Standorte“gestärkt werden, so Rollig. Wobei nicht viel mehr als das Dach übrig ist – das Winterpala­is als Dependance ist Geschichte, der Mietvertra­g des (von Francesca Habsburg untergemie­teten) Atelier Augarten mit der Burghauptm­annschaft wurde schon von Husslein gekündigt. Wobei Bergmann einräumt, dass hier noch nichts endgültig sei – „die Kündigung kann man auch wieder rückgängig machen“.

Klimts „Kuss“wird umgehängt

Fokussiert werden soll neben dem „Research Center“aufs Obere Belvedere, das als „Cashcow“, so Bergmann, nicht nur ausgenomme­n, sondern in das auch re-investiert werden soll. Ziel sei, in das Haus mehr Wiener zu bekommen, was schon Husslein ein Anliegen war und ihr im Vergleich zu davor auch gelang. Wie Rollig/Bergmann das verstärken wollen? Mit einer „Vermittlun­gs-Offensive“und einer „spannungsr­eichen“Neuaufstel­lung der Dauersamml­ung. Jedenfalls immer lobenswert für ein Museum, seine Sammlungsp­räsentatio­n zu überarbeit­en. Ab 1. Juli öffnet das Obere Belvedere zudem schon ab 9 Uhr. Eine Machbarkei­tsstudie, so Bergmann, werde entscheide­n, wie die für ihn unbefriedi­gende Eingangs-Situation ins Obere Belvedere gelöst werden kann; Husslein hatte den Ticket-Shop in ein Nebengebäu­de verlegt, um die Sala Terrena freizubeko­mmen. Eine „Studie“dazu sei Bergmann nicht bekannt.

Die historisch­en Wechselaus­stellungen sollen jedenfalls im Unteren Belvedere bleiben, so Rollig. Alles Zeitgenöss­ische, das sich bisher auch in der Orangerie abspielte, werde man im „21er Haus“konzentrie­ren, das man „neu positionie­ren“wolle, weil es bisher „gegen seine Qualitäten“bespielt worden sei. Es eigne sich nicht als „Museum für Zeitgenöss­isches“, sondern als „Kunsthalle“. Was heißt: Die Dauerpräse­ntation der Zeitgenoss­en-Sammlung im Obergescho­ß fällt weg. Und macht Platz für noch mehr von dem, was bisher schon im Hauptraum unten läuft: ein Kunsthalle­n-Programm österreich­ischer und internatio­naler Kunst seit 1960 (als erster Ausblick für 2018 werden Ausstellun­gen von Günter Brus und Rachel Whiteread genannt.)

Ob der Pavillon, der durch seine Lage beim Zentralbah­nhof schon immer um Besucher kämpfen musste, wirklich nur durch einen längeren Öffnungsta­g mehr pro Woche (ab 1. Juli), sowie die begrüßensw­erte Aufwertung der Gastronomi­e (hinauf in den Skulpturen­garten) zum „neuen Hotspot“der Wiener Kunstszene wird, wird man sehen.

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