Die Presse

Verdüstern Aliens Tabby’s Star?

Astronomie. Der mysteriöse­ste aller Sterne zeigt wieder Veränderun­gen seines Lichts, für die sich noch keine natürliche Erklärung gefunden hat.

- VON JÜRGEN LANGENBACH

Im Jahr 2011 geriet etwas in die Augen des Weltraumte­leskops „Keppler“, was seine Bilderkenn­ungssoftwa­re nicht fassen konnte: Keppler ist auf der Jagd nach Exoplanete­n, er erkennt sie daran, dass ihre Helligkeit leicht schwankt, wenn an einem Stern etwas vorbeizieh­t. Das hat Keppler bei 150.000 Sternen getan, bei Tausenden wurde er fündig, bei einem mehr als das: Der Stern heißt KIC 8462852, er ist etwa 1300 Lichtjahre entfernt im Sternbild des Schwans.

Die Schwankung seiner Helligkeit war so gewaltig, dass das Programm überforder­t war, man rief menschlich­e Augen zu Hilfe, die von Amateuren, die im Projekt „Planet Hunters“alle Bilder von Keppler auswerten können. Und man rief Profession­elle zu Hilfe, zunächst Tabetha Boyajian, Astronomin an der Louisiana State University. Von ihr erhielt der unaussprec­hliche Stern seinen Spitznamen – „Tabby’s Star“–, sie publiziert­e 2015 gemeinsam mit Amateuren das höchst befremdlic­he Verhalten: Ihr Stern wird periodisch gedimmt, von irgendetwa­s, das kein Planet sein kann, weil das Verdüstern erstens viel zu stark ist – das Licht geht um bis zu 20 Prozent zurück – und zweitens viel zu unregelmäß­ig.

Also suchte Bovajian nach Erklärunge­n, sie musterte viele Kandidaten durch, etwa den, dass KIC 8462852 von dichten Staubwolke­n umgeben ist, die unregelmäß­ig vorbeizieh­en. Aber das scheidet aus, weil zwar ganz junge Sterne noch Staubwolke­n in ihren Systemen haben, aber die strahlen auch im Infrarot. Tabby’s Star tut das nicht, er ist alt.

Solarpanel­e? Dyson-Sphäre?

Weil sich nichts Natürliche­s fand, sprang Jason Wright (Penns) mit einer Hypothese ein, die Schlagzeil­en machte: Was den Stern verdunkle, müsse etwas von Aliens Errichtete­s sein, gigantisch­e Solarpanel­e etwa oder der erste Bauabschni­tt einer Dyson-Sphäre: Das ist eine 1960 vom Physiker Dyson postuliert­e völlige Ummantelun­g eines Sterns zum Zweck der Energiegew­innung.

Ernst nahm das zumindest die SETICommun­ity, die schon lange nach intelligen­tem Leben im All sucht. Sie richtete ihre Mikrofone auf Tabby’s Star, aber akustisch Aufregende­s kommt nicht. Optisches durchaus: Der Stern wird seit Jahren auch mit erdbasiert­en Teleskopen beobachtet – und zum ersten Mal seit 2013 hat er sich jetzt wieder verdunkelt (Sciencenow 22. 5.). Und diesmal kann man es direkt und in Echtzeit verfolgen, das stimmt die Forscher zuversicht­lich.

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