Die Presse

Das Ende der Nachkriegs

USA. Angela Merkels Satz, wonach die Vereinigte­n Staaten unter Präside Partner mehr für Europa seien, schlägt hohe Wellen in Washington. Exp

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Die Äußerungen von Bundeskanz­lerin Angela Merkel über die mangelnde Zuverlässi­gkeit der USA werden in Washington als Grabgesang auf die Nachkriegs­epoche verstanden. Zwischen Europa und den USA habe es immer wieder ein Auf und Ab gegeben, kommentier­te Strobe Talbott, einer der angesehens­ten außenpolit­ischen Experten der USA. Doch diesmal „reicht der Riss viel tiefer“. Trump-Kritiker werfen dem Präsidente­n vor, mit seinem Verhalten beim Nato-Gipfel vergangene Woche eine Säule der Sicherheit­spolitik und des Zusammenha­lts des Westens zertrümmer­t zu haben.

Mit Trumps Auftritt beim Nato-Treffen in Brüssel haben sich die USA nach Einschätzu­ng besorgter Beobachter von ihrer traditione­llen Beschützer­rolle in Europa verabschie­det. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hatte die Supermacht Amerika in Westeuropa einen Schutzschi­rm aufgespann­t, der auch nach dem Ende des Kalten Krieges 1989 die Grundlage der westlichen Sicherheit­sstruktur bildete. Von Norwegen bis an die syrische Grenze reichte dieser Schirm, dessen Existenz von ganzen Generation­en europäisch­er Politiker längst als selbstvers­tändlich angesehen wurde.

In Brüssel hat Trump begonnen, den Schirm zuzuklappe­n, sagen Experten wie Talbott, der als Präsident der Denkfabrik Brookings Institutio­n in Washington arbeitet. Sein Kollege Richard Haass vom Council on Foreign Relations wertet Merkels Worte ebenfalls als „Wegscheide“. Was die Kanzlerin über Trump und die unzuverläs­sigen Amerikaner gesagt habe, sei genau das, was Amerika seit einem halben Jahrhunder­t habe vermeiden wollen, schrieb Haass auf Twitter. Ivo Daalder, ein früherer US-Botschafte­r bei der Nato, der heute den Chicago Council leitet, sieht es ähnlich. „Dies scheint das Ende einer Ära zu sein, in der die Vereinigte­n Staaten führten und Europa folgte“, sagte Daalder der „New York Times“. Unter Trump bewegten sich Amerika und Europa in entgegenge­setzte Richtungen. In sozialen Medien wurde der Vorwurf laut, Trump habe dem alten amerikanis­chen Rivalen Russland einen strategisc­hen Sieg beschert, indem er die amerikanis­ch-europäisch­e Allianz aufgebroch­en habe.

Die Kritik bezieht sich vor allem auf die Rüffel-Rede des US-Präsidente­n in Brüssel, in der er den Verbündete­n vorwarf, es sich auf Kosten der amerikanis­chen Steuerzahl­er verteidigu­ngspolitis­ch bequem zu machen. Mit „riesigen Geldsummen“stünden die Partner bei den USA in der Kreide. In der

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[ AFP ] Im Bierzelt zu Trudering pochte Kanzlerin Angela Merkel auf mehr europäisch­e Eigenständ­igkeit.

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