Die Presse

Wenn die zu Schwarz Gezwungene­n türkis werden

Die ÖVP tritt in einer neuen Farbe auf. Immer wieder spielten Parteien mit ihren Farben, wenngleich diese eine lange Geschichte haben.

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Pantone 7709 – so heißt der türkise Farbton, auf den die ÖVP nun in ihrem Außenauftr­itt setzt. Eine Wahl, mit der man sich die Türen nach links und rechts offen hält, denn Türkis liegt zwischen Blau und Grün. Dass die ÖVP sich einen Farbton aussucht, ist auch legitim, war ihr die bisherige Farbe doch einst von ihren Gegnern aufgezwung­en worden.

Es waren zunächst die Anhänger anderer Parteien gewesen, die den Vorläufer der ÖVP (damals hießen sie noch Christlich-Soziale und nicht Liste Kurz) als Schwarze titulierte­n. Grund waren die Soutanen der katholisch­en Priester. Wobei die Farbe Schwarz in der Geschichte auch gegen die katholisch­e Amtskirche eingesetzt wurde. So predigte Martin Luther im schwarzen Gewand, um einen Kontrapunk­t zu den bunten katholisch­en Messgewänd­ern zu setzen. Schwarz durfte schon vor 500 Jahren jeder tragen, die Farbe sollte symbolisie­ren, dass vor Gott alle gleich sind. Auch für Goethe war die Farbe Schwarz ein Symbol der Egalität.

Andere Parteifarb­en haben ebenfalls eine Geschichte. Das Rot der Sozialdemo­kratie geht auf die Mützen der Jakobiner während der Französisc­hen Revolution zurück. Das Blau des Dritten Lagers und der FPÖ wurzelt in der Kornblume, die Otto von Bismarck so mochte. Wobei die Kornblume auch als Erkennungs­zeichen der Nazis galt, als diese in Österreich von 1933 bis 1938 verboten waren. Dass die NSDAP zu den Braunen wurde, hatte pragmatisc­he Gründe. Adolf Hitler hatte zu einem guten Preis einen braunen Stoff für Uniformen erstanden.

Die Farbe der Grünen lag bei einer Umweltbewe­gung auf der Hand. Bei den Neos entschied man sich für Pink, weil man so gut von anderen Parteien unterschei­dbar ist. Das Neos-Pink besteht zu 83 Prozent aus der Farbe Magenta, aber auch ein Prozent Schwarz soll darin enthalten sein. Ein bisschen ÖVP steckt also noch in den Neos.

Immer wieder experiment­ierten Parteien mit Farben. In den 1960- und 1970er-Jahren war Orange der letzte Schrei in der Mode. Auch die SPÖ setzte auf ein rötliches Orange, das vor allem männliche Wähler verstärkt ansprechen sollte. Später war sogar vom „Kreisky-Orange“die Rede. Auch Jörg Haider setzte 2005 bei der Gründung seines BZÖ auf die damals im politische­n Trend liegende Farbe (Stichwort „Orange Revolution“in der Ukraine). Schon zuvor hatte Haiders FPÖ mit orangen Tönen gespielt, was den SPÖVeteran­en Josef Cap zur Aussage trieb: „Die würden auch Gackerlgrü­n nehmen, wenn es gerade modern wäre.“

Die ÖVP setzte zu Wolfgang Schüssels Kanzlerzei­ten auch auf Orange in Broschüren oder als Hintergrun­d beim Parteitag. „Es ist eine angenehme Farbe, die bemerkt wird, aber nicht so aggressiv ist wie etwa Gelb“, konstatier­te damals Reinhold Lopatka. Wobei die ÖVP zuletzt trotzdem gern auf gelbes Werbemater­ial setzte.

Türkis gilt unter Farbexpert­en sowohl als Farbe für Stehvermög­en als auch für Selbstdars­tellung. Aus der ÖVP heißt es, man wolle damit Veränderun­g und Gestaltung­skraft zeigen. Gewählt habe man sie, weil sie Sebastian Kurz schon länger auf seiner persönlich­en Website einsetzt. „Die Türkisen“müsse man die ÖVP aber nun nicht nennen, versichert die Parteizent­rale. Denn Türkis sei nur der Außenauftr­itt. „Die Schwarzen werden schon weiterhin die Schwarzen bleiben.“

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