Die Presse

Der Sandplatzk­önig, zurück auf seinem Thron

Tennis. Rafael Nadal beherrscht seine Gegner auf Sand wieder wie in seinen besten Tagen. Der Körper des Spaniers ist nach langwierig­en Problemen wieder sein Kapital, den Spielstil hat er adaptiert. Das erklärte Ziel: French-Open-Titel Nummer zehn.

- Aus Paris berichtet CHRISTOPH GASTINGER

Paris, 6. Juni 2005. Die Tenniswelt erlebt bei den French Open, dem wichtigste­n Sandplatzt­urnier des Jahres, ein sportliche­s Erdbeben. Anders ist es nicht zu erklären, dass ein zwei Tage zuvor 19 Jahre alt gewordener Spanier namens Rafael Nadal die Siegertrop­häe stemmt. Er versetzt Fans, Gegner und Medien ins Staunen, denn der Teenager wirkt auf dem Tennisplat­z wie eine Naturgewal­t. Nie zuvor hat ein Spieler den Ball mit derart viel Kraft geschlagen, seine Schläge mit so viel Topspin, also Rotation, versehen. Von einem Wunderkind ist die Rede, der künftigen Nummer eins.

Sämtliche Prophezeiu­ngen sollten eintreten, der Mallorquin­er brach reihenweis­e Rekorde, speziell auf Sand. Dabei spielte Rafael Nadal nicht nur Tennis, er kämpfte es, zermürbte seine Konkurrent­en auf der roten Asche regelrecht.

Von April 2005 bis Mai 2007 gewann er auf seinem Lieblingsb­elag 81 Spiele in Folge – erst im Finale von Hamburg riss die Erfolgsser­ie gegen Roger Federer. Diese Niederlage ist eine von bislang nur 35 Sandplatzn­iederlagen auf der Tour – die Erfolge überwiegen, es sind bis dato 365. Noch eindrucksv­oller liest sich die Bilanz bei den French Open mit 72:2 Siegen. Im Stade Roland Garros musste sich Nadal bei zwölf Teilnahmen bislang einzig Robin Söderling (2009) und Novak Djokovic´ (2015) beugen, 2016 zertrümmer­te eine Handgelenk­sverletzun­g die Ambitionen vom zehnten Triumph am Bois de Boulogne.

Dieser Tage nimmt Nadal abermals Anlauf zu „La Decima“, also Titel Nummer zehn. Turniersie­ge in Monte Carlo, Barcelona und Madrid machen den Linkshände­r unausweich­lich zum Topfavorit­en, nur ein einziges Mal (Bilanz 17:1) verließ er Europas Sandplätze heuer gesenkten Hauptes: Im Rom-Viertelfin­ale erwies sich der groß aufspielen­de Dominic Thiem als unüberwind­bare Hürde, nachdem Nadal den sieben Jahre jüngeren Österreich­er zuvor in zwei Finals bezwungen hatte. Dass Nadal aber nochmals zu dieser Dominanz finden, den Nimbus der Unbesiegba­rkeit zurückgewi­nnen konnte, daran hatte eigentlich kaum noch jemand geglaubt.

Abgeschrie­ben

Nach seinem bislang letzten ParisCoup 2014 verlor Nadal rasant an Strahlkraf­t. Immer öfters streikte der Körper, das linke Handgelenk bereitete zusehends Sorgen. Der Spanier lebt wie kein zweiter Profi von seiner Physis, und weil das Vertrauen in diese fortan fehlte, Nadal oftmals nur unter Schmerzen trainieren konnte, litt folglich die Form. Auch das Spiel des 14-fachen Grand-Slam-Siegers wirkte plötzlich überholt, nicht mehr zeitgemäß. Speziell gegen seinen über Jahre härtesten Widersache­r, Novak Djokovic,´ wurde ein Stillstand augenschei­nlich. Der Serbe hatte Nadal in den direkten Duellen über zwei Jahre dominiert, in sieben Matches keinen einzigen Satz verloren.

Als der Iberer die Vorsaison aufgrund der anhaltende­n Handgelenk­sprobleme frühzeitig beendete und das Jahr nur auf Rang neun abschloss, zweifelten nicht wenige an der Rückkehr des Matadors. Doch er fand während seiner Absenz zurück zu alter körperlich­er Stärke, adaptierte sein Spiel, das er nun bedeutend offensiver interpreti­ert, phasenweis­e auch am Netz forciert.

Speziell der jüngste Sieg gegen Djokovic´ in Madrid dürfte mental Großes bewirkt haben. „Ich bin einfach dankbar, dass ich wieder dieses gute Tennis spielen kann – ohne gesundheit­liche Probleme, ohne Zweifel und Sorgen“, erklärte Nadal in Paris. Seine Titelmissi­on startete der 30-Jährige jedenfalls eindrucksv­oll. Den Franzosen Benoˆıt Paire besiegte er 6:1, 6:4, 6:1.

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[ Reuters ] Rafael Nadal: in alter Stärke zurück auf seinem liebsten Sandplatz.

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