Die Presse

Warum Hartz IV keine wirkliche Alternativ­e ist

Das Mindestsic­herungssys­tem leidet immer mehr an Überdehnun­g.

- Josef.urschitz@diepresse.com

D ie aufgeregte Diskussion um die Hartz-IVStudie des Finanzmini­steriums entbehrt nicht eines gewissen Unterhaltu­ngswerts. Interessan­t ist beispielsw­eise zu sehen, wie sehr SPÖPolitik­er bestrebt sind, die vom Sozialdemo­kraten (und IG-Metall-Mitglied) Peter Hartz erfundene, vom sozialdemo­kratischen deutschen Bundeskanz­ler Gerhard Schröder eingeführt­e und von der aktuellen deutschen Arbeitsmin­isterin, Andrea Nahles (SPD), immer noch vehement verteidigt­e deutsche Form der bedarfsori­entierten Mindestsic­herung als neoliberal­es Teufelszeu­g hinzustell­en.

Aber das müssen die Sozialdemo­kraten untereinan­der ausmachen. Die Frage, die wir uns stellen, lautet: Ergäbe eine Eins-zu-einsÜbertr­agung von Hartz IV auf Österreich, wie sie der Finanzmini­ster offenbar untersuche­n ließ, Sinn? Und die Antwort lautet: Nein.

Ganz einfach deshalb, weil sich die Welt seit Schröder weitergedr­eht hat und die Probleme bei der Mindestsic­herung jetzt ganz woanders liegen. Natürlich: Hartz IV würde, vor allem auf Kosten der Notstandsh­ilfebezieh­er, Einsparung­en bringen. Aber das Hauptprobl­em des Mindestsic­herungssys­tems liegt aktuell nicht in finanztech­nischen Details, sondern in dessen Überdehnun­g.

Es liegt erstens darin, dass es eine sehr große Zuwanderun­g direkt in dieses System gibt und die Zahl der Anspruchsb­erechtigte­n vor allem in Wien in atemberaub­endem Tempo steigt.

Und zweitens darin, dass es (zumindest in den Bundesländ­ern ohne Deckelung) speziell für schlecht Qualifizie­rte keinerlei Anreize bietet, in einen Erwerbsjob zu wechseln. Wenn die Mindestsic­herung in Extremfäll­en höher ist, als man im Arbeitsleb­en verdienen kann, dann führt sich das System ad absurdum. D as lässt sich durch Einschnitt­e bei der Notstandsh­ilfe nicht kompensier­en. Da braucht man eine aktive Arbeitsmar­ktpolitik und einen strikten Stopp der Zuwanderun­g von schlecht bis gar nicht Qualifizie­rten. Letzteres klingt nicht schön, aber das System auf die Laisser-faire-Methode zusammenkr­achen zu lassen hätte noch viel unschönere Auswirkung­en.

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