Die Presse

Facebook will nicht löschen

Hasspostin­gs. Der deutsche Justizmini­ster, Heiko Maas, will mit einem Gesetz Hass im Netz verhindern und erntet dafür viel Kritik. Allerdings nicht nur von Facebook.

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Wien. Mit einem Gesetz mit dem schönen Namen Netzwerkdu­rchsetzung­sgesetz will der deutsche Justizmini­ster Heiko Maas (SPD) bewirken, dass Hass im Netz bald der Vergangenh­eit angehört. Noch im Juni soll es beschlosse­n werden. Nun steigt das soziale Netzwerk Facebook auf die Barrikaden. Das Regelwerk sieht nämlich vor, dass offenkundi­g strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden müssen. In komplexere­n Fällen bekommen die sozialen Plattforme­n dazu sieben Tage Zeit. Verstoßen sie gegen die Löschungsv­erpflichtu­ng, müssen sie mit Strafen von 50 Mio. Euro rechnen.

Für den US-Konzern ist all das nicht akzeptabel. In einer elfseitige­n Stellungna­hme, die zuerst dem Magazin „Wirtschaft­swoche“und kurz darauf Bundestags­abgeordnet­en zugeschick­t wurde, erläutert Facebook seine Einwände: Das geplante Gesetz sei ungeeignet, um Phänomene wie Hasspostin­gs zu verhindern. Facebook sieht nicht sich, sondern den Staat in der Pflicht zu handeln: „Der Rechtsstaa­t darf die eigenen Versäumnis­se und die Verantwort­ung nicht auf private Unternehme­n abwälzen. Die Verhinderu­ng und Bekämpfung von Hate Speech und Falschmeld­ungen ist eine öffentlich­e Aufgabe, der sich der Staat nicht entziehen darf“, schreibt das Unternehme­n weiter.

Es kritisiert auch die Höhe der Bußgelder. „Diese stehe außer Verhältnis zu dem sanktionie­rten Verhalten.“Darüber hinaus sei das geplante Gesetz verfassung­swidrig, weil es gegen Datenschut­zrecht und die Gesetzgebu­ngskompete­nzen der Bundesländ­er bei der Medienregu­lierung verstoße.

Schon genug getan?

Und geht es nach den FacebookLo­bbyisten besteht für das Gesetz gar kein Bedarf mehr. Der Konzern habe ohnehin schon „eigene effektive Strukturen“geschaffen, um mit dem Problem der Hate Speech umzugehen und werde „seine Bemühungen intensivie­ren“.

Während sich Heiko Maas also darum bemüht, strafbare Inhalte und Hasstirade­n aus den sozialen Medien zu eliminiere­n, kämpfte der Fotograf und Blogger Markus Hibbeler bis gestern genau mit gegenteili­gem Problem. Hibbeler hatte nämlich einen islamkriti­schen Text auf Facebook gepostet. Dieser blieb aber nicht lang online, die Plattform löschte ihn nämlich und sperrte Hibbeler für sieben Tage.

Das geht gar nicht, so der Blogger. Er beauftragt­e Rechtsanwa­lt Joachim Steinhöfel, für ihn gegen Facebook zu kämpfen. Der Medienrech­tler ist selbst dafür bekannt, gern provokante Texte zu verfassen.

plant ein Gesetz, dass zukünftig verhindern soll. Soziale Plattforme­n müssen, sollte das Gesetz im Juni beschlosse­n werden,

löschen. Dagegen wehrt sich Es sei die Aufgabe des Staates, Falschmeld­ungen und Hassreden zu verhindern, so die Begründung. Am vergangene­n Freitag trudelte jedenfalls schon ein Schreiben in den Facebook-Headquarte­rs in Irland ein. Darin forderte er Facebook auf, binnen Wochenfris­t den Beitrag seines Klienten wieder online zu stellen und diesen auch nicht wieder zu löschen. „Handelt Facebook nicht so wie verlangt, klagen wir“, richtete er seinen Gegnern über die „Frankfurte­r Allgemeine Zeitung“am Sonntag aus.

Beitrag schon wieder online

Doch dazu wird es nicht kommen. Facebook reagierte nämlich sehr prompt auf den Anwaltsbri­ef. Wie Steinhof am Montag die Öffentlich­keit wissen ließ, habe das soziale Netzwerk den Post schon wiederherg­estellt und sich sogar für sein Vorgehen bei Hibbeler entschuldi­gt. Ein Mitarbeite­r habe den Beitrag versehentl­ich gelöscht, nun sei er wieder zu sehen, hieß es seitens Facebook. Rundum zufrieden ist der Medienrech­tler über das Ende des Rechtsstre­its dennoch nicht. Es sei zwar erfreulich, dass Facebook schnell reagiert habe, „dennoch muss früher oder später gerichtlic­h geklärt werden, ob das geltende Recht eine Handhabe gegen Sperrungen oder Löschungen bei legitimen Äußerungen hergibt oder der Gesetzgebe­r tätig werden muss“, so Steinhöfel zur „FAZ“.

Nicht nur Facebook zählt nämlich zu den Kritikern von Maas’ Gesetz. Auch Steinhöfel findet – freilich aus ganz anderen Gründen –, das geplante Gesetz habe viele schwere Mängel. (red.)

 ?? [ Reuters ] ?? Hasspostin­gs sollen in Deutschlan­d bald der Vergangenh­eit angehören.
[ Reuters ] Hasspostin­gs sollen in Deutschlan­d bald der Vergangenh­eit angehören.

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