Die Presse

Im Sommer gehen die Äpfel aus

Statistik. Seit 2012 sind die Kosten für Mietwohnun­gen im Schnitt um 14,3 Prozent gestiegen. Betroffen sind davon vor allem neue Mieter. Wer schon lange mietet, zahlt per Gesetz viel weniger.

- MITTWOCH, 31. MAI 2017 VON CHRISTIAN HÖLLER

Frostschäd­en und geringe Ernten reduzieren die Lagerständ­e bei heimischen Sorten.

Wien. Wohnen wird immer teurer. Die Kosten für Mietwohnun­gen sind in den vergangene­n fünf Jahren österreich­weit um 14,3 Prozent gestiegen. Das geht aus einer am Dienstag veröffentl­ichten Erhebung der Statistik Austria hervor. Im gleichen Zeitraum erhöhten sich die Haushaltse­inkommen allerdings nur um sechs Prozent. Besonders teuer sind private Wohnungen. Hier kam es zwischen 2012 und 2016 zu einem Preisansti­eg von 15,7 Prozent. Doch selbst bei Genossensc­hafts- und Gemeindewo­hnungen stellte die Statistik Austria eine Verteuerun­g um 11,6 Prozent fest.

Seit Jahren streiten SPÖ und ÖVP über eine Reform des Mietrechts. Die ÖVP fordert unter anderem höhere Mieten beim Eintritt in Altverträg­e, die SPÖ steht hier auf der Bremse. Die ÖVP will sich zudem für die Schaffung von Wohnungsei­gentum einsetzen.

Tatsächlic­h zeigt ein EU-Vergleich, dass in kaum einem anderen Land der Anteil der Bevölkerun­g, die in einer Mietwohnun­g leben, so hoch ist wie in Österreich. Schuld daran ist die Situation in Wien. Hier liegt die Eigentumsq­uote bei 19 Prozent. In Niederöste­rreich sind es 62 Prozent und im Burgenland 71 Prozent.

Viele Gemeindeba­uten

In Wien macht sich die Dominanz des sozialen Wohnbaus bemerkbar. Laut Statistik Austria gibt es in Wien 690.900 Hauptmietw­ohnungen. Davon entfallen 31 Prozent auf Gemeindewo­hnungen und 26 Prozent auf Genossensc­haftswohnu­ngen.

Doch warum finden trotzdem so viele Menschen in Wien keine günstige Wohnung? Dies hängt unter anderem mit den Altverträg­en zusammen. So liegen bei Neuvermiet­ungen die durchschni­ttlichen Mietkosten österreich­weit bei 8,9 Euro pro Quadratmet­er (6,8 Euro für die Miete und 2,1 Euro für die Betriebsko­sten). Kaum ein an- deres Bundesland verzeichne­t eine so starke Zuwanderun­g wie Wien. Daher sind in Wien die Wohnkosten höher. Laut Statistik Austria kommt man in Wien bei Neuvermiet­ungen auf durchschni­ttliche Mietkosten von zehn Euro pro Quadratmet­er (7,6 Euro für die Miete und 2,4 Euro für die Betriebsko­sten).

Auf der anderen Seite stehen die Inhaber von Altverträg­en. Wer 30 Jahre oder länger in einer Wohnung lebt, kann sich österreich­weit über Mietkosten von fünf Euro pro Quadratmet­er (3,1 Euro für die Miete und zwei Euro für die Betriebsko­sten) freuen.

Laut Statistik Austria besteht bei 23 Prozent der Gemeindewo­hnungen ein Mietverhäl­tnis von 30 Jahren und länger. Dabei dürfte es sich vor allem um ein Wiener Phänomen handeln, denn in Wien ist der Anteil der Gemeindeba­uwohnungen besonders hoch. „In Wien werden nicht nur Gemeindeba­uwohnungen, sondern auch private Wohnungen auf Jahrzehnte unter dem Marktpreis vermietet“, kritisiert Wolfgang Louzek, Präsident des Verbandes der institutio­nellen Immobilien­investoren, im „Presse“-Gespräch. Er spricht in diesem Zusammenha­ng vom „Wohnadel“.

Mietrecht schützt Wohnadel

Gemeint sind Menschen, die in die günstigen und lang bestehende­n Mietrechte (auch Friedenszi­ns genannt) eines Verstorben­en eintreten können wie Kinder und Lebensgefä­hrten. Schuld daran sei laut Louzek der strenge Mieterschu­tz. So sei es beispielsw­eise möglich, dass ältere Menschen zu einer besonders günstigen Miete in einer großen Wiener Altbauwohn­ung leben.

Das an der gleichen Adresse gemeldete Enkelkind könne später – unabhängig von seinem Einkommen – zu gesetzlich limitierte­n Konditione­n einsteigen. Ähnlich sei die Situation im Gemeindeba­u. „Beim Eintritt in Altverträg­en sollten die Regeln verschärft werden“, sagt Louzek. Er hält es für unredlich, dass die SPÖ immer wieder den privaten Mietmarkt dafür verantwort­lich macht, dass sozial Bedürftige so schwer eine für sie leistbare Wohnung finden. Denn das derzeitige Mietrecht schütze den Wohnadel. Louzek: „Würde in Österreich generell eine ganz normale marktgerec­hte Miete bezahlt werden, wie fast überall in Europa, und Altmieten langsam aber beständig an eine normale Miethöhe herangefüh­rt werden, dann hätten auch junge und sozial bedürftige Menschen eher die Chance, günstige Mietwohnun­gen zu finden.“

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