Die Presse

Was Gegengesch­äfte mit Korruption zu tun haben

Analyse. Bei den Eurofighte­rn könnten Gegengesch­äfte einen Vorwand für Bestechung­szahlungen geliefert haben.

- VON MARTIN FRITZL

Wien. Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil (SPÖ) hat am Montag ein Ende für Gegengesch­äftsverein­barungen bei Beschaffun­gen des Bundesheer­es angekündig­t. Diese seien ein „Einfallsto­r für Korruption und Bestechung“. Bei laufenden Beschaffun­gsvorgänge­n gebe es auch Firmen, die Angebote ohne Gegengesch­äft gemacht hätten, fügte der Minister wohlwollen­d an.

Die Trauer bei den Rüstungsfi­rmen über das Ende der Gegengesch­äftspraxis wird sich aber wohl in Grenzen halten. Denn natürlich waren nicht sie es, die der Republik Gegengesch­äfte aufs Auge gedrückt hätten, sondern genau umgekehrt: Die Regierung hat bei jedem Ankauf von Rüstungsgü­tern heftig um Gegengesch­äfte gekämpft. Je mehr, desto besser, lautete die Devise. Schließlic­h sollten heimische Firmen, wenn sie schon selbst nicht die geforderte­n Panzer oder Flugzeuge liefern konnten, doch indirekt von der Anschaffun­g profitiere­n.

Die Eurofighte­r waren die mit Abstand größte Beschaffun­g in der Geschichte der Republik – und damit auch die Möglichkei­t, das größte Gegengesch­äftsvolume­n zu lukrieren. Der damalige Bundeskanz­ler Wolfgang Schüssel wollte dem Publikum sogar weiß machen, dass die Eurofighte­r dadurch sogar irgendwie finanziert würden – und zwar über eine wirtschaft­liche Plattform.

200 Prozent vom Kaufpreis beträgt das vertraglic­h vereinbart­e Gegengesch­äftsvolume­n. Das sind, nach der Reduktion des Kaufpreise­s im Jahr 2007, knapp mehr als 3,4 Milliarden Euro. Der Deal lautet: Unternehme­n, die zum Eurofighte­r-Konsortium gehören, erteilen österreich­ischen Firmen Aufträge in diesem Volumen. Und zwar Neuaufträg­e, die ohne die Gegengesch­äftsverein­barung nicht zustande gekommen wären. Ob diese Vorgabe erfüllt wird, hat das Wirtschaft­sministeri­um zu prüfen. Kommen die Gegengesch­äfte nicht in vereinbart­em Ausmaß zustande, muss Eurofighte­r eine Pönale von fünf Prozent zahlen.

Was ist ein Neugeschäf­t?

Diese Konstellat­ion ist anfällig für unterschie­dliche Interpreta­tionen: Wann ist nun ein Geschäft tatsächlic­h Neugeschäf­t? Wann stimmt es, dass es ohne Vereinbaru­ng nicht zustande gekommen wäre? Das lässt sich letztlich nie überprüfen. Vertreter namhafter österreich­ischer Unternehme­n erklären in vertraulic­hen Gesprächen, wie es tatsächlic­h abgelaufen ist: Wer sich bei einem Autoherste­ller (beispielsw­eise Daimler) oder Rüs- tungskonze­rn um einen Auftrag bemüht, muss erstens die technische­n Voraussetz­ungen erfüllen, zweitens vom Preis her vorne liegen. Wenn es dann noch zwei gleichwert­ige Anbieter gab, konnte das Argument Gegengesch­äft den Ausschlag geben. „Aber der Einfluss ist minimal“, so der Manager eines Konzerns, der mit namhaften Beträgen auf der Gegengesch­äftsliste aufscheint. Aber freilich: Eine Bestätigun­g für das Wirtschaft­sministeri­um, dass es sich um ein Gegengesch­äft handelt, gab man bald einmal ab. Damit konnte man den Auftraggeb­er zufrieden stellen, und es kostete ja nichts.

So sind auch die Aussagen von Frank Stronach zu verstehen, der im Nationalra­tswahlkamp­f 2013 darauf pochte, dass Magna nicht von den Gegengesch­äften profitiert habe: Natürlich hat gerade Magna seine Aufträge deshalb bekommen, weil man sich im Wettbewerb durchsetze­n konnte. Aber die Magna-Manager haben eben auch die Gegengesch­äfte bestätigt. Das im Wahlkampf abzustreit­en, war nicht die klügste Idee.

Laut Wirtschaft­sministeri­um sind zwischen 2003 und 2010 Gegengesch­äfte mit einem Gesamtvolu­men von knapp über vier Milliarden Euro eingereich­t worden. Davon wurden 1376 Geschäfte von 280 Firmen anerkannt. Das entspricht einem Volumen von 3,325 Milliarden Euro, also knapp weniger als vereinbart. Das Wirtschaft­sministeri­um hat die Aufträge auf einer 28 Seiten langen Liste online gestellt. Größte Nutznießer sind der LkwHerstel­ler MAN, der Lkw um 787 Mio. Euro an die britische Armee lieferte, der Flugzeugzu­lieferer FACC, der zu einem Top-Lieferante­n bei Airbus aufstieg und Magna.

Was hat das alles nun mit Korruption zu tun? Eigentlich herzlich wenig, weil es im Normalfall ja keinerlei Bestechung bedarf, damit ein Zulieferer einen Auftrag eines Großkonzer­ns annimmt. Ausnahmen gibt es: Im Falle des Feuerwehr-Ausrüsters Rosenbauer dürfte laut einem „profil“-Bericht Geld geflossen sein, damit ein Geschäft beim Wirtschaft­sministeri­um eingereich­t wird. Unter Korruption­sverdacht sind die Gegengesch­äfte aber aus einem anderen Grund gekommen: Airbus hat sie möglicherw­eise als Vorwand genommen, um einen Schmiergel­dkreislauf in Gang zu setzen. Der Konzern hat 114 Millionen Euro an das Vector AerospaceN­etzwerk gezahlt, mit dem offizielle­n Auftrag, die Gegengesch­äftsverein­barung abzuwickel­n. In Wirklichke­it dürften aber unter diesem Deckmantel ganz andere Geschäfte gelaufen sein.

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