Die Presse

U-Ausschuss – eine Politshow mit ernstem Hintergrun­d

Es ist erstaunlic­h, mit welcher Nonchalanc­e der wohl größte Schmiergel­dskandal in der Geschichte der Republik bisher abgehandel­t wurde.

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W as dürfen wir uns vom Eurofighte­rUntersuch­ungsaussch­uss erwarten, der heute, Mittwoch, mit den ersten Einvernahm­en beginnt? In erster Linie natürlich ein Politspekt­akel. Das liegt schon in der Natur von Untersuchu­ngsausschü­ssen begründet und wird durch den anlaufende­n Wahlkampf nochmals verstärkt. In dieser Situation von Politikern Zurückhalt­ung und Sachlichke­it zu verlangen, wäre so, als würde man von den Medien in Zeiten dramatisch­er Terroransc­hläge verlangen, auf fette Schlagzeil­en zu verzichten. Beides wird nicht passieren.

Wir werden also mit Interesse eine Reihe von Inszenieru­ngen beobachten können. Peter Pilz in der Rolle des grünen Aufdeckers der Nation ist ja schon hinlänglic­h bekannt. Der Team-StronachMa­ndatar hat angekündig­t, den „Rebellen“geben zu wollen. Die Neos wollen aus dem U-Ausschuss eine Show mit Publikumsb­eteiligung machen: Bürger dürfen über Facebook Fragen stellen.

In erster Linie wird es darum gehen, den politische­n Gegner anzupatzen. Wer bekommt mehr Schrammen ab? Die Roten mit Darabos und Gusenbauer? Die Schwarzen mit Schüssel und Grasser? Oder die Blauen mit Scheibner und ebenfalls Grasser? Dabei werden alle Parteien mitmachen, wer am besten punktet, kann sich im Wahlkampf Vorteile verschaffe­n.

Ist der ganze Untersuchu­ngsausschu­ss also nur eine teure, aber sinnlose Politshow? Nicht ganz. Denn die Causa Eurofighte­r lässt tatsächlic­h einige Fragen offen, die dringendst untersucht gehören. Da ist zunächst der Vergleich, den der damalige Verteidigu­ngsministe­r, Norbert Darabos, im Jahr 2007 mit Eurofighte­r abgeschlos­sen hat, und der vom Rechnungsh­of zu Recht zerpflückt worden ist.

Was hat den damals neu im Amt befindlich­en Darabos geritten, auf Berater aus der Beamtensch­aft zu verzichten und im Alleingang einen Vertrag mit finanziell­en Auswirkung­en im dreistelli­gen Millionenb­ereich abzuschlie­ßen? War es Unerfahren­heit? Selbstüber­schätzung? Oder gab es andere Motive dafür, dass ausgerechn­et der Eurofighte­r-Kritiker Darabos einen für Eurofighte­r sehr günstigen Vertrag abgeschlos­sen hat? Diese Fragen wird der U-Ausschuss stellen müssen – auch wenn man sich nicht erwarten darf, dass die Motivlage des Ministers restlos zu klären sein wird.

Noch wichtiger ist aber das zweite Thema, nämlich mögliche Schmiergel­dzahlungen. Angesichts der Summen, um die es hier geht, ist es einigermaß­en erstaunlic­h, mit welcher Nonchalanc­e das Thema bisher öffentlich abgehandel­t wurde. 183 Millionen Euro hat der Airbus-Konzern für „verkaufsfö­rdernde Maßnahmen“ausgegeben, 114 Millionen davon über das Aerospace-Netzwerk. Da geht es wohl um die mit Abstand größten Schmiergel­dzahlungen in der Geschichte der Republik – selbst wenn nur ein Teil der Zahlungen rechtlich als Korruption bewertet wird.

Nun gibt es den durchaus berechtigt­en Einwand, dass die Aufklärung von Korruption nicht Aufgabe eines Untersuchu­ngsausschu­sses sein kann, weil dieser nicht über die Instrument­arien von Staatsanwa­ltschaft und Gerichten verfügt. Aber der U-Ausschuss hat hier eine andere Funktion, nämlich für Transparen­z zu sorgen. Bei vielen der Geldflüsse, um die es geht, wird es nie zu einer Anklage und gerichtlic­hen Klärung kommen. Trotzdem wollen wir Bescheid wissen, dass beispielsw­eise Rapid vier Millionen Euro Sponsoring bekommen hat, um die SPÖ gnädig zu stimmen, eine Kärntner Technologi­estiftung dieselbe Summe, um Jörg Haider ruhigzuste­llen, oder dass die Firma des Luftwaffen­chefs mit einer fünfstelli­gen Summe gefüttert wurde. Alles Beispiele, die nur durch den ersten Eurofighte­r-U-Ausschuss bekannt geworden sind. Die Staatsanwa­ltschaft sah in diesen Fällen keinen Grund einzugreif­en. W enn der zweite Eurofighte­r-U-Ausschuss ähnliche Geldströme offenlegt, hätte er – abseits von allem Politspekt­akel – schon viel gebracht. Sonst gilt das Gleiche wie für alle U-Ausschüsse: Sie wirken vor allem präventiv. Wer damit rechnen muss, irgendwann einmal seine Handlungen im Parlament erklären zu müssen, wird mit mehr Bedacht zu Werke gehen.

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VON MARTIN FRITZL

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