„Sonst wird das Sozialsystem dermaßen ungerecht“
„Presse“-Gespräch. Der schwarze Arbeitnehmerbund ÖAAB unterstützt die Linie von ÖVP-Chef Kurz. Bundesweit soll die Mindestsicherung für Zuwanderer gesenkt werden. Eine Reform der Pensionen ist aber derzeit „kein Thema“.
Wien. Wenn es nach dem ÖAAB, den ÖVP-Arbeitnehmern, geht, müssten noch vor der Nationalratswahl am 15. Oktober bundesweit deutliche Eingriffe und Verschärfungen im Sozialsystem beschlossen werden. Das gilt speziell für die Mindestsicherung sowie Leistungen für Zuwanderer nach Österreich. Das fordert ÖAABBundesobmann August Wöginger, der als Vertrauter des neuen ÖVPChefs Sebastian Kurz gilt, im Gespräch mit der „Presse“.
Auf diese Linie hat sich der ÖAAB in einer Sitzung des Bundesvorstandes am Dienstag eingeschworen. Im Vordergrund steht, wie von Kurz bereits vor Wochen in der ORF-„Pressestunde“verlangt, „dass das Sozialsystem treffsicherer wird“. Damit wolle man verhindern, „dass das System dermaßen ungerecht wird“. Was meint Wöginger konkret damit? Er befürchtet, durch die Zuwanderer nach Österreich gäbe es ohne Änderungen „extrem hohe Kosten“.
„Wien fährt an die Wand“
Daher möchte der ÖAAB-Chef, der auch Sozialsprecher der ÖVP ist, höhere Hürden für den Eintritt von Ausländern in das heimische Sozialsystem und vor allem österreichweit weniger Mindestsicherung für Menschen, die nach Österreich kommen. Er wünscht sich einen neuen Anlauf für eine bundesweite Lösung bei der Mindestsicherung. Diese ist allerdings bereits im Herbst am Widerstand der SPÖ und des rot-grün regierten Wien gescheitert. SPÖ und Grüne haben seither für Wien aber noch keine Einigung über Änderungen bei der Mindestsicherung geschafft.
Gerade die Entwicklung in Wien mit ständig steigenden Kosten – allein für die Mindestsicherung wurden heuer 700 Millionen Euro budgetiert – ist für ihn Anlass für einen „möglichst raschen“erneuten bundesweiten Reformanlauf. Denn: „Wien wird mit dem System an die Wand fahren.“
Außerdem drängt der ÖAAB, dass Verschärfungen vorgenommen werden, die manche ÖVP-geführte Bundesländer wie Ober- und Niederösterreich bei der Mindestsicherung schon umgesetzt haben. Dazu zählt die Obergrenze von 1500 Euro netto für Familien. Gleichzeitig dürfe es einen An- spruch auf Mindestsicherung erst geben, wenn jemand in den letzten sechs Jahren fünf Jahre legal in Österreich gewesen sei.
Für diese Gruppe müsse es weniger Mindestsicherung geben, nämlich innerhalb einer Bandbreite von 560 Euro wie in Oberösterreich bis zu 584 Euro wie im SPÖgeführten Burgenland. Sonst beträgt die Mindestsicherung für Alleinstehende monatlich netto 838 Euro. Der ÖAAB-Chef hält diese Forderung insofern für gerecht, weil derzeit Bezieher einer Mindestpension nach vielen Arbeitsjahren nach Abzug der Krankenversicherung auch nur rund 840 Euro netto erhalten.
Auffallend ist die Zurückhaltung des ÖAAB bei weiteren Pensionsreformen. Das sei „derzeit kein Thema“, so Wöginger. Bei der Pflege drängt er auf „Nachhaltigkeit“, bei der Finanzierung gebe es aber noch verschiedenste Modelle.