Willis Etappensieg zum Bürgermeister
Innsbruck. Nach einer internen Kampfabstimmung führt der 58-Jährige die Grünen in die Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen Anfang 2018. Er gilt als aussichtsreichster Kandidat.
Innsbruck. Damit war wirklich nicht zu rechnen. Aus einem erwarteten Kopf-an-Kopf-Rennen machte Georg Willi bei der Bezirksversammlung der Innsbrucker Grünen am Montagabend einen Erdrutschsieg und setzte sich bei einer Kampfabstimmung gegen Vizebürgermeisterin Sonja Pitscheider mit 74 Prozent von 171 abgegebenen Delegiertenstimmen durch.
Dieses Ergebnis ist insofern beachtlich, als der Nationalratsabgeordnete erst vor wenigen Monaten ankündigte, die Grünen als Spitzenkandidat in die Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen im Frühjahr 2018 führen zu wollen und damit für viel Unmut in der Stadtpartei sorgte. Vor allem der Gemeinderatsklub stellte sich mehrheitlich hinter Pitscheider und vertrat die Meinung: „Never change a winning team.“
Die Basis sah das allerdings anders – was vor allem zwei Gründe hat. Zum Einen ist Willi in seiner Partei außergewöhnlich gut vernetzt und beliebt. In seiner Zeit als Landessprecher und Klubobmann im Landtag stellte er die Partei sehr breit auf und bot sowohl dem bürgerlichen als auch dem linken Flügel eine politische Heimat.
Zum Anderen gehen die Mitglieder offensichtlich davon aus, dass Willi die deutlich besseren Chancen hat, die amtierende Stadtchefin Christine Oppitz-Plörer von der ÖVP-Abspaltung „Für Innsbruck“abzulösen.
Hohe Beliebtheitswerte
Grund dafür ist eine Umfrage, die Anfang des Jahres von der Universität Innsbruck durchgeführt wurde und dem 58-jährigen Biologen hervorragende Beliebtheitswerte bescheinigt. Wäre er Spitzenkandidat der Grünen, würde er demnach auf 40,1 Prozent der Stimmen kommen, Oppitz-Plörer hingegen auf 33,1 Prozent. Sollte erneut Pitscheider antreten, werden ihr 17,9 Prozent prognostiziert, und Oppitz-Plörer bliebe mit 46,8 Pro- zent der Stimmen klar auf Platz eins. Als Partei liegen die Grünen in der Umfrage mit 30,2 Prozent deutlich vor FPÖ bzw. Federspiel (19,5 Prozent), „Für Innsbruck“und ÖVP (je 14,1 Prozent) sowie SPÖ (10,3 Prozent).
Im Vorfeld der Kampfabstimmung waren sich daher die meisten politischen Beobachter einig, dass die schwierigere Wahl jene zum Spitzenkandidaten sein würde, und nicht die Bürgermeisterwahl nächstes Jahr – in die der Hobbymusiker und passionierte Wanderer nun als aussichtsreichster Kandidat geht.
Die Umfrage hatte auch Willi selbst als Grund genannt, gegen Pitscheider anzutreten. Die Ausgangslage sei eindeutig, Spitzenkandidat solle derjenige werden, der die besseren Chancen auf das Bürgermeisteramt hat. Im Vordergrund stehe die Partei, persönliche Befindlichkeiten und Ambitionen müssten hinten angestellt werden. Deswegen sei er angetreten.
Er habe „seine Lehrjahre gehabt, seine verbal scharfen Kanten abgeschliffen“und sei bereit für den Job. „Ich bitte, dass alle an einem Strang ziehen“, sagte Willi kurz nach Verkündung des Wahlergebnisses Montagnacht. Pitscheider hatte im Vorfeld angekündigt, im Falle einer Niederlage nicht mehr bei der Gemeinderatswahl zu kandidieren.
Keine „One-Woman-Show“
Die Grünen würden in Innsbruck in allen Umfragen vorne liegen, und er bekomme „sehr viel Zuspruch“, betont Willi. Er wolle „keine One-Woman-Show“wie man es bei Oppitz-Plörer manchmal erlebe. Er sei ein Teamarbeiter. „Ich will keine Stadt der vielen Verbote“, sagte er im Hinblick auf das Bettelverbot und das Alkoholverbot in der Maria TheresienStraße. Bei den Finanzen plädierte er für eine „Konzentration auf die unmittelbaren Dienstleistungen“wie öffentlicher Verkehr und leistbares Wohnen.
Sollte Willi Bürgermeister werden, wäre er jedenfalls der einzige grüne Stadtchef Österreichs und der erste in Innsbruck, der nicht aus einer bürgerlichen Partei kommt. Die Tendenz spräche dafür. Bei den vergangenen drei Wahlen (Landtag, Nationalrat, Bundespräsident) landeten die Grünen (bzw. Van der Bellen) immer auf Platz eins.
Die Bezirksversammlung hätte eigentlich bereits am 28. April stattfinden sollen. Sie fiel jedoch wegen eines „Datenbankfehlers“ins Wasser. Etwa 50 der knapp 400 einzuladenden Mitglieder hatten wegen des EDV-Problems keine rechtzeitige Einladung zur Versammlung erhalten.