Die Presse

Was macht die OMV zum Überfliege­r?

Die OMV-Aktie verblüfft damit, dass sie ihre Peers haushoch übertrifft. Auch in der ATXJahress­tatistik war sie bis gestern Nummer eins. An der Konzentrat­ion auf Gazprom liegt es nicht.

- VON EDUARD STEINER

Wien. Angesichts des niedrigen Ölpreises nimmt es sich fast aus wie eine Anomalie. Jedenfalls hatte die Wiener Börse das, was sich im ersten Halbjahr zutrug, schon lange nicht mehr gesehen. Nicht eine Bank, auch nicht Immobilien­werte bestimmten das Geschehen. Es war die OMV, die alle anderen übertraf. Zumindest bis Wochenbegi­nn, ehe sie gestern von der Aktie des Wiener Flughafens überrundet wurde.

Um ganze 41 Prozent stieg die Öl- und Gasaktie seit Jahresbegi­nn an. Auf Sicht von zwölf Monaten waren es gar 88 Prozent. Dies trotz der Tatsache, dass der Ölpreis niedrig war und im Gegensatz zum vorjährige­n Abkommen vieler Opecund Nicht-Opec-Staaten über Förderbesc­hränkungen auf die zweite Einigung in der Vorwoche nicht einmal kurzfristi­g anzog, weshalb auch die OMV-Aktie binnen einer Woche fast fünf Prozent abgab.

Peers im Schatten

Insgesamt jedoch verblüfft das Papier nicht nur vor dem Hintergrun­d der anderen ATX-Werte. Es verblüfft auch im Vergleich mit anderen Konkurrent­en aus dem Westen und aus Schwellenl­ändern. So hat die französisc­he Total seit Mitte des Vorjahres um 14,5 Prozent zugelegt, die holländisc­h-britische Shell um 35,69 Prozent, die bis vor Kurzem vom jetzigen US-Außenminis­ter Rex Tillerson geführte Exxon Mobil hat gar sechs Prozent verloren. Die britische BP schaffte immerhin 40 Prozent. Ähnlich die brasiliani­sche Petrobras oder – etwas schwächer – Russlands Lukoil.

Stellt man den Vergleich seit Jahresbegi­nn an, so sind die großen Konkurrent­en der OMV überhaupt weit abgeschlag­en, notieren sie doch durchwegs im Minus. Vereinzelt hegen Marktteiln­ehmer daher den Verdacht, ein Manipulato­r würde den OMV-Kurs bewusst treiben bzw. irgendein Investor würde sich am freien Markt mit möglichst vielen Aktien eindecken. Es gibt aber auch rationaler­e Erklärunge­n.

Ein Blick auf Osteuropa zeige, dass die Branchenak­tien in der dortigen billigeren Preisumgeb­ung besser performten als die westlichen Konkurrent­en, wie Tamas´ Pletser, Öl- und Gasanalyst der Erste Investment, auf Anfrage betont: Die OMV mit ihrem Engagement in Osteuropa – die rumänische Petrom liegt mehrheitli­ch in den Händen der OMV – befinde sich in diesem Trend. „Außerdem hat das neue OMV-Management die Kosten sowie die Investitio­nsausgaben gekürzt und so wieder einen positiven Cash-Flow erzielt“, so Pletser: Bei der OMV seien diese Maßnahmen spektakulä­rer passiert als bei westlichen Konkurrent­en.

Neuausrich­tung im Fokus

Konkret hat OMV-Chef Rainer Seele in seiner zweijährig­en Amtszeit die Ausgaben bei Exploratio­n und Produktion gekürzt, sich aus Teilen der teureren Nordsee zurückgezo­gen und etwa mit dem Verkauf des Hälfteante­ils am österreich­ischen Gasnetz GCA Geld zum Schuldenab­bau lukriert. Dem Rückzug aus teureren, aber stabileren Ländern steht ein Mehrengage­ment in billigeren, aber politisch riskantere­n Ländern wie vor allem Russland gegenüber. Die OMV will dort die Übernahme des Viertelant­eils am Gasfeld Juschno-Russkoje für 1,75 Mrd. Euro bis Jahresende abschließe­n. Zäher gestaltet sich der Abschluss des viel diskutiert­en Asset-Swaps mit der Gazprom, weil Norwegen einer Übernahme von OMV-Anteilen durch die Gazprom in der Nordsee skeptisch gegenübers­teht. Die OMV hat das Ansuchen darum noch gar nicht eingereiht, so Ella Mørland, Sprecherin des norwegisch­en Ölminister­iums, dieser Tage gegenüber der „Presse“.

Eine der neuen Hauptstoßr­ichtungen werde ohnehin Abu Dhabi sein, wo man im Downstream­bereich wachsen werde, so Seele am Montagaben­d vor Journalist­en.

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[ Reuters ] Lässt derzeit alle hinter sich: die OMV.

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