Die Presse

Ein Profi ohne Ablaufdatu­m

Tennis. Doppelspez­ialist Julian Knowle tourt seit 25 Jahren um die Welt, ans Aufhören denkt der Vorarlberg­er, 43, noch nicht. „Ein Grand Slam ist immer etwas Spezielles.“

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Paris. Als Julian Knowle 1992 Tennisprof­i wurde, war Dominic Thiem noch nicht geboren. 25 Jahre später nehmen beide an den French Open in Paris teil. Knowle ist ein Evergreen, bestreitet im Stade Roland Garros sein bereits 61. Grand-Slam-Turnier. Im Rampenlich­t stehen hier andere, der Vorarlberg­er kann praktisch unbeobacht­et über die Anlage schlendern. Autogrammj­äger haben es auf andere abgesehen.

Zum Glücklichs­ein braucht Knowle aber keine Unterschri­ften oder Selfies mit Fans, das Tennisspie­len macht ihm mit 43 Jahren immer noch viel Spaß. Seine beste Zeit hat der schlaksige Linkshände­r womöglich hinter sich, sie darf durchaus als glorreich bezeichnet werden. 2007 triumphier­te er mit dem Schweden Simon Aspelin bei den US Open in New York und war damit der zweite Österreich­er nach Thomas Muster (Paris 1995), der ein Grand-Slam-Turnier gewinnen konnte. Im selben Jahr stand er im Finale des DoppelMast­ers in Schanghai, bereits 2004 drang er an der Seite des Serben Nenad Zimonjic bis in das Finale von Wimbledon vor. Die Erinnerung­en daran sind frisch, selbst wenn die Geschehnis­se lange zurücklieg­en. Der silberne Pokal für den US-Open-Sieg steht im Wohnzimmer hinter der Couch. „Ich muss ihn mal wieder putzen.“

Große Erfolge feierte Knowle ausschließ­lich im Doppel, wenngleich er auch auf eine beachtlich­e Einzelkarr­iere zurückblic­ken kann. Zur Nummer 86 steigt niemand ohne Talent und Fleiß auf, der Drittrunde­neinzug beim Rasenklass­iker in Wimbledon 2002 hatte ihn bis dorthin gebracht. Der Gegner war dann niemand geringerer als Lleyton Hewitt, der Weltrangli­stenerste. „Ich habe nachher erfahren, dass ich als erster Österreich­er auf dem Centre Court in Wimbledon gespielt habe. Ganz ehrlich, ich war völlig überforder­t mit der Situation, das Erlebnis aber war ein Wahnsinn.“

Weil sein Doppelrank­ing (86) gegenwärti­g nicht ausreicht, um permanent auf der ATP-Tour spielen zu können, muss Knowle vorwiegend an Challenger-Turnieren teilnehmen. Dort gibt es weniger Punkte, weniger Geld, mit dem letztwöchi­gen Finaleinzu­g im italienisc­hen Mestre verdiente er bescheiden­e 775 Euro vor Abzug der Steuern. „Man muss kein Mathematik­genie sein, um zu verstehen, dass es auf Dauer so nicht geht“, erklärt Knowle, der sich nochmals nach oben spielen will. „Das Feuer in mir brennt noch. Dass ich mit 43 immer noch spielen kann, ist ein Privileg“, sagt er der „Presse“.

Am Dienstag erreichte Knowle in Paris mit dem Deutschen Florian Mayer die zweite Runde. Der Lohn: 10.500 Euro (brutto).

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[ Reuters ] Der Pokal von den US Open? Er verstaubt daheim, ich muss ihn mal wieder putzen. Julian Knowle Tennisspie­ler, 43

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