Aug‘ in Aug‘ mit der Schausammlung
Kunst und Wissenschaft. Mit disziplinenübergreifenden Ausstellungsinterventionen lädt das Naturhistorische Museum Wien seine Besucher zu neuen Sichtweisen auf Bekanntes ein.
Wien. Wenn man durch die Schausäle und Korridore des Naturhistorischen Museums streift, stößt man zwischen Saurierskeletten, Meteoriten, ausgestorbenen Seekühen oder den Tieren des Waldes immer wieder auf Ausstellungsinseln, die einen übergreifenden Blick auf die Natur- und Erdgeschichte eröffnen. Im Eiszeit-Gang etwa, der zum Venuskabinett führt, tummeln sich einige ungewöhnliche Frauendarstellungen, darunter eine „Tempeltänzerin“, eine „Goldbuddha-Göttin“oder eine „Kopfüber-stürzende Frau“. Sie alle stammen vom US-Künstlers Al Hansen.
Angefertigt aus Materialien wie Streichhölzern, Verpackungsfolie oder Zigarettenpapier sind die Collagen eine Hommage an das berühmteste archäologische Fundstück Österreichs: die Venus von Willendorf, die vor 29.500 Jahren entstanden ist und 1908 von Forschern des Naturhistorischen Museums bei Grabungsarbeiten in der Wachau gefunden wurde.
Ausgehend von seinem Interesse am Thema und dem Umstand, dass schon die frühesten überlieferten Kunstwerke Frauenfiguren darstellten, setzt sich Al Hansen seit Jahrzehnten mit der mystischen Kalksteinfigur auseinander und hat ihr im Lauf der Zeit tausende Arbeiten gewidmet („Venus, Venus, Venus“, bis 26. Juni).
Unter dem Titel „Natura Morta“präsentiert der Fotograf Oliver Mark eine Werkserie, deren zweiter Teil in der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste zu sehen ist. In einem Wortspiel mit dem lateinischen Begriff für „Stillleben“lenkt der Deutsche das Augenmerk auf den Anteil des Todes in diesem Bildgenre. Aufgenommen in der Asservatenkammer des deutschen Zolls in Bonn, zeigen Marks Stillleben ausgestopfte Reptilien, Elfenbeinschnitzereien, Kleidungsstücke aus Schlangenleder und andere verbotene Reisemitbringsel, die vom Zoll beschlagnahmt wurden. Indem er sie neben den Tierpräparaten des Naturhistorischen Museums präsentiert, stößt er Fragen nach dem Umgang des Menschen mit Natur und Umwelt, Tierwelt und Artenschutz an (bis 16. Juli).
In einem Spagat von Kunst und Wissenschaft lädt die Sonderschau „Wie alles begann. Von Galaxien Quarks und Kollisionen“zu einer Spurensuche zum Ursprung des Universums. Neben der Präsentation neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse der Teilchenphysik und Kosmologie versammelt die Ausstellung Skulpturen, Videos und Installationen von Künstlerinnen und Künstlern, die sich auf unterschiedliche Weise mit dem Urknall beschäftigen, etwa Eva Schlegel, Manfred Wakolbinger und Hofstetter Kurt. Eine der größten Installationen stammt von Brigitte Kowanz, der Vertreterin Österreichs an der aktuellen Kunstbiennale in Venedig; sie hat aus Spiegeln und Leuchtmitteln den „Nullpunkt von Raum und Zeit“visualisiert. Komponist Rudolf Wakolbinger arbeitet für seine Klanginstallation „expansion of the universe“mit Mikrowellenaufnahmen des Universums, anhand derer er dessen Entstehung akustisch abbildet (bis 20. August). JH