„Es ist die Chance, sich neu zu erfinden“
Porträt II. Theater spielen, debattieren und jonglieren: In seinem Erasmus-Jahr in Oxford kostete Schauspieler und Regisseur Michael Ostrowski (44) die Freiheit aus. Und kam mit einem neuen Blick auf viele Dinge zurück.
Wien. In Oxford hat sich Michael Ostrowski (44) wirklich frei gefühlt. „Ich glaube, dass die Studentenzeit die Zeit ist, in der man ein Mal im Leben nicht zubetoniert ist mit Dingen, die man tun muss“, erzählt der Schauspieler und Regisseur („Hotel Rock’n’Roll“). „Und diese Freiheit, die ist bei Erasmus besonders groß.“
Ins Ausland wollte Ostrowski eigentlich immer schon. „Ich habe Sprachen studiert – natürlich, weil mir Sprachen getaugt haben, aber auch, weil ich ins Ausland wollte“, sagt der Steirer, der an der Uni Graz Anglistik und Romanistik studiert hat. „Damit konnte ich meinen Wunsch verbinden zu reisen.“Für Oxford – wenn auch nicht für die dortige Elite-Uni, sondern die Brookes University – hat sich Ostrowski im Herbst 1993 entschieden, weil er England immer mochte. „Und weil man einfach wusste, dass Oxford ein guter Ort ist. Eine Stadt, in der die Leute gern studieren.“
Prägender als das Studium selbst („Das hat mir sehr getaugt, ich habe mich für Literatur und Sprachen interessiert, und all das habe ich dort total genießen können“) war allerdings das Rundherum. All die Dinge, die er neben dem Studium machte. Der damals 20-Jährige spielte Theater bei der Oxford Drama Society, er machte in einem Debattierklub mit, er trat einer Studentengruppe bei, die das Ziel hatte, nach Amsterdam zu trampen („Das waren die Amdam Hitchhikers“), und er lernte in einer anderen Society Jonglieren.
„Das Feiern ist wichtig“
„Das sind teilweise Sachen, die man zu Hause niemals machen würde, weil man denkt, dass man dafür neben Uni, Freunden, der Familie und dem Nebenjob wirklich keine Zeit hat“, sagt Ostrowski. „Neue Sprache, neues Leben, weg von zu Hause: So ein Erasmus-Jahr ist irgendwie auch die Chance, sich neu zu erfinden.“
Partys habe es in diesem Jahr in Oxford natürlich auch viele gegeben. „Dieser ganze Feieraspekt war schon auch sehr wichtig.“Das sei eben auch so etwas, wofür man als Student – und noch mehr als Erasmus-Student – die Freiheit habe.
Das Jahr in Oxford – auf das später noch ein zweiter Auslandsaufenthalt folgte, nämlich in New York – hat ihn jedenfalls geprägt: „Als ich zurückgekommen bin, hatte ich einen komplett anderen Blick auf viele Dinge: auf meine Uni-Professoren zum Beispiel, auf den manchmal etwas altvaterischen Umgang an der Uni“, erzählt er. „Weil ich etwas anderes gesehen habe, andere Wege, wie man Dinge machen kann.“Auch der Blick auf seine Eltern habe sich in der Zeit verändert. „Weil ich mit 20 ein Jahr allein bestehen musste.“
So ein Jahr sei eine Erfahrung, die er vielen Leuten wünsche. „Ich bin überzeugt davon, dass wir viele Probleme in Europa heute nicht hätten, wenn mehr junge Menschen die Chance hätten, einmal für längere Zeit woanders zu leben. Aber das sage ich natürlich auch aus einer privilegierten Position heraus – weil ich zu jenen gehöre, die studieren konnten.“