Erdo˘gan geht mit USA auf Konfrontationskurs
USA/Türkei. Nach einem Haftbefehl gegen Leibwächter des türkischen Präsidenten zitierte Ankara US-Botschafter ins Außenamt.
Istanbul. Ähnlich wie im Verhältnis der Türkei zur EU schlittern auch die Beziehungen Ankaras zum westlichen Hauptverbündeten USA von einer Krise in die nächste. Und jede Verstimmung ist dazu angetan, die Spannungen zu verschärfen. Nach der Bekanntgabe von US-Haftbefehlen gegen Leibwächter von Präsident Recep Tayyip Erdogan,˘ die bei einem Besuch in Washington Mitte Mai eine Gruppe von Demonstranten verprügelt hatten, ließ die Türkei jetzt den US-Botschafter in Ankara einbestellen.
Videos von der Schlägerei hatten in den USA große Empörung ausgelöst. Die Haftbefehle gegen die in die Türkei heimgekehrten Leibwächter sind weitgehend symbolisch, markieren aber einen neuen Tiefpunkt in den Beziehungen. Das türkische Außenamt nannte den Schritt inakzeptabel. Ankara gibt der US-Polizei die Schuld an der Schlägerei, weil sie beim Schutz der türkischen Residenz versagt habe.
Isolation Ankaras
Auch Erdogan˘ reagierte mit Unverständnis auf die Haftbefehle: „Was ist denn das für ein Gesetz?“, fragte er. Seine Regierung werde weiter mit rechtlichen und politischen Mitteln für die eigene Position in diesem Streit kämpfen. Das aggressive Vorgehen der Personenschützer hat das Bild der Türkei in den USA erheblich verschlechtert. In Zeitungskommentaren wurde Erdogan˘ aufgefordert, sich nicht mehr in den USA blicken zu lassen.
Mit der EU, die das harte Vorgehen der türkischen Regierung gegen die Opposition kritisiert, liegt der Präsident schon seit Monaten im Clinch. Nun kommt der Krach mit den USA hinzu, die seit Jahrzehnten der wichtigste politi- sche Partner Ankaras sind. Die Türkei isoliert sich immer mehr, doch Erdogan˘ sieht keinen Grund zum Umlenken.
Erdogan˘ wirft den USA vor, in Syrien „kurdischen Terroristen“zur Seite zu stehen. Washington unterstützt die syrische Kurdenmiliz YPG im Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS). Ankara sieht in den YPG die Vertreter der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Er habe die US-Regierung nicht von der Zusammenarbeit mit den YPG abbringen können, klagte der türkische Präsident.
Drohungen Erdogans˘
Deshalb warnte Erdogan˘ die USA: Notfalls „werden wir das Nötige tun, und zwar ohne uns vorher mit irgendjemandem abzusprechen“. Da US-Soldaten und kurdische Kämpfer im Norden Syriens gemeinsam vorgehen, könnten türkische Gegenschläge auch für US-Soldaten gefährlich werden. Schon in den vergangenen Wochen waren türkische Luftangriffe im Nordosten Syriens US-Truppen gefährlich nahe gekommen. In einer Rede in Ankara deutete Erdogan˘ neue türkische Militäraktionen in Syrien an. Er erinnerte an die türkische Truppenentsendung ins Nachbarland und sagte, die Türkei werde ab sofort „Probleme direkt an der Quelle bekämpfen“.
Ein Streit schwelt auch im Fall Katar. Erdogan˘ unterstützt das Emirat im Konflikt mit Saudiarabien und den anderen Golf-Monarchien. US-Präsident Trump schlug sich auf die Seite der Saudis. Erdogan˘ ist besorgt, dass die Türkei wegen der Hilfe für die Muslimbrüder unter Druck geraten könnte. Laut Medienberichten fordert der ägyptische Staatschef, Abdel Fatah al-Sisi, ein enger Partner der Saudis, die Boykottmaßnahmen der Golf-Araber gegen Katar auf die Türkei auszuweiten.