Die Moschee der Liberalen
Deutschland. In den existierenden Moscheen fühlte sich eine deutsche Frauenrechtlerin diskriminiert. Nun gründete sie in Berlin ihre eigene.
Berlin. Die Frauenrechtlerin Seyran Ates¸ hat in der deutschen Hauptstadt mit Gleichgesinnten eine Moschee für liberale Muslime eröffnet. In der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin beten und predigen Frauen und Männer gleichberechtigt zusammen.
Sie fühle sich in den existierenden deutschen Moschee-Gemeinden als Frau diskriminiert, begründete die aus der Türkei stammende Rechtsanwältin und Buchautorin ihr Projekt am Freitag. Das Gotteshaus im Berliner Stadtteil Moabit soll Sunniten, Schiiten und Anhängern anderer islamischer Glaubensrichtungen offenstehen. Frauen müssen beim Gebet kein Kopftuch tragen.
Der Freiburger Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi, einer der Gesellschafter des Projekts, sagte: „Diese Moschee ist eine Möglichkeit, dass sich die Muslime neu definieren.“Ates¸ mietete dafür einen Raum in einem Anbau der evangelischen Johanniskirche an. Sie hofft aber mittelfristig auf ein eigenes Moschee-Gebäude. Auch in Köln beten Muslime – von der 2012 gegründeten Muslimischen Gemeinde Rheinland – in Räumen einer evangelischen Kirche. Auch dort gibt es eine Imamin, die Konvertitin Rabeya Müller. Zeitgleich veröffentlichte Ates¸ ein Buch mit dem Titel „Selam, Frau Imamin“. Darin kritisiert sie, dass die Deutsche Islamkonferenz islamischen Verbänden wie der Türkisch-Islamischen Union die „Deutungshoheit über den Islam zugestanden“habe.
Die Moschee trägt neben dem Namen von Johann Wolfgang Goethe jenen des mittelalterlichen Arztes, Philosophen und Richters IbnRushd, in Europa auch als Averroes bekannt. Dieser wurde 1126 im andalusischer Cordoba geboren. Er war Hofarzt der berberischen Dynastie der Almohaden von Marokko und starb 1198 in Marrakesch. Er hatte auch Kommentare zum Werk von Aristoteles verfasst und gilt mit seinem Werk als Verbinder zwischen Islam und Aufklärung. (ag)