29 plus drei Unterschiede zur Ehe
Homosexuelle. Die Ehe für alle wird zum Wahlkampfthema, auch auf der Regenbogenparade. Doch worin unterscheidet sich die Eingetragene Partnerschaft noch vom Eherecht?
Wien. Heute, Samstag, findet in Wien die Regenbogenparade statt, mit der für die Gleichstellung homosexueller Paare demonstriert wird. Mit dabei: Kanzler Christian Kern, Neos-Chef Matthias Strolz und Grünen-Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek. Das Thema „Ehe für alle“ist auch längst im Wahlkampf angelangt. Während SPÖ, Grüne und Neos Druck auf einen Beschluss vor der Wahl machen, will die ÖVP das Thema aus dem Wahlkampf heraushalten und verweist auf die in mehreren Punkten bereits erfolgte Gleichstellung. Doch inwieweit ist diese schon Realität? Ein rechtlicher Überblick: 1 Was haben Ehe und Eingetragene Partnerschaft (EP) gemeinsam? Während die Ehe ausschließlich Personen unterschiedlichen Geschlechts offensteht, gibt es für gleichgeschlechtliche Paare (und nur für sie) seit dem Jahr 2010 die Eingetragene Partnerschaft. Sie ist der Ehe weitgehend ähnlich, so gibt es gegenseitige Rechte und Pflichten. Auch in der Eingetragenen Partnerschaft gilt etwa ein gegenseitiges Erbrecht oder aber eine Unterhaltspflicht gegenüber dem anderen Partner. Im Zuge von Gerichtsurteilen wurden die Rechte für homosexuelle Partner seither erweitert: So dürfen sie nun auch gemeinsam Kinder adoptieren. Und die Samenspende für lesbische Paare wurde erlaubt. 2 Worin unterscheiden sich Ehe und Eingetragene Partnerschaft noch? Der auf das Thema spezialisierte Rechtsanwalt Helmut Graupner zählt noch 29 Unterschiede zwischen der Eingetragenen Partnerschaft und der Ehe auf. Manche davon sind eher formeller Natur: So wird die Ehe bereits durch das mündliche Ja-Wort gültig, die Eingetragene Partnerschaft aber erst durch die Unterschrift.
Teils sind die Unterschiede aber juristisch bedeutsam: So darf man die Eingetragene Partnerschaft erst mit 18 Jahren eingehen, die Ehe unter bestimmten Voraussetzungen schon mit 16. Zudem ist bei homosexuellen Partnern kein Verlöbnis vorgesehen. Weiters gibt es unterschiedliche Regeln bei Scheidung und Unterhalt. Während in der Ehe ein Partner die Scheidung (aus unterhaltsrechtlichen Gründen) maximal sechs Jahre hinauszögern kann, ist dies bei der Eingetragenen Partnerschaft nur drei Jahre lang möglich. Nach der Scheidung wegen Zerrüttung gibt es bei der EP zudem niedrigeren Unterhalt als nach einer Ehe.
Während Ehepartner von Gesetzes wegen treu sein müssen, können sich Homosexuelle bei der Eingetragenen Partnerschaft auch offenere Regeln ausmachen. Hier obliegt es also den Partnern, zu vereinbaren, inwieweit Treuebruch einen Scheidungsgrund wegen Verschuldens darstellen soll.
Das Gesetz zur EP gilt für viele daher im Vergleich zum Ehegesetz sogar als die modernere Norm. 3 Welche Folgen hat es, dass es zwei unterschiedliche Gesetze gibt? Selbst wenn beide Gesetze inhaltlich gleich wären, hätten homosexuelle Partner drei Probleme, sagt Graupner zur „Presse“. So drohe ein Zwangsouting, wenn man den Personenstand „in eingetragener Partnerschaft“angeben muss (Meldeamt, Jobbewerbung). Zudem wird die EP in einigen Ländern, in denen die Ehe allen offensteht (Irland, USA), nicht anerkannt. Und Kinder gelten trotz EP der Eltern als unehelich. Rechtlich ist das irrelevant. Aber es führe zu Hänseleien unter den Kindern, so Graupner. 4 Welche Maßnahmen zur völligen Angleichung wären möglich? Man könnte die EP ganz streichen und die Ehe für alle öffnen. Die Homosexuellen-Initiative (Hosi) Wien hatte im März aber gefordert, dass das Eherecht zuvor modernisiert werden müsse. Das sei aber nicht die Mehrheitsforderung der Betroffenen, meint Anwalt Graupner. Die meisten würden eine sofortige Öffnung der Ehe wollen.
In einigen Ländern gibt es Ehe und EP für alle, unabhängig von der sexuellen Einstellung. In diesen Ländern unterscheiden sich EP und Ehe aber rechtlich mehr voneinander als in Österreich.
Vielleicht fällt die Entscheidung aber auch nicht in der Politik, sondern bei Gericht: Eine Klage zur Öffnung der Ehe ist beim Verfassungsgerichtshof anhängig.