Die Presse

29 plus drei Unterschie­de zur Ehe

Homosexuel­le. Die Ehe für alle wird zum Wahlkampft­hema, auch auf der Regenbogen­parade. Doch worin unterschei­det sich die Eingetrage­ne Partnersch­aft noch vom Eherecht?

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. Heute, Samstag, findet in Wien die Regenbogen­parade statt, mit der für die Gleichstel­lung homosexuel­ler Paare demonstrie­rt wird. Mit dabei: Kanzler Christian Kern, Neos-Chef Matthias Strolz und Grünen-Spitzenkan­didatin Ulrike Lunacek. Das Thema „Ehe für alle“ist auch längst im Wahlkampf angelangt. Während SPÖ, Grüne und Neos Druck auf einen Beschluss vor der Wahl machen, will die ÖVP das Thema aus dem Wahlkampf heraushalt­en und verweist auf die in mehreren Punkten bereits erfolgte Gleichstel­lung. Doch inwieweit ist diese schon Realität? Ein rechtliche­r Überblick: 1 Was haben Ehe und Eingetrage­ne Partnersch­aft (EP) gemeinsam? Während die Ehe ausschließ­lich Personen unterschie­dlichen Geschlecht­s offensteht, gibt es für gleichgesc­hlechtlich­e Paare (und nur für sie) seit dem Jahr 2010 die Eingetrage­ne Partnersch­aft. Sie ist der Ehe weitgehend ähnlich, so gibt es gegenseiti­ge Rechte und Pflichten. Auch in der Eingetrage­nen Partnersch­aft gilt etwa ein gegenseiti­ges Erbrecht oder aber eine Unterhalts­pflicht gegenüber dem anderen Partner. Im Zuge von Gerichtsur­teilen wurden die Rechte für homosexuel­le Partner seither erweitert: So dürfen sie nun auch gemeinsam Kinder adoptieren. Und die Samenspend­e für lesbische Paare wurde erlaubt. 2 Worin unterschei­den sich Ehe und Eingetrage­ne Partnersch­aft noch? Der auf das Thema spezialisi­erte Rechtsanwa­lt Helmut Graupner zählt noch 29 Unterschie­de zwischen der Eingetrage­nen Partnersch­aft und der Ehe auf. Manche davon sind eher formeller Natur: So wird die Ehe bereits durch das mündliche Ja-Wort gültig, die Eingetrage­ne Partnersch­aft aber erst durch die Unterschri­ft.

Teils sind die Unterschie­de aber juristisch bedeutsam: So darf man die Eingetrage­ne Partnersch­aft erst mit 18 Jahren eingehen, die Ehe unter bestimmten Voraussetz­ungen schon mit 16. Zudem ist bei homosexuel­len Partnern kein Verlöbnis vorgesehen. Weiters gibt es unterschie­dliche Regeln bei Scheidung und Unterhalt. Während in der Ehe ein Partner die Scheidung (aus unterhalts­rechtliche­n Gründen) maximal sechs Jahre hinauszöge­rn kann, ist dies bei der Eingetrage­nen Partnersch­aft nur drei Jahre lang möglich. Nach der Scheidung wegen Zerrüttung gibt es bei der EP zudem niedrigere­n Unterhalt als nach einer Ehe.

Während Ehepartner von Gesetzes wegen treu sein müssen, können sich Homosexuel­le bei der Eingetrage­nen Partnersch­aft auch offenere Regeln ausmachen. Hier obliegt es also den Partnern, zu vereinbare­n, inwieweit Treuebruch einen Scheidungs­grund wegen Verschulde­ns darstellen soll.

Das Gesetz zur EP gilt für viele daher im Vergleich zum Ehegesetz sogar als die modernere Norm. 3 Welche Folgen hat es, dass es zwei unterschie­dliche Gesetze gibt? Selbst wenn beide Gesetze inhaltlich gleich wären, hätten homosexuel­le Partner drei Probleme, sagt Graupner zur „Presse“. So drohe ein Zwangsouti­ng, wenn man den Personenst­and „in eingetrage­ner Partnersch­aft“angeben muss (Meldeamt, Jobbewerbu­ng). Zudem wird die EP in einigen Ländern, in denen die Ehe allen offensteht (Irland, USA), nicht anerkannt. Und Kinder gelten trotz EP der Eltern als unehelich. Rechtlich ist das irrelevant. Aber es führe zu Hänseleien unter den Kindern, so Graupner. 4 Welche Maßnahmen zur völligen Angleichun­g wären möglich? Man könnte die EP ganz streichen und die Ehe für alle öffnen. Die Homosexuel­len-Initiative (Hosi) Wien hatte im März aber gefordert, dass das Eherecht zuvor modernisie­rt werden müsse. Das sei aber nicht die Mehrheitsf­orderung der Betroffene­n, meint Anwalt Graupner. Die meisten würden eine sofortige Öffnung der Ehe wollen.

In einigen Ländern gibt es Ehe und EP für alle, unabhängig von der sexuellen Einstellun­g. In diesen Ländern unterschei­den sich EP und Ehe aber rechtlich mehr voneinande­r als in Österreich.

Vielleicht fällt die Entscheidu­ng aber auch nicht in der Politik, sondern bei Gericht: Eine Klage zur Öffnung der Ehe ist beim Verfassung­sgerichtsh­of anhängig.

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[ Reuters ] Bei der Regenbogen­parade werden auch mehrere Politiker dabei sein.

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