Einmal rund ums Eck gedacht
Baugeschichte. Die Babyboomer unter den Häusern gehen langsam der Rente zu. Was tun? In der Traungasse im 3. Bezirk wird aus einem hellhörigem Bürohaus zeitgemäßer Wohnraum geschaffen.
Der Dachstuhl ist weg, die Sonne scheint direkt auf Besucher und provisorisches Teerpappendach, an der rückwärtigen Wand beim Stiegenhaus, das ins Leere führt, kleben noch einige Fliesen im 1980er-Design. „Hier kommen noch zwei Stockwerke drauf, dann hat man Rundumblick“, erklärt Petra Teufelsdorfer von der Piment Immobilien & Invest GmbH. Schon in Stockwerk sechs steht man allerdings im Dachgeschoßbereich, und auch beim Gang zurück durch die Baustelle wird es trotz der nahen Häuser nicht wirklich finster: Alle Zwischenwände sind entfernt, die ganze Fensterfront ist in jedem Stock sichtbar.
Dreieck mit runder Spitze
Das soll großteils so bleiben – auch wenn die Appartements, jedenfalls in den unteren sechs Etagen, nicht stockwerksfüllend sind und wieder Zwischenwände einziehen werden. „Der Blick hinaus soll so frei wie möglich bleiben, der spannende Grundriss des Eckhauses möglichst spürbar bleiben“, sagt Architekt Markus Kaplan von BWM Architekten und Partner. Der Grundriss: ein Dreieck mit abgerundeter Spitze. In allen Stockwerken sollen die Fensterbänder mit (fast) durchgehenden Balkonen hervorgehoben werden, was nicht nur deutlich mehr Platz für die Bewohner bedeutet, sondern auch die Fassadengliederung eindrucksvoll betont.
Zwischen Belvedere und Heumarkt gelegen, weist das Haus Traun-/Zaunergasse und Lisztstraße klassische Architektur der 1960er-Jahre auf: Außen schmucklose Fassade, innen Stahlbetondecken und -träger mit schmalen Ziegelmauern als Raumtrenner. Gedämmt wurden die Decken zwar, doch erzeugte das weiche Material den gegenteiligen Effekt: „Das Material hat die Schallwellen aufgenommen und an die Stahlbe- tonträger weitergeleitet“, erklärt Kaplan. Beim Umbau muss daher genau darauf geachtet werden, den gleichen Fehler nicht zu wiederholen, sondern den Stahl abzuschirmen und das Dämmmaterial davon zu entkoppeln.
Überraschungen eingebaut
Zu beachten waren auch weitere Eigenheiten eines BabyboomerHauses: relativ niedrige Stahlbeton-Träger, die dem Haus ein Raster vorgeben, „die wir natürlich in die Planung der Grundrisse mit einbeziehen mussten“, sagt Teufelsdorfer. „Die Wohnungen sind daher an das Gebäude angepasst, einige wenige Wände punkten sogar mit einer leichten Abweichung der 90-Grad-Ausrichtung. „Was wirklich da ist, sieht man ja erst, wenn man die Wände und Decken aufmacht“, erklärt Kaplan. „Da gibt es immer Überraschungen, gute wie schlechte. Etwa die unbrauchbare Dämmung. Oder aber die klare, schlichte Struktur des Hauses, die erst jetzt wieder deutlich wird. Dennoch ist nicht alles, was funktioniert, noch zeitgemäß. So wird etwa das Stiegenhaus adaptiert, ein neuer, größerer Lift eingebaut. Insgesamt entstehen 35 Wohneinheiten, von 60 bis 150 m2 in den Geschoßen eins bis drei, darüber zwischen 70 bis zu über 200 m2. Im Parterre bleiben Gewerbeflächen bestehen, dazu gibt es Gemeinschaftsräume wie einen großer Fahrradraum und einen Kinderspielraum für Feste oder zum Austoben bei Schlechtwetter als Garten-Ersatz.
Denn so nahe das Belvedere auch liegen mag, sehr grün ist es direkt ums Haus nicht bestellt. Auch das soll sich, soweit möglich, ändern. Kaplan: „Die teilweise Begrünung der Außenflächen gehören fix zum Objekt. Die Fassade soll hell und frisch bleiben, in Glas, Pflanzen-Grün und dem Silberweiß der Balkone“.
Auch die Unterseiten der Balkone sollten ursprünglich aus dem reflektierenden Material gefertigt werden. „Leider wollten das die Interessenten nicht, hier mussten wir auf eine angepasstere, matte Version zurückgreifen“, bedauert der Architekt. Doch „es sollen sich ja die zukünftigen Bewohner wohl fühlen, nicht ich.“Im Erdgeschoß bleibt es urban, zwar mit viel Glas, „das Haus soll sich öffnen“, doch ohne Grün. Bäume sind aus Platzgründen nicht vorgesehen. Die Innengestaltung der obersten zwei Etagen ist noch nicht fix, „hier werden die Interessenten noch mitreden“, sagt Teufelsdorfer. Doch die Grundform ist klar: Von der Hauptlinie etwas zurückgezogen, sind die beiden Geschoße von der Straße aus kaum zu sehen. „Das ist zwar ein Flächenverlust, aber ein Gewinn von Privatsphäre.“