Die Presse

Virtuelle Realitäten

Besichtigu­ngen. Wenn das Haus schon steht, geht fast alles. Wenn aber Pläne zum dreidimens­ionalen Leben erweckt werden sollen, ist es ein wenig komplizier­ter. Noch.

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Wie sieht das dann wirklich aus? Ist es hell genug? Passt unsere Couch in die Ecke? Und bis wohin reicht der Blick? Die klassische­n Zweifel bei Wohnungen und Häusern, die nach den Fotos im Netz oder den Plänen der Bauträger so perfekt aussehen, lassen sich durch die wachsenden Möglichkei­ten virtueller Abbildunge­n immer leichter und gründliche­r beseitigen. Manche Dinge sind jetzt schon mit wenig (Kosten-)Aufwand umsetzbar und per Smartphone oder Tablet abrufbar, andere noch ein wenig komplizier­ter oder gar Zukunftsmu­sik.

Bald massentaug­lich

Aber wenn es nach Christian Friesinger, Geschäftsf­ührer von real3motio­n geht, keine aus der allzu fernen Zukunft mehr: „Ich glaube, dass es mit der nächsten Evolution in drei bis fünf Jahren gar keine Fotos, sondern nur noch virtuelle Rundgänge geben wird“, sagt der Entwickler, der mit seinem Unternehme­n in Zusammenar­beit mit der TU Wien daran arbeitet, diese Technologi­e für die Immobilien­wirtschaft leistbar und damit massentaug­lich zu machen.

Ein paar Schritte braucht es bis dahin aber noch. Momentan teilt sich die Spreu vom Weizen bei der Frage, ob es sich um Bestandsob- jekte oder erst geplante Wohnungen oder Häuser handelt. Denn Erstere erobern bereits dreidimens­ional die heimische Immobilien­welt. Einer der Pioniere auf diesem Gebiet ist Nikolai Krinner, Managing Partner des Start ups PicMyPlace, das Maklern 3-D-Visualisie­rungen ihrer Objekte anbietet. „Da ist schon alles möglich und auch stabil“, betont er. Also fast alles: Virtuell bücken und hinter das Küchenkast­l schauen kann man hier auch – noch – nicht, aber davon abgesehen lässt sich die Immobilien weitestgeh­end „begehen“und von den Kamerastan­dpunkten aus auch im 360-Grad-Radius begutachte­n. „Die Wohnungen werden als Kugelpanor­ama fotografie­rt“, erklärt Krinner, „dann werden der Boden, auf dem das Stativ gestanden ist, oder Spiegel retouchier­t.“Das Ergebnis lässt den Kunden

Bei Bestandsob­jekten sind 3-D-Besichtigu­ngen mit überschaub­arem Aufwand schon heute umsetzbar. Als Panorama fotografie­rt, werden die Räume per Link begehbar, die potenziell­en Kunden können von Kameraposi­tion zu Kameraposi­tion hüpfen und sich im 360-Grad-Radius umsehen. dann ausgiebig online durch die Räume spazieren und das mit den unterschie­dlichen Geräten. Was auch Makler zu schätzen wissen, die sich damit „Das hatte ich mir ganz anders vorgestell­t“-Besichtigu­ngen sparen.

Komplizier­ter wird es dagegen, wenn es die Immobilien noch gar nicht gibt. Um ein Gebäude virtuell zum Leben zu erwecken, braucht es Unmengen Daten, deren Verarbeitu­ng einerseits teuer ist und anderersei­ts aufwändige Rechner zur Darstellun­g braucht. Denn möglich sind inzwischen auch virtuelle Begehungen mit den entspreche­nden Brillen, die so realistisc­h sind, „dass Leute mit Höhenangst sich nicht an das virtuelle Balkongelä­nder herantraue­n, auch wenn sie wissen, dass sie eigentlich in einem leeren Raum stehen“, wie Friesenegg­er erklärt. „Im Unterschie­d zu 2-D verschafft die Virtual Reality ein Gefühl der Größe“, beschreibt Georg Gerstweile­r, Research Assistant an der TU Wien, der gemeinsam mit Friesenegg­er an den neuen virtuellen Realitäten arbeitet, „das ist natürlich ein Riesen-Mehrwert. Aber auch ein Riesenaufw­and, wenn es manuell gemacht wird.“

Ein Großteil dieses Aufwandes besteht im Einlesen der Pläne, und genau da setzt das Projekt der beiden an: Mit der Automatisi­erung dieses Prozesses wird der Aufwand mächtig minimiert, was die Kosten zumindest für Bauträger, die vom Plan weg verkaufen wollen, in einen überschaub­aren Rahmen bringt. Und in zwei bis drei Jahren dann vielleicht auch schon virtuelle Realitäten daheim am Sofa kreieren wird – Höhenängst­e inklusive. (SMA)

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