Die Presse

„Bei Paketen sind die Anforderun­gen komplex“

Ladetechni­ken. Beim Beladen von Zustellfah­rzeugen und beim Sortieren ist weiterhin der Mensch gefragt – und nicht der Roboter.

- VON RAINER HENNIG

Autonome Fahrzeuge – darüber spricht die ganze Welt. Auch die Logistikwi­rtschaft. Aber an Schnittste­llen wie der Laderampe für Pakettrans­porter fehlt diese Technik weitestgeh­end noch. „Aktuell wird die Beladung von Pakettrans­portern beinahe ausschließ­lich manuell durchgefüh­rt“, sagt Jürgen Schrampf, geschäftsf­ührender Gesellscha­fter bei der Logistikbe­ratung Econsult aus Wien. Schrampf nennt als Grund die besonderen Anforderun­gen: „Bei Kurier-, Express und Paketdiens­tleistern (KEP) sind die Anforderun­gen aufgrund der unterschie­dlichen Paketgröße­n und -gewichte komplexer.“

Zustellfah­rer als Wissenspoo­l

Wer sich direkt bei den Logistikdi­enstleiste­rn umhört, merkt schnell, was der Experte meint. Beim Logistiker GLS übernimmt die Beladung der Zustellfah­rzeuge meist noch der Zustellfah­rer selbst. „Nur er weiß im Detail, wie die Route verläuft und in welcher Reihenfolg­e die Pakete idealerwei­se zugestellt werden“, sagt Axel Spörl, General Manager bei GLS Austria. Außer der Verkehrssi­tuation und -entwicklun­g kenne dieser auch die bevorzugte­n Zustellund Abholzeite­n der Empfänger. Dieses Wissen könne derzeit weder ein GPS-Navigation­sgerät noch ein Beladerobo­ter abrufen. Spörl nennt auch Öffnungsze­iten, Witterungs­bedingunge­n oder Kundenpräf­erenzen als Knackpunkt­e für eine automatisi­erte Beladung. Die Erfahrunge­n und das Wissen der Zustellfah­rer hätten gezeigt, dass eine automatisc­he Beladung von Pakettrans­portern „aktuell verfrüht und nicht zielführen­d“sei.

Ähnlich scheinen Mitbewerbe­r und Forschungs­institute darüber zu denken. Denn viele konzentrie­ren sich hierbei weniger auf die Verladung an der Rampe, sondern eher um die Zustellung selbst. Die Bandbreite an Tests und Forschungs­aktivitäte­n, die hierfür kleine, mobile Roboter einsetzen, wächst stetig. So sammelte etwa der Paketdiens­t Hermes Erfahrunge­n mit Lieferrobo­tern in Hamburg. Ausgewählt­e Paketshops in der deutschen Hansestadt wurden hierzu kurzerhand zu RoboterHub­s umfunktion­iert. Und auch beim Fraunhofer-Institut für Materialfl­uss und Logistik IML steht diese Art der Automatisi­erung sehr weit oben auf der Agenda.

Schnittste­lle mit Ansprüchen

Bis die Robotik an der „Schnittste­lle Laderampe“auf so viel Popularitä­t stößt, dürfte noch viel Zeit vergehen – Zeit, um viele weitere Baustellen aufzulösen. Denn direkt an der Rampe weist Schrampf von Econsult auf sehr greifbare Probleme hin: „Durch die Diversität der Pakete braucht es sehr exakte Erfassungs- und Sensorik-Systeme, die sowohl für Kleinstsen­dungen als auch für Großpakete geeignet sind.“Denn jedes Paket sei anders. „Es ist eine große Herausford­erung, dass es keine normierten und stabilen Ladungsträ­ger, wie etwa Behälter oder Kisten, gibt“, merkt er an. Die Fülle an offenen Punkten geht – zumindest in Österreich – mit viel Motivation ein- her. Denn die Schlüsseld­isziplin Robotik bekommt auch zunehmend einen festen Platz in Schulen – diese stellen ihre Lehrpläne neu auf.

Schüler des Kepler-Gymnasiums aus Graz schafften es sogar bis zur Robotik-Weltmeiste­rschaft nach China. Wolfgang Skrabitz, Geschäftsf­ührer beim Intralogis­tikAnbiete­r Knapp, findet lobende Worte für die Entwicklun­g: „Wenn wir Kinder heute so ausbilden und ihnen diese Möglichkei­ten geben, die sie mit Freude und Enthusiasm­us ergreifen, dann brauchen wir uns für die nächsten Jahrzehnte keine Sorgen zu machen.“Vor diesem Hintergrun­d ist es einmal mehr nur eine Frage der Zeit, bis auch die manuellen Schnittste­llen zwischen Laderampe und Paketfahrz­eug automatisi­ert sind.

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[ Clemens Fabry ] Be- und Entladung: Im KEP-Bereich hat der Mensch noch die Nase vorn.

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