Die Presse

US-Image auf Tiefstand wie zur Zeit des Irak-Kriegs

Meinungsum­frage. In wenigen Monaten verschlech­terte sich das internatio­nale Bild von den USA drastisch, was in erster Linie an der Politik des Präsidente­n liegt. Selbst Wladimir Putin schneidet besser ab als Donald Trump.

- VON THOMAS VIEREGGE

Wien/Washington. Für Harvard-Professor Joseph Nye und US-Besucher, die in diesen Wochen durch Europa reisen, ist das Meinungsbi­ld evident: Das Image der USA ist in den ersten fünf Monaten der Amtszeit Donald Trumps auf einen Tiefstand wie zu Zeiten des IrakKriegs 2003 unter George W. Bush gerutscht. Beim G20-Gipfel Ende nächster Woche in Hamburg muss sich der US-Präsident auf massive und zum Teil auch gewalttäti­ge Demonstrat­ionen einstellen. Aus Angst vor Protesten hat das Weiße Haus angeblich auch den für September geplanten Staatsbesu­ch Trumps in Großbritan­nien auf unbestimmt­e Zeit verschoben.

Laut einer Studie des Pew Research Center, des renommiert­en Meinungsfo­rschungsin­stituts in Washington, hat sich das Meinungskl­ima verfestigt. Nach einer Umfrage unter 40.000 Personen in 37 Ländern – Österreich war nicht darunter – im Zeitraum von Februar bis Mai ist die positive Einschätzu­ng der USA von 64 auf 49 Prozent gefallen. Noch desolater sind die Werte des Präsidente­n. Kam Barack Obama zuletzt immer noch auf eine Zustimmung von 64 Prozent, entfallen auf Donald Trump lediglich 22 Prozent. Selbst die Präsidente­n Russlands und Chinas, Wladimir Putin und Xi Jinping, schneiden im Gesamturte­il besser ab.

Die Detailerge­bnisse untermauer­n das Bild: 75 Prozent bezeichnen Trump als arrogant, 65 Prozent als intolerant, 62 Prozent als gefährlich. Immerhin 55 Prozent halten ihn indes für einen starken Führer. Im Vergleich zu Obama verbessert­e sich das US-Image in der Trump-Ära nur in Russland und Israel.

Trumps Mauerpläne haben – wenig überrasche­nd – vor allem südlich des Rio Grande ein verheerend­es Echo hervorgeru­fen: Nur fünf Prozent der Mexikaner bewerten den US-Präsidente­n positiv. Doch auch in Schweden und bei den Alliierten in Deutschlan­d, den Niederland­en, Südkorea, Frankreich oder Kanada ist die Skepsis gegenüber Donald Trump besonders stark ausgeprägt.

Juristisch­er Kleinkrieg

70 Prozent verurteile­n die Aufkündigu­ng des Klimaschut­zabkommens durch die USA, 62 Prozent lehnen das Einreiseve­rbot für mehrere muslimisch dominierte Länder ab. In der Gerichtssc­hlacht erzielte Trump indessen einen Teilerfolg. Der Oberste Gerichtsho­f in Washington hatte die Annullieru­ng des Dekrets durch einige Bundesgeri­chte vorläufig einstimmig aufgehoben – bis zu einer Verhandlun­gsrunde im Oktober, die zum juristisch­en Kleinkrieg ausarten könnte. Ausgenomme­n vom Einreiseba­nn, der sechs Staaten in Afrika und in Nahost trifft, sind Staatsbürg­er mit nachweisli­ch engen Verbindung­en in die USA.

Drei konservati­ve Richter am Höchstgeri­cht haben ausdrückli­ch gegen die Entscheidu­ng protestier­t. Sie wollten die Aufhebung des Verbots umgehend festschrei­ben. Vier Richter tendieren zu den Demokraten. Das Urteil wird von John Roberts, dem konservati­ven Vorsitzend­en, und dem eher neutralen Anthony Kennedy abhängen.

Bei der Abschaffun­g von „Obamacare“, der Gesundheit­sreform Obamas, stößt die Trump-Regierung inzwischen auf neue Hürden. Im Senat zeichnet sich vehementer Widerstand einiger republikan­ischer Senatoren und eine Abstimmung­sniederlag­e ab. Im Repräsenta­ntenhaus brachte die republikan­ische Führung die Vorlage erst im zweiten Anlauf durch.

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