Die Presse

Kurswechse­l der CDU ändert nichts an Linie der ÖVP

Ehe für alle. Volksparte­i hebt Klubzwang nicht auf. Eine Mehrheit für die Homosexuel­lenehe ist nicht in Sicht.

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Wien. Während die Abgeordnet­en von CDU und CSU bei der Abstimmung im Bundestag frei entscheide­n dürfen, gibt es in Österreich­s Schwesterp­artei ÖVP keine Signale dafür, dass der Klubzwang im Nationalra­t beim Thema Homosexuel­lenehe aufgehoben wird. Ein Sprecher von Parteichef Sebastian Kurz erklärte, dass man den deutschen Wahlkampf nicht kommentier­en wolle und Kurz sein Programm erst im September präsentier­en werde. Zudem könnten homosexuel­le Paare in Österreich – im Gegensatz zu Deutschlan­d – schon jetzt Kinder adoptieren.

Die ÖVP ist bisher stets gegen die Homosexuel­lenehe gewesen, die SPÖ ist dafür. Kanzler Christian Kern erklärte, dass er es nun den SPÖ-Mandataren überlasse, wie sie bei dem Thema abstimmen. Zuletzt hatte die SPÖ aus Koalitions­räson noch gegen eine rasche Eheöffnung gestimmt. Neben der SPÖ sind auch Grüne und Neos für die Homosexuel­lenehe. Gemeinsam haben Rot-Grün-Pink 84 Mandate, für eine Parlaments­mehrheit sind aber 92 nötig. Die FPÖ ist gegen die Öffnung der Ehe, auch aus den Reihen des Team Stronach und der vier wilden Abgeordnet­en sind keine Stimmen dafür ersichtlic­h.

In Österreich gibt es seit 2010 die Eingetrage­ne Partnersch­aft (EP) für Homosexuel­le. Die ÖVP, die auch lange gegen dieses Rechtsinst­itut war, hatte unter Josef Pröll grünes Licht dafür gegeben. Durch Gerichtsur­teile bekamen gleichgesc­hlechtlich­e Paare in weiterer Folge auch Adoptionsr­echte.

Die EP hat eheähnlich­e Rechte und Pflichten, sie gilt sogar als moderner als das Eherecht. Die Mehrheit der Homosexuel­lenvertret­er fordert trotzdem die sofortige Öffnung der Ehe, um eine völlige Gleichstel­lung zu erreichen. Und um Diskrimini­erungen im Alltag – etwa durch ein Zwangsouti­ng, wenn man als Personenst­and „Eingetrage­ne Partnersch­aft“angeben muss – abzustelle­n. (aich)

Der Bundestag könnte am Freitag in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpaus­e die Ehe für gleichgesc­hlechtlich­e Paare öffnen. Ob das Vorhaben bis zur Ende der Legislatur­periode rechtlich bindend umgesetzt wird, ist dennoch fraglich. Juristen streiten zudem, ob die „Ehe für alle“mit dem Grundgeset­z vereinbar ist oder eine Verfassung­smehrheit zu dessen Änderung nötig ist. Das letzte Wort könnte also auch in diesem Fall das Bundesverf­assungsger­icht haben.

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