Die Logik grüner Kandidaten-Auswahl
Nationalrat. Nicht nur Peter Pilz, auch andere Langzeit-Mandatare schafften es auf keinen Listenplatz. Steckt eine Seilschaft dahinter, oder ist es ein logischer Generationenwechsel?
Wien. Die Wahl um den vierten Listenplatz auf der grünen Bundesliste zu verlieren, war für Peter Pilz wohl schon schmerzhaft genug. Die Wahl um den vierten Listenplatz aber ausgerechnet gegen Julian Schmid zu verlieren, muss besonders bitter gewesen sein: Denn der 28-Jährige Jugendsprecher ist so etwas wie die menschliche Antipode zu dem 63-jährigen Langzeitabgeordneten.
Schmid und Pilz, das sind zwei Persönlichkeiten, zwei politische Stile – beide nicht illegitim. Schmid hat vor allem ein Talent: Er weiß, wie man seine Zielgruppe – die Jugend – erreicht. Und um Aufmerksamkeit zu bekommen, sind ihm viele Mittel recht, die andere Grüne nicht anwenden würden. Auf Plakaten ließ er sich immerhin schon mit Kussmündern fotografieren. Aber man muss auch anmerken: Seine Arbeit ist nicht unerfolgreich. Eine Fanbase unter jungen GrünSympathisanten hat er sich schon aufgebaut.
Inszenierung ist aber auch Pilz nicht fremd, im Gegenteil. Das grü- ne Gründungsmitglied lebt politisch davon, dass er mit seinen Aufdeckergeschichten (manche mehr, manche weniger erfolgreich) und kritischen Aussagen in den Medien unterkommt. Auch auf Kosten der Grünen. Nicht nur bei der Parteispitze, auch in Teilen der Basis war Pilz daher nicht immer gut angeschrieben. Nach über 30 Jahren verlässt er nun das Parlament.
Und Pilz ist nicht der einzige: Auch der Budgetsprecher Bruno Rossmann und Kultursprecher Wolfgang Zinggl scheiterten an der Listenwahl. In Oberösterreich landete Gabriela Moser auf Platz drei der Landesliste – damit ist der Einzug nicht gesichert.
Kritische Geister
Was die Personen eint – das sagen auch Grüne – ist, dass sie zu den kritischeren Geistern in der Partei gehört haben bzw. gehören. Steckt dahinter also System oder doch einfach nur Zufall?
Die Frage lässt sich nicht einfach beantworten – vor allem, was die Person Pilz anbelangt. „Zum Teil gibt es schon einen großen Wunsch nach einem Generatio- nenwechsel“, heißt es aus der Partei. Darauf ließen sich die Ergebnisse der Listenwahlen aber nicht allein zurückführen. Grüne Kongresse seien eben eine eigene Welt mit einer eigenen Dynamik. Hier würden viele Dinge mit hineinspielen. Bei Moser sei es zum Beispiel so, dass sie in Österreich vergleichsweise wenig präsent gewesen sei. Das habe das Ergebnis beeinflusst.
„Haben sich erpresst gefühlt“
Und Pilz? Zum einen habe er hoch gepokert, sagt eine Grün-Politikerin. Auf dem Bundeskongress zu sagen, er kandidiere nur für den vierten Platz, „ist alles andere als gut angekommen“. Nachsatz: „Da haben sich einige erpresst gefühlt.“Wäre Pilz für einen anderen Listenplatz angetreten, hätte er ihn auch bekommen.
Das glaubt auch der Abgeordnete Werner Kogler: „Delegierte sind nicht steuerbar, ich vermute keine große Intrige dahinter.“Man stelle sich als Außenstehender die Dynamik eines Bundeskongresses oft zu einfach vor. Vieles werde im Moment entschieden.
Der ehemalige Bundesrat Efgani Dönmez sieht es etwas anders – und zwar aus eigener Erfahrung. Auch er sorgte mit seinen Aussagen (zum Beispiel zu einem OneWay-Ticket für Erdogan-Unterstützer) parteiintern immer wieder für Aufregung und erhielt schließlich kein Mandat mehr. „Pilz ist von der Persönlichkeit her schwierig, er hat aber viel gearbeitet und aufgedeckt“, sagt er. Es sei schon zu beobachten, dass „Kritikern eher Steine in den Weg gelegt werden“. Es sei also kein Zufall, wer es auf die Liste falle. „Es steckt schon auch System dahinter.“
Keine „Frauenseilschaft“
Wenn man zu ergründen versucht, wer dieses System sein könnte, fallen Namen wie Wien und Niederösterreich. Pilz’ habe sich gegen das Heumarktprojekt engagiert, das habe ihm geschadet. Und der Geschäftsführer des Grünen Klubs, Dieter Brosz, versuche im Parlament ebenfalls die Fäden zu ziehen. Eine „Frauenseilschaft“, wie kolportiert, gebe es jedenfalls nicht. „Das ist wirklich ein Gerücht.“