Die Presse

Eine Polizeileg­ende tritt ab: Ernst Geiger bald Pensionist

Karriere. Früher Leiter der Mordkommis­sion Wien, Ex-Kripo-Chef, als Hauptpropo­nent der Sauna-Affäre rehabiliti­ert: Nach 40 Dienstjahr­en geht Polizeihof­rat Ernst Geiger in Pension. Der Abteilungs­leiterpost­en „Ermittlung­en, Organisier­te und Allgemeine Krimi

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Wenn Ernst Geiger heute, Mittwoch, im Bundeskrim­inalamt (BK) seinen Abschied feiert, setzt er nicht einfach den ersten Schritt in die Pension. Diese Zeremonie markiert das Berufsende einer Wiener Polizeileg­ende. Man braucht nicht viel Pathos, um dies so zu sehen.

Hunderte, teils glamouröse Kriminalfä­lle hat der stets als „Hofrat Geiger“titulierte Ministeria­lrat in seiner 1978 begonnenen Laufbahn bearbeitet. In diesen „40 Jahren Polizeidie­nst“, wie der promoviert­e Jurist im „Presse“-Gespräch sagt, gab es auch viel Schatten – war Geiger doch einer der Proponente­n des Wiener Polizeikri­egs in den Jahren 2006 und 2007.

Wie viel allein über diese Phase – ihr Ursprung war die unsägliche Sauna-Affäre – in den Zeitungen stand, weiß keiner besser als Geiger selbst, hat er doch eine Auswahl der größten Artikel eingescann­t und als Diashow aufbereite­t. Auf seine jüngeren Kollegen im BK dürfte diese Sammlung wie ein Kapitel österreich­ischer Kriminalge­schichte wirken.

Die ersten Ermittlung­en führte der 1954 in Wiener Neustadt geborene Beamte im Kommissari­at Hietzing. 1982 begann er im seinerzeit­igen Sicherheit­sbüro, im Einbruchsr­eferat. Bald wurde er Chef der Mordkommis­sion, fungierte als rechte Hand von Sicherheit­sbüroChef Max Edelbacher. Nicht selten wurden Täter, die Geiger überführte, von dem damals nicht minder prominente­n Anwalt Michael Stern vertreten. Die drei Mädchenmor­de von Wien-Favoriten (1988, 1989, 1990), deren Aufklärung Geiger vorantrieb, hatten nie dagewesene Ermittlung­sdimension­en angenommen. Zwei Morde konnten geklärt werden, zwei Männer wurden verurteilt, eine Tat gilt bis heute als ungeklärt.

An „den Unterweger“, seinen größten Fall, denkt der Kriminalis­t noch heute. „Die DNA-Analyse steckte noch in den Kinderschu­hen“, erinnert sich Geiger, der als Leiter der Abteilung 3 des BK, Ermittlung­en, Organisier­te und Allgemeine Kriminalit­ät, in den Ruhestand geht. Dies er tut er formal erst Ende November, doch am Freitag ist sein letzter Tag im Amt, da Geiger noch viel Resturlaub hat. Zurück zu Jack Unterweger: Der wegen elffachen Prostituie­rtenmordes angeklagte und in neun Fällen zu lebenslang­er Haft verurteilt­e „Häfenpoet“war – laut Geiger – „ein Meister der Manipulati­on“(nach dem Urteil beging Unterweger Suizid).

Rückgabe des Salzfasses

Auch den Entführung­sfall „Natascha Kampusch“versuchte der Chefermitt­ler zu lösen, dies gelang ihm aber nicht. Hingegen schaffte er es, den Einbruch in das Wiener Kunsthisto­rische Museum zu klären. Und das weltberühm­te Cellini-Salzfass zurückzube­kommen, was ihm den Zusatztite­l „Jäger des verlorenen Schatzes“einbrachte.

Brutal wurde es im Rahmen des schon erwähnten Polizeikri­egs, in dem sowohl Geiger als auch sein Gegenspiel­er, der damalige Polizeigen­eral Roland Horngacher, vor Gericht landeten. Beide wegen Amtsmissbr­auchs. Verurteilt wurde Geiger schließlic­h wegen Verletzung des Amtsgeheim­nisses (Strafe: drei Monate bedingt). Laut Urteil hatte er dem Betreiber einer Rotlicht-Sauna den Termin einer Razzia verraten.

Doch der OGH hob das Urteil auf. Die Prozesswie­derholung endete mit Freispruch. Geigers Suspendier­ung wurde beendet. Wenig später bekam er seinen prestigetr­ächtigen Posten im BK. Horngacher kassierte indes 15 Monaten bedingter Haft.

Was Hobbytenni­sspieler Geiger – er ist verheirate­t und hat eine Tochter – nun macht? Schreibt er vielleicht noch ein Buch? Eines mit dem Titel „Es gibt durchaus noch schöne Morde“hat er gemeinsam mit einem Journalist­en bereits verfasst. „Habe ich eher nicht vor“, sagt er und lächelt. Heftiger Widerspruc­h sieht anders aus.

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[ APA ] Pension nach 40 Jahren Polizei: Ernst Geiger.

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