„Hohe Durchfallsquoten sind kein Einzelfall“
Neue ÖH-Spitze. Die neue Hoch schüler schafts vorsitzende J oh annaZechme ist er(FLÖ)i st von der Weiterführung der linken Koalition selbst überrascht. Sollte es Streiter ei eng eben ,„ dann gehen wir “, sagt sie in Richtung ihrer Koalitionspartner.
Die Presse: Sie stehen als neue ÖH-Vorsitzende nun einer linken Koalition vor. Das dürfte nicht Ihre persönliche Lieblingskoalit ions variante gewesen sein. Wie unglücklich sind Sie als Spitzenkandidat in der Fachschaftlisten (FLÖ) nun auf einer Skala von eins bis zehn, wo eins kaum und zehn unheimlich unglücklich ist? Johanna Zechmeister: Das ist schwer auf einer Skala auszudrücken. Aber wohl am ehesten zwischen zwei und drei. Es hat mich kurz selbst überrascht, dass wir uns als unabhängige Fachschaftliste doch wieder für eine linke Koalition entschieden haben. Aber ich kann mich immer besser damit anfreunden. Nicht zuletzt aufgrund von Gesprächen mit meinen zukünftigen Stellvertreterinnen.
Stimmt es, dass Sie vor allem deshalb gegen die Weiterführung der linken Koalition waren, weil Sie nicht mehr mit den grünen Studierenden der Gras zusammenarbeiten wollten? An diesen Gerüchten ist etwas Wahres dran. Die Zusammenarbeit in der linken Koalition hat lange gut funktioniert. Aber besonders im letzten Jahr sind einige Fehler passiert. Das hat für viele Mitglieder einiger Unigruppen gegen eine linke Koalition gesprochen. Aber das ist auch schon das Einzige.
Was macht es mit der Gras so schwierig? Die Entscheidungsfindung in der Dreierkoalition ist mit der Gras eine schwierige. Es muss alles basisdemokratisch und konsensual in den fraktionsinternen Gremien rückgesprochen werden. Das soll sich bessern.
Ihre Fraktion, die FLÖ, wollte eigentlich mit der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft (AG) koalieren. Im letzten Moment sind sie umgeschwenkt. Angeblich, weil Ihnen die roten Studenten des VSStÖ gedroht haben, dass sie dann noch weitere Details zu dem Antisemitismus-Skandal, für den die AG am Juridicum sorgte, veröffentlichen werden. Stimmt das? Es war nicht direkt vom VSStÖ. Aber es gab schon Gerüchte, dass es neue Informationen zum AG-Skandal gibt. Für uns als FLÖ war klar, dass wir nur dann mit der AG koalieren, wenn alle am Skandal Beteiligten aus der AG ausgeschlossen werden. Da hat es zuletzt aber Anhaltspunkte gegeben, die uns daran zweifeln lassen.
Der AG-Skandal war also ausschlaggebend dafür, dass es nun neuerlich eine linke Koalition gibt? Das war schon ein Mitgrund. Außerdem wäre eine AG-FLÖ-Koalition eine Minderheitenvariante, die von den Junos gestützt worden wäre, gewesen. Und eine Mehrheit ist immer besser als eine Minderheit.
Sie haben gesagt, Sie können sich immer besser mit der linken Koalition anfreunden. Angeblich sollen Sie ob Ihrer Enttäu- schung aber damit geliebäugelt haben, den ÖH-Vorsitz bereits im Herbst wieder abzugeben. Ist auch da etwas dran? Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich nur ein Jahr lang Hochschulpolitik betreiben möchte, weil ich mein Medizinstudium fast abgeschlossen haben und merke, dass mir die Klinik fehlt. Und ich habe auch immer gesagt, dass es den Leuten meiner Fraktion in der Koalition gut gehen muss. Das heißt: Wenn unüberwindbare Streitereien auftreten, dann gehen wir. Sollte die Zusammenarbeit also aus irgendwelchen Gründen doch nicht funktionieren, dann müssen die Konsequenzen gezogen werden.
Das heißt, es ist nicht sicher, ob die ÖHVorsitzende jetzt ein Jahr lang Johanna Zechmeister heißt? Wenn es gar nicht funktioniert, dann nicht.
Zum Inhalt. Woran werden die Studenten merken, dass eine neue Phase an der ÖHSpitze angebrochen ist? Es kommen viele neue Projekte. Wir werden 500.000 Euro aus den Rücklagen auflösen und für Fachhochschulklagen zur Verfügung stellen. Damit sollen FH-Studenten bei etwaigen Klagen unterstützt werden. Außerdem wird es einen bildungspolitischen Schwerpunkt geben. Der Regierung soll gezeigt werden, dass es auch andere Methoden als Studienplatzfinanzierung, Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren gibt, um einen guten Hochschulsektor zu haben.
An der Technischen Uni (TU) Wien hat die ÖH kürzlich mit einem Schreiben für Aufsehen gesorgt. Demnach soll es bei di- versen Prüfungen in Mechanik Durchfallsquoten von bis zu 97 Prozent geben. Ist das ein Einzelfall? Das ist leider kein Einzelfall. Solche schwierigen und in Wirklichkeit unfairen Prüfungen gibt es leider an sehr vielen Hochschulen. Bei einer Durchfallsquote von 97 Prozent brauche ich über die Schuld der Studierenden jedenfalls nicht mehr reden. Da sehe ich die Verantwortung bei den Lehrenden. Man muss schon fragen: Was passiert in den Lehrveranstaltungen? Wie wird das Wissen vermittelt? Die Unis sind ja dazu da, den Studierenden etwas beizubringen und nicht, sie vor eine unschaffbare Prüfung zu stellen.
Die Regierung wollte in dieser Legislaturperiode eigentlich die Studienplatzfinanzierung – und damit neue Zugangsbeschränkungen an den Unis – beschließen. Derzeit sieht es zwar nicht danach aus, dass es vor der Wahl dazu kommt. Falls doch: Wie würde die ÖH darauf regieren? Nicht positiv. Wir sprechen uns in der neuen Koalition wieder klar gegen Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren aus.
Wie würde sich die ÖH wehren? Könnte es wieder große Proteste, wie damals bei UniBrennt, geben? Ja, ich halte das schon für möglich.
Das klingt nach einem lauten Auftreten. Haben Sie vor, etwas lauter als Ihre Vorgängerinnen und Vorgänger, die öffentlich auffallend ruhig waren, zu sein? Für die ÖH möchte ich schon lauter auftreten. Deshalb legen wir in den kommenden zwei Jahren auch einen Schwerpunkt auf die Öffentlichkeitskampagne. Damit wir von den Studierenden und der Öffentlichkeit wieder wahrgenommen werden.