Die Presse

„ Ja, ich tanze selber auch“

Interview. 2018 feiert der Tänzer und Choreograf Vladimir Malakhov seinen 50er. Er weiß, wie schwer der Bühnenabsc­hied fällt – und will Kollegen beim berufliche­n Umstieg helfen.

- VON ISABELLA WALLNÖFER

Im Juni 2014 hat Vladimir Malakhov als Tänzer und Ballettdir­ektor des Staatsball­etts in Berlin seine Abschiedsv­orstellung gegeben. „Ich habe mein ganzes Leben dem Tanz gewidmet“, erzählt er der „Presse“: „Und plötzlich fragte ich mich: Was kommt jetzt? Nach diesen vielen Jahren auf der Bühne hat es mich deprimiert, als dieses Sehen und Gesehenwer­den plötzlich nicht mehr da war. Erst jetzt klettere ich langsam aus diesem Loch.“

Der Fall war nicht allzu tief, Malakhov tourt durch die Welt, um als Juror, Choreograf und Experte zu fungieren. Und er tanzt noch immer. „Ich halte meinen Körper fit. Natürlich kann ich nicht mehr so springen wie vor 15, 20 Jahren. Aber ich freue mich, wenn sich die Leute noch für mich interessie­ren und mit mir arbeiten wollen. Ich erwarte dabei nicht, in der ersten Reihe zu stehen – das bin ich über viele Jahre. Jetzt sind die anderen dran.“

2018 wieder ein Auftritt in Wien

Derzeit sei er froh, keine Compagnie zu leiten. „Das ist große Verantwort­ung und viel Stress. Im Moment will ich frei sein“– und er könne sich aussuchen, was er tun will: Ein Wettbewerb in Moskau, eine „Schwanense­e“-Produktion in Zagreb und China, ein Stück für die Kiewer Ballettsch­ule und im Juli tanzt er ein für ihn choreograf­iertes Stück in Japan. Wien liegt ihm aber besonders am Herzen und ist ihm zur zweiten Heimat geworden. Deshalb will er hier 2018 seinen 50. Geburtstag im Rahmen einer Ballettgal­a feiern, die „Malakhov und Friends“bestreiten: „Ja, ich tanze selber auch“, verspricht er. Dazu will er internatio­nale Kollegen auf die Bühne bitten und jungen Tänzern und Choreograf­en eine Chance bieten. An Termin und Details wird noch gearbeitet. Das Zurückschr­auben des Tanzpensum­s hat jedenfalls Vorteile, erzählt er. Zum Beispiel tue ihm nicht mehr ständig etwas weh: „Als ich noch getanzt habe, hatte ich ständig Schmerzen. Aber das war mir egal. Jetzt ist es besser, ein Auf und Ab.“Nicht alle Kollegen haben nach der aktiven Karriere das Glück, so gefragt zu sein wie Malakhov. Das ist dem vor allem auch in Wien umjubelten Publikumsl­iebling völlig klar: „Eine Tänzerkarr­iere ist sehr kurz, dauert vielleicht 20 Jahre. Aber viele denken nicht darüber nach, bevor es zu spät ist.“Und das kann schnell gehen. Eine Verletzung, die Schmerzen, ein Intendante­nwechsel – schon muss man sich um einen neuen Job umschauen, nicht selten in einer anderen Branche. Meist sind die Betroffene­n dann aber über 30 oder 40 – und haben ohne Zusatzausb­ildung einen schweren Stand am Arbeitsmar­kt. Deshalb hat sich Malakhov auch als Schirmherr einer Initiative des Badener Ballettche­fs Michael Kropf anwerben lassen.

Umschulung auf neue Berufe fördern

Die beiden wollen eine Non-Profit Organisati­on gründen, die Tänzern eine Umschulung und den Übertritt in ein neues Berufslebe­n erleichter­t, ja sogar schmackhaf­t macht. Denn ohne Perspektiv­e würden manche über ihren Zenit hinaus bleiben und so verhindern, dass junge, bessere Tänzer nachkommen. „Wir wollen, dass die Qualität der Tanzensemb­les auf höchstmögl­ichem Niveau bleibt“, sagt Malakhov. Die Idee für eine Lösung ist da. „Jetzt brauchen wir aber noch Verbündete und Unterstütz­er.“

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[ leadersnet.at/Mikkelsen ] „Ich halte meinen Körper fit“: Vladimir Malakhov im Gespräch mit der „Presse“.

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