Ernsthafter, radikaler Denker der Condition humaine
Zum 75. Geburtstag des Wiener Philosophen Peter Kampits.
Sein Geburtsjahr war auch das des Existenzialismus, dessen Lehren er sein Leben widmen sollte. Denn genau zur gleichen Zeit, als Peter Kampits in der damaligen Gauhauptstadt Wien geboren wurde, erschienen im nazibesetzten Paris „Le Mythe de Sisyphe“und „L’Etranger“von Camus, nur wenig später Sartres „Les Mouches“und L’Etre et le Neant“,´ das Hauptwerk des Existenzialismus – Bücher, welche die intellektuelle Atmosphäre nach der Befreiung von der Pest in einem Maße bestimmen sollten, das heute kaum mehr vorstellbar ist. In seinem theoretischen Kern als Existenzphilosophie eine streng phänomenologische Ontologie, war der Existenzialismus unendlich viel mehr als eine fachphilosophische Schule: Er war ein Fanal der Freiheit und der transzendentalen Sinnlosigkeit zugleich und prägte so als Ausdruck einer Epoche das heroisch-resignative Lebensgefühl einer ganzen Generation, die nach dem Krieg heranwuchs – unserer Generation.
Gegen postmoderne Beliebigkeit
Für viele blieb es freilich bei einer Mode, die Anfang der Sechzigerjahre vorbei war. Was dann kam, war der Pop. Für Kampits aber wurde diese Philosophie zum Schicksal, sie formte sein Leben, sein Wirken. Gerade als nach der Wiederaufbauperiode das existenzialistische Fieber erloschen und der Mangel überwunden war (Camus war schon tot, und Sartre sagte damals selbst: „Ich bin ein ,Has-been‘“), sich in der saturierten akademischen Szene die Seinslauscherei spätheideggerscher Fundamentalontologie, Frankfurter Rokokomarxismus, Transzendentalpragmatik, Strukturalismus, Dekonstruktivismus und neopositivistische Flohknackereien in kurzlebigen Konjunkturen einander abzulösen begannen und so das Feld für die heutige postmoderne Beliebigkeit und Vertalkung der Philosophie bereiteten, begann er seine publizistische und universitäre Lehrtätigkeit als Existenzphilosoph. Als radikaler Denker der Condition humaine hält er bis heute an den klassischen Motiven des frühen Existenzialismus fest: dem Dasein im Absurden und dem moralischen Engagement ohne erschlichene ethische Fundierung. Mit diesem philosophischen Ernst wurde er immer mehr zu einer akademischen Ausnahmeerscheinung. Seine Schüler werden es ihm danken. Heute, am 28. Juni, wird Peter Kampits 75 Jahre alt.