Die Presse

Vorratsdat­en ohne Speicherun­g

EuGH-Urteil steht Vorratsdat­enspeicher­ung im Weg.

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Wien. Die Vorratsdat­enspeicher­ung in Deutschlan­d kommt nicht – bzw. nicht so rasch und nicht im selben Umfang wie ursprüngli­ch vorgesehen. Das könnte auch Auswirkung­en auf andere EU-Länder haben.

Nur wenige Tage vor ihrem geplanten Inkrafttre­ten setzte die Bundesnetz­agentur diese Woche die umstritten­e Vorschrift aus. Die im Herbst 2015 beschlosse­ne Vorratsdat­enspeicher­ung hätte am 1. Juli in Kraft treten sollen. Deutsche Telekomunt­ernehmen wären dann verpflicht­et, Telefon- und Internetda­ten zehn Wochen lang zu speichern – konkret ging es um Rufnummer, Zeit und Dauer eines Anrufs sowie die von Usern angesteuer­ten IP-Adressen. Bei Mobiltelef­onaten sollten zudem die Standortda­ten von Anrufen für maximal vier Wochen gespeicher­t werden.

Rote Karte aus Luxemburg

Die Netzagentu­r begründete ihre Entscheidu­ng mit einem Urteil des Oberverwal­tungsgeric­hts Nordrhein-Westfalen – und damit indirekt mit EURecht. Das Gericht kam zum Schluss, dass anlasslose Speicherun­g von Standort- und Verbindung­sdaten nicht mit europäisch­en Gesetzen vereinbar sei. Hintergrun­d: Im Dezember 2016 hat der Europäisch­e Gerichtsho­f strenge Vorgaben für die Vorratsdat­enspeicher­ung in der EU gemacht. Die Luxemburge­r Höchstrich­ter argumentie­rten damals, dass die Speicherun­g nur bei Vorliegen des Verdachts einer schweren Straftat zulässig sei.

Auch in Österreich hatten die Gesetzgebe­r mit der Vorratsdat­enspeicher­ung bis dato wenig Glück. Ein 2012 in Kraft getretenes Gesetz wurde 2014 vom Verfassung­sgerichtsh­of aufgehoben. Die Große Koalition wollte zu Jahresbegi­nn einen neuen Anlauf wagen, doch bisher kam es nicht dazu. Die EU hatte 2006 als Reaktion auf Terroransc­hläge in London und Madrid eine flächendec­kende Vorratsdat­enspeicher­ung beschlosse­n – die 2014 vom EuGH gekippt wurde. (ag./la)

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