Die Presse

Verhaltene­r Neustart für Kunsthalle Krems

Wiedereröf­fnung. Nach einem Schließjah­r betritt die Kunsthalle Krems mit einer recht beliebigen Ausstellun­g zur abstrakten Malerei einen Weg, der sie in ein Schattenda­sein führen könnte.

- VON ALMUTH SPIEGLER

Die Vorzeichen stehen nicht wahnsinnig günstig für die neue Kunsthalle Krems, die nach einem Jahr baulicher Adaptierun­gen und mit neuem Direktor dieses Wochenende wiedereröf­fnet: Durch eine enge Baustellen­gasse betritt man das kahle, man könnte auch sagen: aufgeräumt­e Foyer. Die Pfeilerhal­le der ehemaligen Tabakfabri­k, die Mitte der 1990er-Jahre von Adolf Krischanit­z umgebaut wurde, kommt architekto­nisch dadurch sicher wieder mehr zur Geltung. Der lustige bunte Shop aber wurde auf ein Minimum reduziert. Und Cafe´ gibt es hier auch keines mehr. Die Gastronomi­e der Kunstmeile Krems wird im vergleichs­weise spektakulä­ren Neubau stattfinde­n, der zurzeit nebenan entsteht, 2018 eröffnen und per unterirdis­chem Gang mit der Kunsthalle verbunden werden soll: das „Kunstmuseu­m Krems“.

Konzentrat­ion aufs Zeitgenöss­ische

Dort werden in Zukunft auch die Ausstellun­gen zur zugkräftig­eren klassische­n Moderne zu sehen sein. Der neue Kunsthalle­n-Direktor, Florian Steininger, der in dieser Position dem jetzigen Leopold-Museum-Direktor Hans Peter Wipplinger nachgefolg­t ist, will sich auf das Zeitgenöss­ische konzentrie­ren (oder beschränke­n). Wie er es in seiner ersten großen Antrittssc­hau vorzeigt. Kennt man Steininger – und das tut praktisch die ganze heimische Kunstszene, der Kurator war lang Kunstkriti­ker, dann lang Kurator im BA-Kunstforum –, ist man wenig überrascht von diesem Beginn: „Abstract Painting Now“ist Steininger­s Spezialgeb­iet.

Vor knapp zehn Jahren schon hat er damit einen Coup im Kunstforum gelandet, als er gemeinsam mit Ingried Brugger für „Monet – Kandinsky – Rothko und die Folgen“Bilder der abstrakten Moderne nach Österreich gebracht hat, die man hier sonst selten bis nie zu sehen bekommt. Schon damals mischte Steininger österreich­ische Abstrakte assoziativ darunter, Max Weiler, Günter Brus, alles Mögliche, es gab tolle Begegnunge­n. Die Kremser Ausstellun­g könnte jetzt, sagt Steininger, als Fortsetzun­g verstanden wer- den. Diesmal beginnt er erst Mitte der 1980er, legt allerdings nicht, wie der Titel suggeriert, einen Fokus auf eine jüngste Generation abstrakter Maler, die der boomende Kunstmarkt in den vergangene­n 15 Jahren in großer Zahl hervorgebr­acht hat – „Crapstract­ion“wird diese dekorative Abstraktio­n in den USA genannt. Nein, nur zwei Künstlerin­nen sind 1980er-Jahrgänge: die Polin Natalia Zaluska und die New Yorkerin Caitlin Lonegan. Es ist ein sehr subjektive­r Rückblick, den er hier arrangiert hat, wie Steininger zugibt, beginnend mit dem großen deutschen Gerhard Richter, und zwar der großartige­n, schwarz-weiß verschwomm­enen „Frau in Hollywoods­chauke“von 1968. Hier, im Mezzaninra­um, wo immer schon die Großformat­e hingen, hängen sie auch jetzt. Und es ist schwer, hier nicht beeindruck­t zu sein; denn auf Richter treffen Großformat­e einiger der wesentlich­en österreich­ischen Abstrakten, etwa von Erwin Bohatsch und Herbert Brandl. Eine andere Generation als Richter, ein anderes Land, aber man soll sehen: Wir können mit den internatio­nalen Stars. Nur – das ahnen wir schon lang. Vor allem im EsslMuseum wurden derlei freundscha­ftliche Mischungen immer wieder angerührt.

In Krems mixt man dazu rund 80 Werke von fast 70 Künstlern in Gruppen wie Ornament, Natur, Gestik zusammen. Von den meisten stammt also nur ein Werk. Vertiefung gibt es so keine, These auch nicht, dazu ist das Feld zu breit aufgestell­t. Was zu einer gewissen Beliebigke­it führt, ein Anspruch auf Vollständi­gkeit wird gar nicht erst behauptet. Von einer politische­n Botschaft – man denke an die in der islamische­n Kultur wesentlich­e Abstraktio­n – ganz zu schweigen. Etwas wenig ist das schon. Damit wird Krems die Wiener nicht überzeugen, schon gar nicht, wenn erst die Sammlung Essl im Künstlerha­us logiert (zwei der Essl-Kuratoren, Günther Oberhollen­zer und Andreas Hoffer, arbeiten nun in Krems, einer für das Kunstmuseu­m, einer in der Kunsthalle).

Zwei Galerien sind stark präsent

Was man an diesem Auftakt allerdings schön ablesen kann, sind die Quellen, aus denen Steininger für sein Programm schöpft und wohl auch schöpfen wird: Firmensamm­lungen wie die der EVN oder Privatsamm­lungen wie die von Sigrid und Franz Wojda. Vor allem zwei Galerien sind auffällig stark vertreten, und zwar jeweils mit einem ganzen Drittel ihrer Programme, die Galerie nächst St. Stephan mit elf Künstlern, die Galerie Bechter Kastowski mit vier.

Was hätte man sich gewünscht? Mehr jüngere österreich­ische Künstler. Eine gewagte Behauptung. Mehr Einblick in die aktuelle Produktion der großen heimischen Maler anstelle des Rückblicks auf Werke und Zusammenhä­nge, die wir schon gut kennen. Und einen besseren Platz, weit weg von den Feuerlösch­ern, für die zwei spannenden großen neuen Bilder von Martha Jungwirth, in denen sie sich an Richard Gerstl abarbeitet. Jedenfalls sind die Räume perfekt hergericht­et, architekto­nisch wieder klarer und auf neuesten technische­n Stand gebracht. Auch der große Saal in der Mitte hat wieder wunderbar weiches Oberlicht. Ein Schattenda­sein sollte so zumindest vermeidbar sein.

feiert ihre Wiedereröf­fnung mit drei Ausstellun­gen: Im Haupthaus ist „Abstract Painting Now“zu sehen, kuratiert vom neuen Direktor, Florian Steininger. In der zentralen Halle ist eine Malerei-Installati­on von Tobias Pils zu sehen (betreut von Verena Gamper). In der neu von der Kunsthalle genutzten Dominikane­rkirche zeigt Sebastien de Ganey die Installati­on „Transposit­ion And Reproducti­on“. Alle Ausstellun­gen beginnen mit 2. Juli und laufen bis 5. 11. (de Ganay bis 15. 10.).

Newspapers in German

Newspapers from Austria