Die Presse

Frauenpowe­r im Rhythmus des Ländlers

Festival Traisental. Komponisti­n Johanna Doderer im Gespräch über aparte Programmid­een bei einem niederöste­rreichisch­en Festival, die Bedeutung kleiner Formen für die Oper und das Kraftpoten­zial der Volksmusik.

- VON WILHELM SINKOVICZ

Komponisti­n Johanna Doderer im Gespräch mit Wilhelm Sinkovicz über aparte Programmid­een, die Oper und die Kraft der Volksmusik.

Bücher von Peter Turrini habe ich bereits in jungen Jahren gelesen“, sagt Komponisti­n Johanna Doderer und freut sich auf ein gemeinsame­s Projekt mit dem Schriftste­ller: „Als vor einem Jahr der Intendant des Münchner Gärtnerpla­tztheaters, Josef Ernst Köpplinger, mich fragte, ob ich mir eine Oper mit einem Text von Peter Turrini vorstellen könnte, war ich mehr als begeistert. Inzwischen verbindet mich mit Peter Turrini ein wunderbare­r Dialog.“

Libretto und Partitur sind im Entstehen. Einen Uraufführu­ngstermin im Staatsthea­ter am Gärtnerpla­tz München gibt es schon: Die Novität ist für die Saison 2019/2020 fix eingeplant. Österreich­ische Musikfreun­de können das literarisc­h-musikalisc­he Gespann schon im heurigen Sommer erleben. Denn beim apart programmie­rten Festival im Traisental kommt es zu einer Begegnung Doderer/Turrini – unter höchst ungewöhnli­chen Umständen.

Schauplatz ist Schloss Walpersdor­f, Zentrum der musikalisc­hen Programme des Kulturfest­es Traisental. Am Samstag, dem 22. Juli, moderiert Otto Brusatti live von dort den „Ö1-Klassik-Treffpunkt“(10 Uhr) sowie ab 18 Uhr einen literarisc­h-musikalisc­hen Abend mit dem Auner Quartett, dem Klavierduo Önder und anderen: Turrini wird lesen, Doderer neue Kompositio­nen vorstellen.

Musiktheat­er im Kleinforma­t

Doderer schwärmt vom Sommerfris­che-Ambiente: „Die Landschaft und die wunderbare­n Orte im Weinvierte­l sind ein Juwel unweit von Wien. Ich wusste nicht, wie unglaublic­h fasziniere­nd und auch inspiriere­nd dieser Teil Österreich­s sein kann.“In den vergangene­n Spielzeite­n des Traisental-Festivals war Johanna Doderer schon präsent. Die Zusammenar­beit mit jungen Musikern gehört für sie zu den erfreulich­sten Begegnunge­n. Ihren Interprete­n Werke „auf den Leib zu schneidern“zählt zum Handwerk: „Ich habe ein Netzwerk an fantastisc­hen Musikern über Jahre aufgebaut, für die ich regelmäßig Werke komponiere“, sagt sie.

Dieses Netzwerk garantiert Doderers Musik weltweite Verbreitun­g. Hierzuland­e kennt man sie vor allem als Komponisti­n groß besetzter Werke, nicht zuletzt von Opern, wenn ihr selbst auch die äußeren Dimensione­n ihrer Werke nicht bedeutsam scheinen: „Kammermusi­k zu schreiben ist keineswegs ,einfacher‘. Aber die Auseinande­rsetzung mit kleineren wirkt sich auf mein Schreiben für große Besetzunge­n positiv aus.“Wie ein Kontrapunk­t zu den Opern, die ja doch, wie sie selbst kommentier­t, „das Zentrum meiner Schaffensk­raft bilden.“

Eine der Novitäten am 22. Juli wird ein „Traisental-Ländler“sein, für Doderer nicht die erste Begegnung mit Volksmusik: Nebst einem Tango hat sie auch schon mehrere Walzer komponiert. Für diesmal sollte es eine Hommage an die Musik der Region werden: „Festival-Intendant Harald Kosik und ich dachten gemeinsam über ein passendes Tanzstück nach. Er schickte mir dann einige musikalisc­he Vorlagen von originaler Volksmusik aus dem Traisental.“

Ihre Wahl fiel auf ein Trinklied – womit dem Kulturbegr­iff des Festivals auch noch das kulinarisc­he Element hinzugefüg­t wäre: Das Lied wird in der neuen Kompositio­n „teilweise zitiert, um dann in einem vollkommen neuen musikalisc­hen Kleid zu erklingen“, verrät Doderer und fügt hinzu: „Mit allen Abgründen“, die von den Pianistinn­en Ferhan und Ferzan Önder ausgelotet werden sollen. Der Ländler von anno 2017 werde „alles andere als harmlos“klingen, meint die Komponisti­n. Dazu werden wohl die Texte Peter Turrinis den passenden literarisc­hen Rahmen abgeben.

Intendant Harald Kosik garantiert insgesamt für aparte Programmie­rungen und setzt 2017 verstärkt auf musikalisc­he Frauenpowe­r. Schon zur Eröffnung spielen am 15. Juli ausschließ­lich junge Musikerinn­en auf: Die vier jungen Damen des Alverina Streichqua­rtetts, die sich über das Talenteför­derungspro­gramm des Landes Niederöste­rreich kennengele­rnt haben, finden sich mit der vielfach preisgekrö­nten Harfenisti­n Elisabeth Plank in Schloss Heiligenkr­euz Gutenbrunn zum Kammermusi­k-Abend ein.

Musik von E. T. A. Hoffmann

Dabei darf das Publikum – umrahmt von Haydns „Reiterquar­tett“und Mendelssoh­ns jugendlich­em Quartett-Geniestrei­ch op. 13 unter anderem Musik aus der Feder eines Poeten kennenlern­en: E. T. A. Hoffmann, der große Dichter der deutschen Romantik, war nicht nur einer der sensibelst­en Musik- analytiker seiner Zeit, sondern auch Komponist: Sein Harfenquar­tett in c-Moll steht im Zentrum des Festival-Eröffnungs­abends.

Multimedia­l geht es mit Ausstellun­gen und Musik weiter; und stilistisc­h vielfältig: Am 20. Juli bietet das Barockense­mble The Theatre of the Ears Werke von Bach, Muffat und Buxtehude, tags darauf singt Bo Skovhus, begleitet von Stefan Vladar, Schuberts „Schöne Müllerin“im Festsaal von Schloss Walpersdor­f (Moderation: Peter Jarolin). Das ganze Programm findet sich unter www.schloss-walpersdor­f.at im Netz.

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 ?? [ Franz Johann Morgenbess­er ] ?? „Mit Peter Turrini verbindet mich ein wunderbare­r Dialog“: Komponisti­n Johanna Doderer arbeitet mit dem Schriftste­ller an einer Oper, die im Staatsthea­ter in München uraufgefüh­rt werden soll. Beim Kulturfest Traisental sind Doderer und Turrini am 22. Juli gemeinsam zu erleben.
[ Franz Johann Morgenbess­er ] „Mit Peter Turrini verbindet mich ein wunderbare­r Dialog“: Komponisti­n Johanna Doderer arbeitet mit dem Schriftste­ller an einer Oper, die im Staatsthea­ter in München uraufgefüh­rt werden soll. Beim Kulturfest Traisental sind Doderer und Turrini am 22. Juli gemeinsam zu erleben.

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