„Es wird versucht, Katars Image in der Welt zu verzerren“
Interview. Katars Botschafter in Wien, Ali bin Jassim al-Thani, über die Vorwürfe Saudiarabiens und mögliche Lösungen für die Krise.
Die Presse: Saudiarabien, andere Golfstaaten und Ägypten haben Katar einen Forderungskatalog übermittelt. Warum geht Katar nicht darauf ein? Ali bin Jassim al-Thani: In dem Papier wird de facto gefordert, dass Katar seine Souveränität aufgibt. Sie wollen nicht, dass wir unsere eigene Außenpolitik betreiben. Sie wollen uns Meinungsfreiheit verbieten, indem sie fordern, dass wir unseren TV-Sender alJazeera zusperren. Was würde passieren, würde Österreich von Großbritannien verlangen, die BBC zu schließen? Die andere Seite hat ihre Forderungen an uns extra so formuliert, dass diese aus rechtsstaatlichen Gründen abgelehnt werden müssen.
Die Saudis sagen aber, dass ein Teil dieser 13 Forderungen ohnehin aus einem schon bestehenden Abkommen stammt. Dieses Abkommen regelt das Zusammenleben der Golfstaaten untereinander und hat nichts direkt mit den Forderungen zu tun. Unter anderem gibt es eine Klausel, dass Konflikte zwischen den Golfstaaten verpflichtend auf diplomatischem internen Weg gelöst werden. Nach dem Treffen mit US-Präsident Trump in Saudiarabien wurde die katarische Presseagentur gehackt und wurden gefälschte Erklärungen unseres Emirs verbreitet. Die Sanktionen kamen für uns sehr überraschend und verstoßen gegen internationales Recht und auch gegen die Menschenrechte.
Ein Vorwurf Saudiarabiens ist, dass Katar Terror unterstützt. Und dass Osama bin Ladens Sohn Hamza in Katar sei. Diese Vorwürfe stimmen nicht. Wir leben in einem Rechtsstaat, engagieren uns massiv für den Kampf gegen den Terror und sind Teil der internationalen Koalition. Hamza bin Laden ist nicht in Ka- tar. Es wird versucht, mit solchen fabrizierten Behauptungen unser Image in der Welt zu verzerren.
Aber Katar unterstützt bewaffnete Gruppen in der Region, etwa in Syrien oder in Libyen, wie damals während des Aufstands gegen Diktator Muammar al-Gaddafi. Katar war in Libyen Teil der internationalen Koalition unter Führung der Nato, USA und Europäer. Was wir dort getan haben, hat unter dem Schirm der Koalition stattgefunden. Heute haben wir in Libyen eine andere Lage: Wer unterstützt dort bewaffnete Gruppen wie die von General Haftar? Andere Länder, aber Katar nicht. Haftar ist nicht der international anerkannte Vertreter Libyens. In Syrien ist Katar Teil der internationalen Koalition gegen den IS. Der Aufstand gegen Assad kam aus der syrischen Bevölkerung. Katar hat damit nichts zu tun. Auch in Syrien arbeiten wir eng mit der internationalen Koalition zusammen. Ägyptens Regierung wirft Katar vor, die Muslimbruderschaft in der Region zu unterstützen. Die Muslimbruderschaft ist Teil der ägyptischen Gesellschaft. Obwohl Ägyptens Regierung das so möchte und das auch vehement betrieben hat, wurde die Muslimbruderschaft bis heute auf keine internationalen Terrorlisten gesetzt. Personen dieser Bewegung haben Regierungsämter in vielen Staaten. Wir haben immer die Führung Ägyptens unterstützt, und nicht eine spezielle ideologische Bewegung. Die Bruderschaft war durch legitime Wahlen an die Macht gekommen und bekam dadurch auch unsere Unterstützung.
Was kann getan werden, um nun die Krise zu beenden? Es braucht Dialog. Danach haben wir auch von Anfang an gefragt. Wir waren immer offen für eine diplomatische Lösung dieser Krise und sind das auch weiterhin – so, wie es auch in der Vereinbarung der Golfstaaten akkordiert wurde, solang es unsere Souveränität als Staat nicht einschränkt. Wir begrüßen die Vermittlungsbemühungen des Emirs von Kuwait. Aber wenn die andere Seite keinen Dialog anstrebt, nur haltlose Vorwürfe kommuniziert und unerfüllbare Forderungen stellt, dann wird das ein schwieriger Prozess werden. Natürlich bleiben wir weiter offen für den Dialog und eine Lösung.