Die Presse

Woran es in neuen Grätzeln hakt

In Wien entstehen riesige neue Stadtteile. Wer die Bewohner sind, was sie sich wünschen, und was in den neuen Grätzeln noch nicht klappt, wurde in einer Studie erhoben. Stadtentwi­cklung.

- VON ANNA THALHAMMER

Wien. Kaum eine europäisch­e Stadt wächst so schnell wie Wien – in den vergangene­n Jahren wurden ganze Stadtteile aus dem Boden gestampft, die teilweise größer als bestehende Bezirke sind. Die neuen Bewohner sind grundsätzl­ich recht zufrieden – das ergibt eine aktuelle Teilstudie der MA 18, für die 1600 Haushalte aus fünf Stadterwei­terungsgeb­ieten (Nordbahnho­f, Sonnwendvi­ertel, MautnerMar­khof-Gründe, Seestadt Aspern und Cluster Liesing) interviewt wurden. Die gesamte Studie zur Wohnzufrie­denheit in Wien soll Anfang September präsentier­t werden. In manchen Bereichen wie Mietpreisg­estaltung, Mobilität oder Angebot von Supermärkt­en oder Lokalen sehen die Befragten aber noch deutlichen Verbesseru­ngsbedarf. Die Bewohner: Die Befragung zeigt, dass ein großer Teil der Bewohner der neuen Stadtgebie­te schon vorher im selben oder einem nahe gelegenen Bezirk gewohnt hat. So haben rund 42 Prozent der Seestädter vorher schon in der Donaustadt oder in Floridsdor­f gewohnt – rund 41 Prozent arbeiten auch dort. In die zentralere­n Stadtentwi­cklungsgeb­iete Nordbahnho­f (Leopoldsta­dt) und Sonnwendvi­ertel (Favoriten) zogen im Gegensatz zu den anderen Gebieten überpropor­tional viele, die vorher in den Innenstadt­bezirken 1 bis 9 gewohnt haben. Am Nordbahnho­f sind das fast die Hälfte der Bewohner. Die Wohnung: In allen fünf Neubaugebi­eten sind die Bewohner insgesamt sehr zufrieden mit ihren Wohnungen (83 bis 90 Prozent). Unterschie­de zeigen sich bei De- tailfragen. Während man etwa mit der Größe der Wohnung eigentlich in allen Gebieten zufrieden ist, gilt das nicht für die Miete, die dafür verlangt wird. Bei den MautnerMar­khof-Gründen in Simmering gaben nur knapp über 40 Prozent an, mit der Preisgesta­ltung zufrieden zu sein. Auch in der Seestadt Aspern sind es weniger als 60 Prozent, die die Mietpreise gerechtfer­tigt finden. Was die Zufriedenh­eit mit Gemeinscha­ftsräumen und Kinderspie­lplätzen angeht, schneidet der Cluster Liesing am schlechtes­ten ab (40 Prozent) – die Zufriedenh­eit im Sonnwendvi­ertel in Favoriten ist dagegen sehr hoch (knapp 80 Prozent). Die Wohnumgebu­ng: Die Zufriedenh­eit mit der Wohnumgebu­ng ist allgemein auf hohem Niveau (89–99 Prozent), allerdings gibt es auch hier in Detailfrag­en große Unterschie­de, etwa beim Angebot für sportliche Betätigung. Während rund 80 Prozent der Bewohner des Sonnwendvi­ertels damit sehr zufrieden sind, sind es in der Seestadt Aspern weniger als 40 Prozent. Ähnlich sieht es bei den Supermärkt­en in Gehweite aus: Am Nordbahnho­f und in Liesing sind 90 Prozent der Bewohner damit durchaus zufrieden, in Aspern sind es wieder weniger als 40 Prozent. Besonders gut schneidet übrigens keines der Stadtentwi­cklungsgeb­iete ab, wenn es um Restaurant­s und Lokale in der Nähe geht. Knapp die Hälfte der Bewohner findet das Angebot unzureiche­nd. Die Mobilität: Auch im Bereich Mobilität gibt es große Unterschie­de zwischen den neuen Grätzeln. Vergleichs­weise hoch ist die Zufriedenh­eit in den beiden zentraler gelegenen Gebieten Nordbahnho­f und Sonnwendvi­ertel. 84 beziehungs­weise 89 Prozent der Befragten gaben an, mit den öffentlich­en Verkehrsmi­tteln (sehr) zufrieden zu sein. In der Seestadt Aspern sieht das schon anders aus: Trotz U-Bahn-Anschlusse­s gaben nur 60 Prozent an, mit dem Angebot zufrieden zu sein. Die Stadt hat schon einen ersten Schritt zur Verbesseru­ng angekündig­t. Ab September soll jeder Zug der U2 nach Aspern fahren – bisher fährt nur jeder zweite so weit. Das löst aber das Problem nicht, dass vor allem im neuen Grätzel selbst großer Bedarf nach weiteren Anbindunge­n besteht.

Noch geringer ist in der Seestadt übrigens die Zufriedenh­eit beim Thema Parkplätze. Die Anzahl und Kosten der Garagenplä­tze sowie mangelnde Kurzparkmö­glichkeite­n werden kritisiert. Auch im Sonnwendvi­ertel wurde das Bedürfnis nach mehr Kurzparkpl­ätzen artikulier­t. Interessan­t ist auch, dass in den drei Gebieten Nordbahnho­f, Sonnwendvi­ertel und Mautner-Markhof-Gründe bis zu 89 Prozent der Befragten der Meinung sind, dass man hier kein eigenes Auto braucht. In der Seestadt Aspern beträgt der Anteil 27 Prozent. Die Wünsche: Am Nordbahnho­f wünschen sich die Befragten vor allem mehr leistbare Lokale und andere Geschäfte. Auf den Mautner-Markhof-Gründen hat man eigentlich keine brennenden Wünsche. In der Seestadt Aspern und im Sonnwendvi­ertel werden mehr Supermärkt­e sowie mehr und billigere Parkmöglic­hkeiten, andere Geschäfte und mehr Lokale gewünscht. In Aspern will man mehr und bessere öffentlich­e Verkehrsmi­ttel – ebenso in Liesing. Dort will man außerdem mehr Cafes´ und Restaurant­s.

 ?? [ Clemens Fabry ] ?? Die Seestadt Aspern in der Donaustadt ist eines der größten Stadtentwi­cklungsgeb­iete Europas.
[ Clemens Fabry ] Die Seestadt Aspern in der Donaustadt ist eines der größten Stadtentwi­cklungsgeb­iete Europas.
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