Die Harrachs: Eine böhmische Dynastie
Die Harrachs sind ein böhmisches Adelsgeschlecht, dessen Ahnenreihe mit dem 1338 verstorbenen Dietrich in Oberösterreich anhebt. Der Aufstieg begann im 16. Jahrhundert mit der Herrschaft Rohrau in Niederösterreich. Sie wurden ungarische und böhmische Herren, 1627 schließlich Reichsgrafen. Die nun zur Rezension vorgelegte Studie beschreibt die Blütezeit der hochadeligen Familie, die einen Kardinal, Botschafter, Militärs und einen Vizekönig von Neapel hervorgebracht hat. Graf Johann Nepomuk brachte es zum Mitglied des Wiener Herrenhauses und förderte die tschechische Kultur, Wirtschaft und das Schulwesen. Ein Harrach, nämlich Franz, ging als Randfigur in die Weltgeschichte ein, da er 1914 an der Seite des Thronfolgers Franz Ferdinand beim Attentat von Sarajewo war.
Bis 1945 besaßen die Harrachs nicht nur das berühmte Palais auf der Wiener Freyung, sondern weitere Schlösser in Rohrau, in Prugg in Niederösterreich, in Hradek und Starkenbach (beide in Ostböhmen) sowie Plana bei Tabor in Südböhmen und ein kleineres Palais in Prag.
Obwohl sich die Familie bedingungslos den Tschechen zugehörig fühlte, mit dem anschwellenden Nationalismus aber nichts zu run haben wollte, begann schon 1919 eine Periode der Drangsalierung. Doch man konnte sich den Strömungen der Zeit nicht gänzlich entziehen. So unterstützte ein Harrach letztlich die breite „Heim ins Reich“-Bewegung der Sudetendeutschen Hitlers, was 1945 in der Katastrophe der Enteignung und Vertreibung gipfelte. 1975 verkaufte die Familie das Wiener Palais auf der Freyung, hingegen beherbergt das Schloss Rohrau seit 1970 die größte private Gemäldesammlung Österreichs. (hws)
Konstantinos Raptis: „Die Grafen Harrach und ihre Welt“, Böhlau, 374 Seiten, 35 Euro