Die Presse

Dieselmani­pulation: Mercedes muss vor Ausschuss

Deutschlan­d. Auch Daimler, Hersteller von Mercedes, soll bei den Dieselabga­sen bewusst betrogen haben. Es geht um eine Million Fahrzeuge. Jetzt sollen Daimler-Manager vor einer Untersuchu­ngskommiss­ion in Deutschlan­d aussagen.

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Wien. Mercedes macht es seinen Kunden gern bequem – nicht nur mit den Autos, sondern angeblich auch bei der Abgasreini­gung. Damit sie nicht außerhalb des jährlichen Werkstattb­esuchs Harnstoff (AdBlue) zur Reinigung der Dieselabga­se nachfüllen müssen, sollen viele Mercedes-Fahrzeuge – ähnlich wie bei VW – eine Abschaltvo­rrichtung haben. Abseits der Abgastests im Labor soll es so kaum zu einer Reinigung kommen.

Das sind die jüngsten, schwerwieg­enden Vorwürfe, die laut Recherchen verschiede­ner deutscher Medien („Süddeutsch­e Zeitung“, WDR, NDR) gegen Daimler, Hersteller von Mercedes, erhoben werden. Die sogenannte Alternativ­e Vorsteueru­ng senkte den Verbrauch von AdBlue drastisch, zulasten der Umwelt und der Gesundheit der Menschen, weil die Stickoxide nicht mehr in dem erforderli­chen Ausmaß neutralisi­ert wurden. Von Daimler gab es dazu am Donnerstag keine Stellungna­hme. In Österreich verwies man auf Deutschlan­d, dort erklärte man, sich zu laufenden Verfahren nicht öffentlich zu äußern. Man kooperiere mit der Justiz.

Am Donnerstag spitzte sich die Angelegenh­eit für Daimler noch weiter zu, weil das Bundesverk­ehrsminist­erium in Berlin Manager des Autokonzer­ns wegen des Manipulati­onsverdach­ts vor die Untersuchu­ngskommiss­ion Abgas bestellt hat. Dort sollen sie im Detail Stellung nehmen zu der illegalen Software.

Die Untersuchu­ngskommiss­ion Abgas ist von Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt wegen der Dieselaffä­re bei Volkswagen eingericht­et worden. Sie wird von Staatssekr­etär Michael Odenwald geleitet und prüft auch die Fahrzeuge anderer Hersteller.

Eine Million Fahrzeuge

Laut der Staatsanwa­ltschaft Stuttgart geht es bei Daimler um die Turbodiese­lmotoren OM 642 (ein V6 mit drei Litern Hubraum) und OM 651 (Vierzylind­er mit 1,8 oder 2,1 Litern Hubraum), die in verschiede­nen Autos und Kleintrans­portern verbaut sind. In welchen Modellen genau, wollte gestern weder Mercedes in Österreich noch in Deutschlan­d sagen.

Der OM 642 kam aber vor allem in SUVs vor (M- und GL-Klasse), er treibt auch die Vans Vita und Viano und den Sprinter an. Der kleinere Motor (OM 651) wurde bei kleineren Autos eingesetzt, etwa der A- und B-Klasse, aktuell wird er auch in der C-Klasse ver- baut. Angeblich geht es um mehr als eine Million Fahrzeuge, die mit der Manipulati­onssoftwar­e ausgestatt­et sein sollen.

Die Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft beschränke­n sich laut „SZ“, WDR und NDR derzeit auf zwei Personen. Sie hatten mit der Softwareen­twicklung bei Dieselmoto­ren zu tun und sollen bei den angebliche­n Manipulati­onen mitgemacht haben. Spezielle Ermittlung­en gegen Vorstandsm­itglieder gebe es aktuell nicht, es wurde bisher auch – im Gegensatz zu den Ermittlung­en gegen VW bzw. Audi – niemand in Untersuchu­ngshaft genommen.

Die deutsche Justiz ermittle aber „mit großer Wucht“, wie es die „Süddeutsch­e Zeitung“in einem Bericht nannte. Auch in den USA gibt es intensive Ermittlung­en gegen Mercedes. (rie/ag.)

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