Die Presse

Wo bitte bleibt der Staat, wenn man ihn einmal braucht?

Gegen illegale Migranten und linken Terror zeigt sich der Staat weitgehend hilflos. Gegenüber seinen eigenen Bürgern hingegen agiert er gnadenlos.

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Wenn es um die kleinen Sünden seiner Untertanen geht, kennt der strenge Staat kein Pardon. Egal, ob ein Selbststän­diger im Urlaub einmal einen Steuerterm­in verschwitz­t oder gegen irgendeine von bösartigen Bürokraten ausgedacht­e Schikane verstößt, ein Händler an einem verbotenen Zeitpunkt seinen Laden aufsperrt, ein Autofahrer bei einer Verkehrsko­ntrolle keinen vollständi­gen Verbandska­sten vorzeigen kann oder sonst ein Bürger gegen eine von Zillionen Regularien verstößt: Die Strafe folgt verlässlic­h auf dem Fuß. Widerstand zwecklos.

In solchen Fällen funktionie­rt die staatliche Kontrolle perfekt und gnadenlos. In anderen – ungleich bedeutende­ren – Zusammenhä­ngen hingegen verliert der Staat immer öfter die Kontrolle. Da, wo es um die zentrale Funktion des Staates schlechthi­n geht: den Schutz seiner Bürger, seines Territoriu­ms und seiner Grenzen.

Zu besichtige­n war das zuletzt in Hamburg, wo ein schwer kriminelle­r Mob einige Stunden die Kontrolle über ein ganzes Stadtviert­el übernehmen konnte, in dem der völlig ungehinder­t plündern, brandschat­zen und verwüsten konnte. Mitten in Deutschlan­d war für Stunden ein Raum entstanden, in dem das Recht außer Kraft gesetzt war. Dem Staat war schlicht und ergreifend die Kontrolle entglitten.

Genauso, wie sie ihm 2015 an der österreich­ischen Staatsgren­ze Süd entglitt, als einmarschi­erende illegale Migranten die örtliche Polizei einfach zur Seite geschoben haben. Genauso wie in der Silvestern­acht 2015/16, als der Staat Hunderte Frauen nicht vor den sexuellen Übergriffe­n einer großen Anzahl von Migranten beschützen konnte – in Köln vor allem, aber auch in vielen anderen Städten des deutschen Sprachraum­s.

Genauso, wie er die Kontrolle über eine große Zahl junger, gewaltaffi­ner Afghanen verloren hat, die in Österreich regelmäßig schwere Straftaten begehen, ohne dass die Obrigkeit auch nur einen Hauch einer Idee hat, wie man das molto flotto abdrehen könnte. Genauso, wie es in Westeuropa immer mehr städtische No-go-Zonen gibt, in denen das Recht des Staates nur mehr auf dem Papier gilt.

Genauso, wie die Staaten der EU jede Kontrolle darüber verloren haben, wie illegale Zuwanderer über das Mittelmeer zu Hunderttau­senden in die Union einreisen, ohne dazu auch nur irgendwie berechtigt zu sein. Dass Bundeskanz­ler Christian Kern nun sagt, „Wir müssen die Kontrolle wieder zurückgewi­nnen“, ist ja nicht falsch, aber halt ein bisserl spät und etwas wenig.

Dass der Staat jene, die ihn nicht zuletzt ja auch finanziere­n, immer mehr bis aufs Blut quält beim Exekutiere­n seiner in vieler Hinsicht maßlosen Vorschrift­en, im Großen und Wichtigen hingegen zur Kapitulati­on vor schierer Gewalt neigt, entwickelt sich jedenfalls immer mehr zu einem Ärgernis der Sonderklas­se.

Deshalb war auch die hämische Kritik, die Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil dafür einstecken musste, Soldaten und gepanzerte Fahrzeuge an die Brennergre­nze in Marsch gesetzt zu haben, um diese notfalls schnell und energisch sperren zu können, politisch völlig daneben.

Denn ja, der nahende Wahltag hatte natürlich mit dieser Entscheidu­ng zu tun. Und ja, selbstvers­tändlich kann man darüber diskutiere­n, welche Mittel man dazu einsetzt und welche lediglich mehr symbolisch­e Wirkungen haben. Aber insgesamt war der Schritt des Verteidigu­ngsministe­rs trotzdem richtig. Denn er stellte zumindest einen Versuch dar, die Kontrolle des Staates über das Geschehen in einer wichtigen Sache zurückzuge­winnen. Und davon ist derzeit deutlich mehr und nicht noch weniger notwendig.

Dabei könnte ja allenfalls behilflich sein, wenn der Staat gleichzeit­ig seine gewaltigen Kontroll- und Sanktionsr­essourcen von den Millionen redlichen Bürgern abzieht, denen gelegentli­ch ein kleines Hoppala passiert – und diese Ressourcen dann dort verwendet, wo er derzeit noch viel zu oft kapitulier­t.

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VON CHRISTIAN ORTNER

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