Die Klasse als Experimentierfeld
Digitalisierung, Globalisierung, Nachhaltigkeit. Die bildenden und angewandten Künste verändern sich genauso wie die Realität, die Künstler umgibt. Neue Ausbildungen und Kurse reagieren darauf.
Der Wahlspruch der Secession, jeder „Zeit ihre Kunst“zuzubilligen, gilt heute wie damals. Doch nicht nur die Kunst, auch die Künstler selbst zollen ihrer Epoche Tribut. Im 21. Jahrhundert sind es Themen wie Digitalisierung, Kommunikation, Globalisierung oder Nachhaltigkeit, die Bedingungen und Inhalte ihres Schaffens prägen.
Zwei relativ neue Diplomstudien der bildenden Kunst wurden an der Universität für angewandte Kunst Wien ins Leben gerufen. Beide sind am Institut für bildende und mediale Kunst angesiedelt und jeweils mit einem großen Namen verbunden: Das Studium „Skulptur und Raum“von Hans Schabus und das Studium „Ortsbezogene Kunst“(„Site specific Art“) von Paul Petritsch.
Die Klasse als Experimentierfeld
Die Abteilung „Skulptur und Raum“wurde erst vor drei Jahren neu an der Angewandten verankert, um das Arbeitsfeld des dreidimensionalen Gestaltens innerhalb der bildenden Kunst zu stärken und sich dabei vermehrt nach außen zu öffnen. „Kunst entsteht durch den Betrachter und in der öffentlichen Artikulation“, sagt Hans Schabus. „Wir interessieren uns für den Umstand der Skulptur, für ihre Umgebung, ihre Materialien, ihre Struktur, ihre Form und die im Dazwischen entstehenden Verbindungen. Wir verstehen die Skulptur als Werkzeug, um Gesellschaft zu verhandeln, und vice versa.“Im Studium „Ortsbezogene Kunst“der Angewandten geht es darum, einen Ort und seinen Kontext als treibende Kraft, als Arbeitsmaterial, Handlungsraum und Aktionsfeld zu verstehen. „Wir verstehen die Klasse als Experimentierfeld, in dem es möglich ist, festgesetzte Begrifflichkeiten zu verschieben und dazu eine eigene künstlerische Position zu entwickeln. Wir wollen Orte – innen wie außen – genau betrachten, erweitern, brechen, verstärken und verändern“, sagt Paul Petritsch.
Mode neu und nachhaltig denken
Jung ist auch das Studium „Fashion & Technology“der Kunstuniversität Linz. Seit 2015 existiert die Ausbildung für zeitgenössisches Modedesign mit Schwerpunkt auf Innovation und Technologie. Das Programm, in das ein Praxissemester inkludiert ist, bildet auch die Voraussetzung für weitere Studien, vor allem für das an der Kunstuniversität geplante, international ausgerichtete Masterstudium mit den Schwerpunkten Fashion Intelligence, Design und Innovation.
Leitungsteam des Bachelorstudiums sind die beiden Universitätsprofessorinnen Ute Ploier und Christiane Luible. „Wir glauben, dass das System der Mode, wie es momentan praktiziert wird, an seine ökologischen und menschlichen Grenzen stößt“, sagt Ploier. Das Ziel von „Fashion & Technology“sei es daher, Mode neu zu denken, zu produzieren und zu präsentieren. Studienstandort ist die Tabakfabrik Linz.
Einen neuen Kurs, der Kunstschaffenden helfen soll, sich im Internet zu präsentieren, bietet in diesem Jahr die Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg. „Kuratieren/Schreiben/Bloggen“nennt sich das einwöchige Programm, das – so wie ein Großteil aller Kurse der Sommerakademie – auf der Festung Hohensalzburg stattfindet.
Wie positioniere ich mich als Blogger?
Freie Kunstkritiker, Blogger oder generell kulturinteressierte Personen sind ebenso angesprochen wie die PR-Abteilungen von Museen oder anderen Institutionen, für die ein Kunstblog eine zeitgemäße Ergänzung zu Pressetexten sein kann. Am Ende des Kurses sollen die Teilnehmenden die Fähigkeit haben, einen Blog aufzubauen und zu führen, und die wichtigsten Regeln und Werkzeuge kennen, um sich als Blogger positionieren zu können.
Die Kursleiterinnen, Sabrina Möller und Sabine B. Vogel, sind beide ausgebildete Kunsthistorikerinnen. Sabrina Möller rief sowohl den erfolgreichen Kunstblog „Art and Signature“ins Leben als auch das erste interaktive Onlinekunstmagazin „Keen on“. Sabine B. Vogel ist freie Kunstkritikerin (u. a. für die „Presse“), Kuratorin und Lektorin an der Universität für angewandte Kunst sowie Autorin unabhängiger Weblogs.
Die Nutzung des Social Web zur Präsentation des eigenen künstlerischen Schaffens werde wichtiger, sagt Simone Rudolph, Sprecherin der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst. „Waren in den 1970erJahren Zeitschriften, Flugblätter oder Broschüren die Medien, um eigene Vorstellungen und Projekte zu publizieren, so ist dies nun das Internet. Egal ob via Facebook, Instagram, YouTube oder in einem eigenen Blog – das digitale Zeitalter bietet viele individuelle Möglichkeiten, sich schnell und unabhängig auszudrücken.“ www.summeracademy.at/Kursprogramm www.skulpturundraum.at www.ortsbezogenekunst.at www.ufg.at/fashions.