Verlockende Staaten von Amerika MEIN GELD
Sogenannte Kommunalanleihen versprechen relativ hohe Zinsen, und sicher sollen sie auch noch sein. Da ist durchaus was dran, für Amateure eignet sich das Geschäft mit den US-Bundesstaaten aber nicht.
Kommunalanleihen versprechen hohe Zinsen. Für Amateure sind sie aber nicht geeignet.
New York. Es ist ja momentan wirklich nicht einfach. Die Aktienmärkte eilen von einem Rekord zum nächsten, viele Analysten sind sich sicher, dass eine Korrektur überfällig ist. Staatsanleihen werfen kaum Zinsen ab, Venezuela und andere Risikoländer ausgenommen, und mit einem Sparbuch ist ohnehin schon lange nichts mehr zu verdienen. Was also tun? Eine Alternative sind US-amerikanische Kommunalanleihen, zumindest wenn man den Experten von Franklin Templeton Investments glaubt.
Kommunalanleihen, oder Municipal Bonds, sind Anleihen, die von öffentlichen Stellen in den USA ausgegeben werden, wobei Treasury Bonds oder Staatsanleihen nicht dazuzählen. Gemeinden, Klein- und Großstädte, aber auch Bundesstaaten können solche Bonds emittieren. Die Rendite schwankt je nach Laufzeit und Bonität des Emittenten, doch werfen Kommunalanleihen in der Regel zumindest drei Prozent pro Jahr ab, mehr als etwa zehnjährige US-Staatsanleihen.
Ausfälle relativ selten
Und das Risiko für den Investor? „In den letzten 100 Jahren kam es auf dem Markt für Kommunalanleihen nur äußerst selten zu Ausfällen“, schreibt Jim Conn, der bei Franklin Templeton für festverzinsliche Investments zuständig ist, in einer Analyse. Zudem weisen die Papiere eine „niedrige und oftmals negative Korrelation zu Aktien“auf, was in Zeiten einer anstehenden Korrektur an den Weltbörsen natürlich ein beachtliches Merkmal ist. Kommunalanleihen eignen sich deshalb für Investoren aus aller Welt, sagt Conn, „nicht nur für US-Anleger“. Aktuell befinden sich knapp 100 Mrd. Dollar an USKommunalanleihen in ausländischem Besitz, der Gesamtmarkt beläuft sich auf vier Billionen Dollar.
Der erfahrene Investor weiß freilich, dass die Märkte nicht lü- gen und höhere Zinsen immer, immer, immer mit höherem Risiko verbunden sind. Das weiß man nun auch in Kärnten. Und in den USA ist das nicht anders.
Tatsächlich haben mehrere Kommunen und Städte in den vergangenen Jahren Bankrott angemeldet, und Inhaber von Kommunalanleihen blieben auf den Verlusten sitzen. Stichwort Detroit, Stichwort Jefferson County, Stich- wort Harrisburg im Bundesstaat Pennsylvania.
Und trotzdem ist etwas dran an der Empfehlung von Franklin Templeton, vor allem wenn man einen Blick auf Anleihen von Bundesstaaten wirft. Denn anders als Städte und Gemeinden können diese per Gesetz zumindest theoretisch keinen Bankrott anmelden. So blieb ein US-Bundesstaat bislang erst einmal in der Geschichte – Arkansas in den 1930er Jah- ren – eine fällige Zahlung an Inhabern von Anleihen schuldig.
Das ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass zahlreiche USStaaten hoch verschuldet sind und mehr als eine Handvoll von ihnen aktuell wieder einmal ohne Budget dasteht, weil sich die Gesetzgeber nicht einigen können, wie sie die Schulden abbauen. Und dass jedes Gesetz auch geändert werden kann, zeigt das Beispiel Puerto Rico. Investoren schickten ihr Geld auch noch in die Karibik, als be-
reits klar war, dass der Schuldenberg viel zu groß ist. Schließlich lockte das Territorium mit Zinsen von bis zu zehn Prozent, und pleitegehen konnte es per Gesetz eigentlich auch nicht. Bis die Politik eine Ausnahmeregelung erließ und Puerto Rico im Mai den Bankrott anmeldete.
Spätestens jetzt sollte jedem Kleinanleger klar sein, dass der komplizierte Markt der US-Kommunalanleihen nichts für Amateure ist. Zu komplex ist die Lage, zu unterschiedlich die Situation in je- dem einzelnen Bundesstaat. Hinzu kommen unterschiedliche Steueraspekte (manche der Anleihen sind in den USA steuerbefreit, andere nicht) sowie Sicherheiten (manche der Anleihen sind durch projektbezogene Steuereinnahmen besichert, andere nicht).
Das heißt keineswegs, dass man automatisch die Finger von Anleihen mancher Bundesstaaten lassen sollte, lediglich, dass man sich im Detail informieren beziehungsweise mit einem Steuerberater oder einem Vermögensverwalter mit Expertise auf dem Gebiet Rücksprache halten sollte. Denn wer seine Hausaufgaben erledigt, kann tatsächlich gute Renditen bei relativ geringem Risiko erzielen.
Dabei muss es ja nicht gleich eine Anleihe von Illinois sein. Die Agenturen Fitch und Moody’s haben den Staat am Ufer des Lake Michigan einen negativen Ausblick verpasst, wobei Moody’s mit der Herabstufung auf „Ramsch“droht. Alleine die unbezahlten Rechnungen von Illinois haben sich auf 15 Mrd. Dollar angehäuft, hinzu kommt ein noch größeres Loch in der Pensionskasse. Mit Anleihen von Illinois lassen sich deshalb aktuell mehr als fünf Prozent pro Jahr verdienen. Doch Vorsicht: Wenn es ein zweites Puerto Rico gibt, wenn die Gesetzgeber nun auch einem Staat den Bankrott erlauben, dann wohl am ehesten Illinois. Klar ist aber auch, dass sich die US-Politik selbst im schlimmsten Fall kaum mit zahlreichen Pleiten von Bundesstaaten herumschlagen wird. Zu groß ist die Gefahr einer Kettenreaktion, zu sehr verlassen sich Anleger immer noch darauf, dass zumindest bei den großen Bundesstaaten im Notfall Washington einspringt. Wer etwa Anleihen von Kalifornien oder dem Bundesstaat New York kauft, kann mehr als drei Prozent verdienen, muss sich aber nur wenig Sorge um einen potenziellen Zahlungsausfall machen. Bleibt die Frage nach der Kursentwicklung der Anleihen. In der Regel fällt der Anleihekurs in einem steigenden Zinsumfeld. Wenn die Federal Reserve wie angekündigt die Zinsen weiter erhöht, könnte es bei Anleihen zu Kursverlusten kommen. Jedoch hat sich auch diese Faustregel mitunter als falsch erwiesen, zu viele andere Faktoren, wie etwa politische Unsicherheit, spielen eine Rolle. Trotzdem: Für kurzfristige Kursspekulationen eignen sich Anleihen von US-Bundesstaaten nicht, im Vordergrund sollte die Erwartung konstanter Zinszahlungen über einen längeren Zeitraum stehen.
Währungsrisiko beachten
In jedem Fall sollten Investoren nur einen überschaubaren Teil ihres Vermögens in Anleihen von Bundesstaaten stecken, denn, man kann es nicht oft genug sagen, höhere Zinsen bedeuten immer auch höheres Risiko, staatliche Garantien hin, Gesetze gegen den Bankrott her. Zudem ist das Wechselkursrisiko zu berücksichtigen. Legt der Euro im Vergleich zum USDollar weiter zu, verlieren europäische Anleger mit in US-Dollar notierten Anleihen Geld.