Die Presse

Der Brenner, ein heikles Terrain INLAND

FPÖ-Chef Strache fordert, dass die Grenze zu Italien geschützt wird. Nicht immer war man in seiner Partei davon so überzeugt. Auch SPÖ und ÖVP nutzen das Thema für den Wahlkampf.

- VON IRIS BONAVIDA

Migranten aus Afrika: FPÖ-Chef Strache fordert scharfe Kontrollen an der Grenze.

Wien. Am Sonntag stand am Brenner alles still: keine Züge, keine Autos – kein Verkehr. Grund dafür waren Sicherheit­smaßnahmen. Allerdings andere, als man vermuten könnte: Eine 500 Kilogramm schwere Fliegerbom­be aus dem Zweiten Weltkrieg in Freienfeld in Südtirol wurde frühmorgen­s entschärft. Einige Stunden später war der Übergang wieder passierbar.

Sonst tut sich derzeit am Brenner nicht viel, zumindest nicht mehr als sonst: Immer wieder versuchen Flüchtling­e und Migranten, Italien zu verlassen und nach Norden zu fahren. Bis zu 30, am Wochenende auch 40 Personen pro Tag werden in Tirol laut Landespoli­zei aufgegriff­en. „Ein bisschen was los ist schon“, sagt Polizeidir­ektor Helmut Tomac am Sonntag. Tendenziel­l sei die Lage aber weiterhin ruhig. „Wir haben ein sehr wachsames Auge darauf.“

Und doch wird einige Hundert Kilometer entfernt, in Wien, rhetorisch bereits aufgerüste­t. Am Wochenende war damit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache an der Reihe: „Die Brennergre­nze muss sofort gesichert, kontrollie­rt und geschützt werden“, schrieb er auf seiner Facebook-Seite. Schon jetzt kämen täglich Hunderte illegale Migranten mit Zügen über die Grenzen. Laut Strache sind dies „unverantwo­rtlichen Entwicklun­gen, welche unter Rot-Schwarz in Österreich überhaupt erst möglich geworden sind“.

„Zahlen am Brenner stabil“

Innenminis­ter Wolfgang Sobotka meinte zwar in der „Presse am Sonntag“, dass die „Zahlen am Brenner stabil“sind. Daher sehe er „keine Veranlassu­ng“, scharfe Grenzkontr­ollen einzuführe­n. Dennoch müsse man sich auf den Ernstall vorbereite­n. Denn an der Küste Italiens würde die Zahl der Ankommende­n weiter steigen. Allein am Freitag trafen 5000 Migranten in süditalien­ischen Häfen ein.

Und auch der Tiroler Landeshaup­tmann, Günther Platter, sagte am Sonntag: „Wir können nicht sehenden Auges in eine neuerliche Katastroph­e wie 2015 laufen.“Da- her seien Vorbereitu­ngen wichtig. Anlass der jüngsten Aufregung war allerdings Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil: Er richtete via „Krone“aus, dass im Notfall 750 Soldaten und zwei gepanzerte Fahrzeuge zur Verfügung stehen würden. Nicht nur die FPÖ, sondern auch Rot und Schwarz nutzen den Grenzüberg­ang nun für ihren Wahlkampf. Der Haken: Einerseits will man der Bevölkerun­g signalisie­ren, dass man im Flüchtling­sbereich etwas unternimmt. Auch auf EU-Ebene soll signalisie­rt werden, dass Österreich ernst machen könnte. Gleichzeit­ig will man aber die Partner in Rom und Bozen nicht völlig verstimmen.

Dabei wurde schon vor mehr als einem Jahr das sogenannte Grenzmanag­ement am Übergang aufgebaut: Damals wurde eine Verankerun­g für einen (potenziell­en) 370 Meter langen Zaun gesetzt. Auch eine eigene Registrier­ungsstelle für Flüchtling­e und Migranten wurde organisier­t. Zusätzlich­e Zöllner würden ebenfalls bereitsteh­en. Angewendet wurden die Pläne bisher allerdings nie.

Der Brenner ist ein heikles Terrain für Österreich­s Politiker. Der Übergang ist nicht nur wirtschaft­lich von großer Bedeutung, sondern auch historisch. Vor allem für die FPÖ war das Thema Grenzkontr­ollen zwischen Nord- und Südtirol lang eine schwierige Materie. Denn einerseits pocht man auf die enge Verbundenh­eit, anderersei­ts will man die Grenzen scharf kontrollie­ren. Im Februar 2016 hieß es noch aus dem Büro von FPÖ-Chef Strache, dass man vom Grenzzaun am Brenner wenig halte. Für den damaligen Hofburg-Kandidaten Norbert Hofer war „ein Grenzzaun am Brenner sicherlich kein Hauptanlie­gen“.

 ?? [ Imago/Roland Mühlanger ] ?? Nicht nur in Zügen, auch auf der Autobahn Richtung Brenner könnte in Zukunft schärfer kontrollie­rt werden.
[ Imago/Roland Mühlanger ] Nicht nur in Zügen, auch auf der Autobahn Richtung Brenner könnte in Zukunft schärfer kontrollie­rt werden.

Newspapers in German

Newspapers from Austria