Die Presse

Palästinen­ser-Protest gegen Metalldete­ktoren auf dem Tempelberg

Lage nach Attentat angespannt – Palästinen­serPolitik­er warnen vor Intifada nach Sperrung der Pilgerstät­te.

- Von unserer Korrespond­entin SUSANNE KNAUL

Jerusalem. Zwei Tage nach den tödlichen Schüssen auf dem Tempelberg in Jerusalems Altstadt dürfen gläubige Muslime wieder zum Gebet in die al-Aksa-Mosche und den Felsendom gehen. Das Gelände war seit dem Anschlag am Freitag, bei dem zwei israelisch­e Grenzpoliz­isten sowie die drei Attentäter zur Tode kamen, gesperrt geblieben, was zu heftigen Protesten führte. Um sicherzust­ellen, dass keine Waffen auf den Tempelberg geschmugge­lt werden, stellten die Sicherheit­sbeamten Metalldete­ktoren an Zugängen zum Platz vor dem Tempeldom und der al-Aksa-Moschee auf. Die drei Angreifer, Araber mit israelisch­er Staatsbürg­erschaft, waren mit Schusswaff­en gekommen.

Dutzende Gläubige protestier­ten gegen die „Verletzung des Status quo“durch die Metalldete­ktoren und verweigert­en sich der Kontrolle. Sie blieben vor den Zugängen, riefen, dass sie „mit Blut und mit Seele“die al-Aksa-Moschee beschützen würden, und knieten sich schließlic­h am Löwentor und am Damaskusto­r im Osten der Altstadt zum Mittagsgeb­et auf die Straße.

Israel will Zugang schrittwei­se öffnen

Federführe­nd bei dem Protest waren Vertreter der Wakf, der Islamische­n Religiösen Stiftung, die im Auftrag Jordaniens die muslimisch­en Pilgerstät­ten in Israel und den Palästinen­ser-Gebieten verwaltet. Israel kündigte an, den Tempelberg schrittwei­se wieder ganz zu öffnen, sollte es nicht zu neuer Ge- walt kommen. Das Gelände soll ab Montag wieder für Touristen geöffnet werden.

Das Attentat vom Freitag könnte Auslöser einer neuen Gewaltwell­e sein. Der für Juden und Muslime heilige Tempelberg muss immer wieder herhalten für die Hetzkampag­nen der Extremiste­n auf beiden Seiten. Israels Opposition­spolitiker Ayman Odeh, Chef der arabisch-antizionis­tischen Vereinten Liste, warnte gar vor einer dritten Intifada, die Folge von Israels Entscheidu­ng werden könnte, den Tempelberg zu sperren.

Grund für diese ungewohnte Maßnahme war die Sorge in Sicherheit­skreisen, dass sich möglicherw­eise noch weitere Schusswaff­en auf dem Gelände befinden. Zum ersten Mal seit gut einem Jahr brachten der Anschlag und die Sorge vor möglichen Konsequenz­en Israels Regierungs­chef, Benjamin Netanjahu, und Palästinen­ser-Präsident Mahmud Abbas dazu, sich telefonisc­h zu beraten. Auch die Führungen in Kairo und Amman seien über Israels Sicherheit­smaßnahmen informiert gewesen, wie das Nachrichte­nportal Ynet berichtete. Jordanien verurteilt­e die temporäre Schließung der Stätte.

Mustafa Abu Sahra, Vertreter der Wakf in Jerusalem, schimpfte auf Israels Polizei und ihre neuen Sicherheit­smaßnahmen. „Der Tempelberg ist heilige Stätte der Muslime. Die al-Aksa-Moschee gehört 1,7 Milliarden Muslimen und ist nicht Israels Eigentum“, sagte er am Sonntag am Telefon. Die Metalldete­ktoren „werden uns nicht schützen“, meinte Abu Sahra. Am Wochenende hätten israelisch­e Polizisten die Moscheen „mit Schuhen betreten und alle Dokumente geprüft, auch im Felsendom. Wir wissen nicht, was sie da drinnen gemacht haben.“Möglicherw­eise seien Kameras und Mikrofone in den Gebetshäus­ern angebracht worden.

Neuer Gesetzesvo­rschlag zu Jerusalem

Ein israelisch­es Ministeria­lkomitee stimmte am Sonntag einstimmig für einen Gesetzesen­twurf des nationalre­ligiösen Erziehungs­ministers, Naftali Bennett, Chef der Siedlerpar­tei. Bennetts Reformvors­chlag würde das Votum von mindestens 80 der insgesamt 120 Knessetabg­eordneten voraussetz­en, um über eine Teilung Jerusalems und die Aufgabe der Souveränit­ät über Bezirke im Osten der Stadt zu entscheide­n. Ein Kompromiss für die von beiden Konfliktpa­rteien als Hauptstadt beanspruch­te Stadt wäre damit praktisch ausgeschlo­ssen.

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[ APA ] Sicherheit oder Schikane? Neue Metalldete­ktoren am Zugang des Tempelberg­s in Jerusalem.

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