Literatur aus und über Afrika: Der neue Buchhändler von Hernals
Geschäft. Seine Dissertation schrieb Daniel Romuald Bitouh über Afrika-Bezüge im Werk von Joseph Roth. Nun eröffnete der Kameruner ein Buchgeschäft.
Andrea Manga Bell war schuld. Die Lebensgefährtin von Schriftsteller Joseph Roth und ihr afrikanischer Name – sie hatte ihn von der Heirat mit dem kamerunischen Prinzen Alexander Douala-Bell. Das war der Punkt, an dem Daniel Romuald Bitouh begann, sich mit dem österreichischen Schriftsteller näher auseinanderzusetzen. Zunächst in Yaounde,´ der Hauptstadt von Kamerun, später ging er mit einem Stipendium nach Europa. 2006 war das, als er von Juli bis September in Hamburg studierte. Und sich beladen mit unzähligen deutschsprachigen Büchern nach Afrika aufmachte. Um im Oktober 2006 schließlich in Wien zu landen.
Hier steht er nun in seinem eigenen Geschäft, das Ende Juni auf der Hernalser Hauptstraße eröffnet wurde. Afrieurotext steht über dem Eingang. Der Name des Vereins, dem Bitouh vorsteht. Die Initiative hat sich zum Ziel gesetzt, Texte mit Afrika-Bezug einem breiteren österreichischen und europäischen Publikum näher zu bringen. Aber auch Projekte in Afrika will man fördern – derzeit etwa den Bau einer Schule in Kamerun. Und das Buchgeschäft ist quasi die sichtbare Seite der Arbeit.
Ein etwa 60 Quadratmeter großer Raum, hellblau und türkis gestrichen. Darin einige Sitzmöbel, auf denen sich Gäste zum Lesen niederlassen oder Diskussionsveranstaltungen abgehal- ten werden können. Ein Kühlschrank und eine Kaffeemaschine, um den Gästen auch Kleinigkeiten servieren zu können. Und natürlich einige Regale mit Büchern.
Es sind derzeit vor allem deutschsprachige Werke mit Afrika-Bezug – als Titel verschiedenster Autoren über den Kontinent, aber auch Übersetzungen afrikanischer Autoren. Belletristik, Sachbücher, Kulinarik, Kinderbücher. „Und ich fahre jetzt für drei Wochen nach Afrika, um dort einen Vorrat an Büchern zu besorgen.“Bücher, die hierzulande sonst kaum erhältlich sind. Und die er hier anbieten möchte.
Im Regal steht auch seine als Buch herausgegebene Dissertation. „Ästhetik der Marginalität im Werk von Joseph Roth“ist der Titel. Und der Literatur- und Kulturwissenschaftler widmet sich darin der imperialen Begegnung zwischen Europa und Afrika in Roths Werken. Ein Aspekt, von dem in der klassischen Forschung über den Schriftsteller bis dahin kaum etwas zu finden war. „Ich habe ihn aus dekonstruktivistischer Perspektive gelesen“, sagt Bitouh.
Dekonstruieren, dieser Begriff ist ihm wichtig. Unter anderem das Wort „bleiben“. Denn auch, wenn er seit mehr als zehn Jahren in Wien lebt, kann er mit dem Satz, dass er hier geblieben ist, nichts anfangen. „Ich bin in Bewegung. Zwischen Österreich und Kamerun.“Er falle jedenfalls nicht in die Kategorie Menschen, die keinen Ausweg haben. Dass er mit seiner Frau nun ein Buchgeschäft betreibt, ist dabei nur ein Nebenjob. Hauptberuflich arbeitet er unter anderem als externer Lektor am Institut für Afrikawissenschaften der Uni Wien und unterrichtet Deutsch und Französisch im Erwachsenenbildungsbereich.
Auch Anrainer als Zielgruppe
Mit dem Geschäft will er nicht nur Studierende und Forscher ansprechen, die hier Fachliteratur zu Afrika finden und sich vernetzen können. Er hofft auch auf Afrika-Interessierte, die sich hier etwa auf Reisen vorbereiten. („Wir können innerhalb von zwei bis drei Tagen jedes Buch bestellen.“) Und natürlich auf die Anrainer. „Ein paar kommen schon regelmäßig, um über Bücher zu sprechen.“Miteinander reden, auch dafür will er mit seiner Buchhandlung da sein. Wie ein klassischer Buchhändler eben.