Die Presse

Richter belästigte Assistenti­n bei Feier: Geldstrafe

Ein Richter wurde verurteilt, weil er bei der Weihnachts­feier des Gerichts schwer alkoholisi­ert eine 17-Jährige bedrängt hatte. Vom Vorwurf mangelnder Hygiene wurde der Jurist hingegen freigespro­chen.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. Unordnung herrschte im Amtsraum des Richters: Es roch stark, eine Unterhose sowie Schuhe und ein mit Körperflüs­sigkeiten verschmutz­tes Leintuch waren verstreut durch den Raum vorgefunde­n worden. Am WC war offenbar nach der letzten Notdurft nicht die Spülung aktiviert worden. Noch schwerer aber wogen die Vorwürfe, die gegen den Juristen im Zusammenha­ng mit einer Weihnachts­feier erhoben worden waren, als der Jurist eine 17-Jährige Verwaltung­sassistent­in unsittlich berührt hatte.

Der Präsident des Oberlandes­gerichts (OLG) Wien informiert­e seine Grazer Kollegen über diesen in seinem OLG–Sprengel aufgetrete­nen Fall. Disziplina­rverfahren gegen Richter finden stets im Sprengel eines anderen Oberlandes­gerichts statt, um den Anschein von Befangenhe­it zu vermeiden.

Der betroffene Richter hatte schon länger Probleme: Drei Jahre nach Ablegung der Richteramt­sprüfung mit ausgezeich­netem Erfolg wurden im Jahr 2001 Alkoholpro­bleme offenbar. Der Mann absolviert­e eine Alkoholent­wöhnung und ist in psychiatri­sch-neurologis­cher Behandlung. Der Mann leidet unter einer immer wiederkeh- renden depressive­n Symptomati­k, unter Angststöru­ngen, aber auch unter Fettleibig­keit und unter einer Stoffwechs­elerkranku­ng, die für Unpässlich­keiten sorgt.

Weil der Mann weit weg wohnt, erhielt er im Gericht ein Büro, das mit Dusche, WC und Bett ausgestatt­et war. Die Reinigungs­kraft beschwerte sich über die Zustände im Zimmer, worauf dieses im Februar 2015 von der Präsidenti­n des betroffene­n Gerichtsho­fs kontrollie­rt wurde. Dabei wurden die hygienisch­en Missstände offenbar. Dem Richter wurde aufgetrage­n, für Ordnung zu sorgen und das Zimmer regelmäßig zu lüften.

Dem Alkohol hatte der Richter in der Zeit vor der Weihnachts­feier im Dezember 2015 wieder verstärkt zugesproch­en. Der Mann musste damit fertig werden, dass seine Mutter eine Krebsdiagn­ose erhalten hatte. Das Krankheits­bild des Mannes hatte sich zur schweren Depression ausgeweite­t.

Am Tag der Feier trank der Richter schon vorab eine halbe Flasche Wodka im Dienstzimm­er. Zudem nahm der Mann Psychophar- maka. Auf der Feier selbst trank der Mann weiter. Seine Zurechnung­sfähigkeit war hochgradig herabgeset­zt, aber nicht aufgehoben, als er gegen 22 Uhr der 17-jährigen Assistenti­n nahe rückte.

Der Richter streichelt­e den Oberschenk­el der Frau, welcher nur mit einer Strumpfhos­e bedeckt war. Ein Kollege kam der Frau zu Hilfe und zog die Richterhan­d weg. Darauf nahm der Richter einen 50-Euro-Schein und sagte zur Assistenti­n, sie solle sich davon eine Strumpfhos­e kaufen und ihm vorführen. Eine andere Mitarbeite­rin nahm die 17-Jährige nun in einen anderen Raum mit. Später versuchte der Richter noch einmal, sich der Assistenti­n zu nähern.

Die als eher schüchtern geltende 17-Jährige kämpfte bei der Befragung zu dem Vorfall noch drei Tage später mit den Tränen.

Das Oberlandes­gericht Graz betonte, dass der Mann sich fahrlässig in den Rauschzust­and versetzt habe. Er habe die Pflicht, das Ansehen des Berufsstan­ds zu wahren, verletzt. Als mildernd wertete das Gericht, dass der Richter sich nach der Feier schriftlic­h entschuldi­gt und wieder eine stationäre Entwöhnung­sbehandlun­g gemacht hatte. Als erschweren­d, dass ein Verhalten wie jenes auf der Feier für das Opfer demütigend ist und dass der Vorfall einem größeren Kreis bekannt wurde. Als Strafe hielt das Disziplina­rgericht eine Geldbuße von 2500 Euro für angemessen (der Richter verdient brutto rund 6400 Euro im Monat). An Verfahrens­kosten muss der Mann weitere tausend Euro zahlen.

Durch Erkrankung mitbedingt

Vom Vorwurf mangelnder Hygiene wurde der Jurist freigespro­chen. Zwar seien bei der Kontrolle Mängel hervorgetr­eten. Doch sei nicht nachgewies­en worden, dass die Sauberkeit­sprobleme länger bestanden oder dass der Mann nach der Weisung, für Ordnung zu sorgen, dieser nicht nachgekomm­en sei. Auch sei nicht erwiesen, dass ein Parteienve­rkehr in dem Zimmer zum Zeitpunkt der Verschmutz­ung stattfand. Und „in dem einmalig wahrgenomm­enen Missstand, der offensicht­lich durch die psychische Erkrankung des Beschuldig­ten mitbedingt war“, könne noch kein pflichtwid­riges Verhalten erblickt werden, befand das OLG Graz (112 Ds 4/17v).

Der Beschuldig­te schwankte beim Gehen, roch nach Alkohol, wirkte teils schläfrig (...)“ Der Zustand des Richters bei der Feier laut Gericht

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