Richter belästigte Assistentin bei Feier: Geldstrafe
Ein Richter wurde verurteilt, weil er bei der Weihnachtsfeier des Gerichts schwer alkoholisiert eine 17-Jährige bedrängt hatte. Vom Vorwurf mangelnder Hygiene wurde der Jurist hingegen freigesprochen.
Wien. Unordnung herrschte im Amtsraum des Richters: Es roch stark, eine Unterhose sowie Schuhe und ein mit Körperflüssigkeiten verschmutztes Leintuch waren verstreut durch den Raum vorgefunden worden. Am WC war offenbar nach der letzten Notdurft nicht die Spülung aktiviert worden. Noch schwerer aber wogen die Vorwürfe, die gegen den Juristen im Zusammenhang mit einer Weihnachtsfeier erhoben worden waren, als der Jurist eine 17-Jährige Verwaltungsassistentin unsittlich berührt hatte.
Der Präsident des Oberlandesgerichts (OLG) Wien informierte seine Grazer Kollegen über diesen in seinem OLG–Sprengel aufgetretenen Fall. Disziplinarverfahren gegen Richter finden stets im Sprengel eines anderen Oberlandesgerichts statt, um den Anschein von Befangenheit zu vermeiden.
Der betroffene Richter hatte schon länger Probleme: Drei Jahre nach Ablegung der Richteramtsprüfung mit ausgezeichnetem Erfolg wurden im Jahr 2001 Alkoholprobleme offenbar. Der Mann absolvierte eine Alkoholentwöhnung und ist in psychiatrisch-neurologischer Behandlung. Der Mann leidet unter einer immer wiederkeh- renden depressiven Symptomatik, unter Angststörungen, aber auch unter Fettleibigkeit und unter einer Stoffwechselerkrankung, die für Unpässlichkeiten sorgt.
Weil der Mann weit weg wohnt, erhielt er im Gericht ein Büro, das mit Dusche, WC und Bett ausgestattet war. Die Reinigungskraft beschwerte sich über die Zustände im Zimmer, worauf dieses im Februar 2015 von der Präsidentin des betroffenen Gerichtshofs kontrolliert wurde. Dabei wurden die hygienischen Missstände offenbar. Dem Richter wurde aufgetragen, für Ordnung zu sorgen und das Zimmer regelmäßig zu lüften.
Dem Alkohol hatte der Richter in der Zeit vor der Weihnachtsfeier im Dezember 2015 wieder verstärkt zugesprochen. Der Mann musste damit fertig werden, dass seine Mutter eine Krebsdiagnose erhalten hatte. Das Krankheitsbild des Mannes hatte sich zur schweren Depression ausgeweitet.
Am Tag der Feier trank der Richter schon vorab eine halbe Flasche Wodka im Dienstzimmer. Zudem nahm der Mann Psychophar- maka. Auf der Feier selbst trank der Mann weiter. Seine Zurechnungsfähigkeit war hochgradig herabgesetzt, aber nicht aufgehoben, als er gegen 22 Uhr der 17-jährigen Assistentin nahe rückte.
Der Richter streichelte den Oberschenkel der Frau, welcher nur mit einer Strumpfhose bedeckt war. Ein Kollege kam der Frau zu Hilfe und zog die Richterhand weg. Darauf nahm der Richter einen 50-Euro-Schein und sagte zur Assistentin, sie solle sich davon eine Strumpfhose kaufen und ihm vorführen. Eine andere Mitarbeiterin nahm die 17-Jährige nun in einen anderen Raum mit. Später versuchte der Richter noch einmal, sich der Assistentin zu nähern.
Die als eher schüchtern geltende 17-Jährige kämpfte bei der Befragung zu dem Vorfall noch drei Tage später mit den Tränen.
Das Oberlandesgericht Graz betonte, dass der Mann sich fahrlässig in den Rauschzustand versetzt habe. Er habe die Pflicht, das Ansehen des Berufsstands zu wahren, verletzt. Als mildernd wertete das Gericht, dass der Richter sich nach der Feier schriftlich entschuldigt und wieder eine stationäre Entwöhnungsbehandlung gemacht hatte. Als erschwerend, dass ein Verhalten wie jenes auf der Feier für das Opfer demütigend ist und dass der Vorfall einem größeren Kreis bekannt wurde. Als Strafe hielt das Disziplinargericht eine Geldbuße von 2500 Euro für angemessen (der Richter verdient brutto rund 6400 Euro im Monat). An Verfahrenskosten muss der Mann weitere tausend Euro zahlen.
Durch Erkrankung mitbedingt
Vom Vorwurf mangelnder Hygiene wurde der Jurist freigesprochen. Zwar seien bei der Kontrolle Mängel hervorgetreten. Doch sei nicht nachgewiesen worden, dass die Sauberkeitsprobleme länger bestanden oder dass der Mann nach der Weisung, für Ordnung zu sorgen, dieser nicht nachgekommen sei. Auch sei nicht erwiesen, dass ein Parteienverkehr in dem Zimmer zum Zeitpunkt der Verschmutzung stattfand. Und „in dem einmalig wahrgenommenen Missstand, der offensichtlich durch die psychische Erkrankung des Beschuldigten mitbedingt war“, könne noch kein pflichtwidriges Verhalten erblickt werden, befand das OLG Graz (112 Ds 4/17v).
Der Beschuldigte schwankte beim Gehen, roch nach Alkohol, wirkte teils schläfrig (...)“ Der Zustand des Richters bei der Feier laut Gericht