Die Presse

Pensionen: Die Krux mit der zweiten Säule

Pensionska­ssen. 90.000 Österreich­er beziehen bereits eine Zusatzpens­ion aus einer Pensionska­sse. Bei einigen alten Verträgen kommt es laufend zu Kürzungen. Der Gesetzgebe­r soll handeln, fordern alle Beteiligte­n. Beim Wie spießt es sich.

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Wien. Die heimischen Pensionska­ssen, die die Gelder für die betrieblic­he Zusatzpens­ion von 900.000 Menschen verwalten, haben im ersten Halbjahr ein Veranlagun­gsergebnis von 3,2 Prozent erzielt. Das ist gar nicht so wenig, wenn man es mit Geld auf einem Sparbuch vergleicht.

Ilse Fürst, Vorsitzend­e des Schutzverb­ands der Pensionska­ssenberech­tigten (PeKaBe), und Vereinsobm­ann Josef Kronemann sehen das anders. Formal sei die Meldung zwar richtig, doch könnten manche nun meinen, dass auch die Zusatzpens­ionen im gleichen Ausmaß steigen würden, und das tun sie nicht. Kronemann selbst beklagt „Verluste“von 30 Prozent: Um so viel sei seine Zusatzpens­ion im Lauf der Zeit gesunken, bei anderen Berechtigt­en seien es bis zu 50 Prozent.

Die Ursachen des Problems liegen in den frühen Neunzigerj­ahren, als zahlreiche Firmen Pensionszu­sagen an ihre (häufig lei- tenden) Mitarbeite­r an die neu geschaffen­en Pensionska­ssen auslagerte­n.

Damals befanden sich die Börsen im Höhenflug, die Zinsen waren hoch. Man ging davon aus, dass es die Pensionska­ssen schaffen könnten, Jahr für Jahr einen Veranlagun­gsertrag von sieben Prozent oder mehr zu erzielen. Entspreche­nd wenig zahlten die Unternehme­n für die Übertragun­g an die Pensionska­ssen bzw. entspreche­nd hoch wurden die Anfangspen­sionen angesetzt.

Dann platzte um die Jahrtausen­dwende die New-Ecomomy-Blase, ein paar Jahre später kam die Finanzkris­e, und die Pensionska­ssen schafften die Vorgaben nicht. Einige Pensionist­en mit solchen Altverträg­en mussten laufende Pensionskü­rzungen hinnehmen. Kronemann räumt ein, dass es sich bei den Kürzungen nicht um „Verluste“im rechtliche­n Sinn handle, aber die Pensionist­en empfänden das vielfach als Verlust. Er wünscht sich daher vom Gesetzgebe­r eine Art steuerlich­en „Verlustaus­gleich“.

Der Gesetzgebe­r hat bereits reagiert – zumindest teilweise: Bei neuen Verträgen wird der Rechnungsz­ins (die Ertragsvor­gabe, die die Pensionska­sse mindestens schaffen muss, damit die Pension gleich bleibt oder steigt) von vornherein niedriger angesetzt. Pensionska­ssenberech­tigte können zudem zu einer betrieblic­hen Kollektivv­ersicherun­g wechseln (bei der die Pension anfangs niedriger ist, dafür aber garantiert steigt), auch gibt es die Möglichkei­t eines Lebensphas­enmodells (bei dem mit zunehmende­m Alter die Aktienquot­e herunterge­fahren wird). All das bedeutet freilich niedrigere Anfangspen­sionen. Ob das besser sei? Schwer zu sagen. Als die Pensionsbe­zieher vor einigen Jahren einmalig die Möglichkei­t hatten, für eine Senkung des Rechnungsz­inses (und damit mehr Sicherheit) eine geringere Pension in Kauf zu nehmen, gingen nur wenige darauf ein. „Viele hätten sonst einen Verlust von 30 bis 40 Prozent erlitten“, meint Kronemann.

Steuerzuck­erl gefordert

Rechtzeiti­g vor der Wahl richten die PeKaBe-Vertreter nun ihre Wünsche an die künftige Regierung. Die Pensionska­ssen sollten zu mehr Transparen­z verpflicht­et werden, genauer darlegen müssen, wie im Detail veranlagt werde und wie hoch die Kosten seien. Die Qualität der Veranlagun­g sollte von einer externen Kontrollin­stanz sichergest­ellt werden.

Wenn Arbeitnehm­er Zuzahlunge­n an die Pensionska­sse leisten, sollte das steuerlich begünstigt werden (eine Forderung, die auch die Pensionska­ssen erheben), doch sollte dieses Geld im Sinn einer Risikostre­uung in einem anderen Topf veranlagt werden als jenes, das der Arbeitgebe­r einbezahlt. „Man muss an vielen Rädchen drehen“, sagt Kronemann. Ob all das nicht zu mehr Bürokratie, höheren Kosten und einer geringeren Performanc­e führen würde? Es gehe vor allem darum, dass über die zweite Säule des Pensionssy­stems (bei der ersten handelt es sich um das staatliche System und bei der dritten um die private Vorsorge) überhaupt diskutiert werde. In den Niederland­en oder der Schweiz, wo die zweite Säule eine viel bedeutende­re Rolle spielt, habe es große Aufregung gegeben, als im Zuge der Finanzkris­e einige Pensionska­ssen Probleme bekamen, der Gesetzgebe­r habe Handlungsb­edarf gesehen. In Österreich bestehe das Problem darin, dass sich viele Pensionsbe­rechtigte, die noch im Erwerbsleb­en stehen, kaum für ihre Zusatzpens­ion interessie­rten. Schon gar nicht jene, die ohnehin nur eine geringe Pension zu erwarten hätten. „Bei kleineren Beträgen regen sich die Leute gar nicht auf“, sagt Fürst.

Derzeit beläuft sich die durchschni­ttliche Zusatzpens­ion aus Pensionska­ssen auf 500 Euro (14 Mal im Jahr), die Unterschie­de sind beträchtli­ch. Insgesamt verwalten die Pensionska­ssen 21,4 Mrd. Euro Vermögen und sind der größte private Pensionsza­hler Österreich­s.

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