Die Rückkehr ins private Idyll
Puls4 bringt derzeit jeden Montag nach den Politik-Sommergesprächen die rührige USSerie „This Is Us“. Es lohnt sich, noch einzusteigen. Nicht nur wegen der Schauspieler.
Zuerst Politik, dann Herzschmerz. Die aktuelle Puls4-Programmierung am Montagabend wirkt ungewöhnlich und ergibt doch Sinn, zumindest für den Sender. Wenn die Zuseher schon da sind, will man sie halten – und man tut das mit einer neuen, populären NBC-Serie aus den USA, die schon der Schwestersender ProSieben eingekauft hat und seit Mai zeigt.
„This Is Us“ist wie eine Reise zum Fernsehen der 1990er-Jahre, zurück zu „Emergency Room“und „Grey’s Anatomy“. Die Serie hat weder einen komplexen Handlungsaufbau noch einen kriminalistischen Seitenstrang; ihr Ton ist nicht zynisch oder komisch. Es ist die simple, rührende Geschichte der Familie Pearson, an der man nur deswegen dranbleiben will, weil die (großteils be- kannten) Schauspieler einen bei der Sache halten. Auf zwei Zeitebenen folgen wir dem Entstehen und Wachsen dieser Familie, zuerst in den späten Siebzigerjahren, als Rebecca (Mandy Moore) und Jack (Milo Ventimiglia) beschließen, Kinder zu bekommen. Nach einer schwierigen Schwangerschaft bringt Rebecca Drillinge zur Welt, doch eines der drei Babys stirbt gleich nach der Geburt. In derselben Nacht wird vor dem Krankenhaus ein Neugeborenes hinterlegt – und das Paar beschließt, den Buben aufzunehmen.
In einer Nacht also haben sie ein Kind verloren und doch drei bekommen. Kevin (Justin Hartley), Kate (Susan Watson) und Randall (herausragend: Sterling K. Brown) wachsen als Drillinge auf, die einander – mit oder ohne Blutsverwandtschaft – gar nicht gleichen. Kevin ist schlank und gut aussehend, seine leibliche Schwester hingegen ist schon seit früher Kindheit übergewichtig, und das schwarze Findelkind Randall ist eindeutig das Klügste der drei.
Auf Zeitebene zwei begegnen wir den Drillingen in der Gegenwart. Sie sind noch in gutem Kontakt, aber es plagen sie ganz unterschiedliche Sorgen. Randall, selbst verheiratet und zweifacher Vater, hat Kontakt zu seinem leiblichen Vater aufgenommen, einem ehemaligen Crack-Junkie, der aber sterbenskrank ist. Kevin hadert mit seiner Karriere in einer niveaulosen, aber beliebten TV-Show – und Kate mit ihrem Gewicht und ihrer ersten richtigen Beziehung zu einem Mann. In Rückblenden erfahren wir mehr von ihrer Kindheit, von der Alkoholsucht ihres Vaters, dem Alltagsrassismus, der damals noch verbreitet war, und den Hänseleien, denen Kate als Dicke ausgesetzt war.
Ist die Ära der Politthriller vorüber?
Das ist sehr oft sehr kitschig, bis zur Grenze des Unerträglichen, trotzdem funktioniert „This Is Us“. Das liegt weniger an der Serie als an der Zeit. Die Ära der Politthriller a` la „House of Cards“scheint vorüber, wenn ein Mann im Weißen Haus sitzt, der den Serienpräsidenten in vielerlei Hinsicht in den Schatten stellt. Das globale Weltgeschehen ist offenbar komplex genug, das Fernsehen kehrt hier also zurück in die privaten Räume und erzählt überschaubare Geschichten, die jeder aus seinem eigenen Leben kennt. Die Zuseher wollen eine Pause von den Katastrophen, sich zurücklehnen und vielleicht ein paar Tränen vergießen. Bei „This Is Us“können sie das, ganz ohne schlechtes Gewissen. Staffel 1 wurde in den USA aufgrund der sensationellen Quoten noch während der Laufzeit verlängert, Staffel 2 startet im Herbst. Es wird nicht die letzte sein.
„This Is Us“: jeden Montag, 21.45 Uhr, Puls4.