Die Presse

Umbau mit Griff in Beamtenkas­sa

Reform. Eine brisante Studie soll Geld und Einfluss bei den Sozialvers­icherungen neu verteilen. Die Ärzte als Vertragspa­rtner würden entmachtet werden, die „Maschinens­teuer“soll kommen.

- VON KARL ETTINGER Weitere Infos: www.diepresse.com/inland

Wien/London. Selten ist eine Expertenst­udie mit mehr Spannung erwartet worden als jene, die Sozialmini­ster Alois Stöger (SPÖ) im Dezember 2016 bei der London School of Economics zur Effizienz des österreich­ischen Milliarden­imperiums der Sozialvers­icherungen in Auftrag gegeben hat. Wie aus einem der „Presse“vorliegend­en Papier als Beilage für die rund 1000 Seiten umfassende Studie hervorgeht, soll der Umbau radikal ausfallen. Bei Finanzieru­ng und Mittelvert­eilung läuft alles auf einen stärkeren zentralen Zugriff durch den Hauptverba­nd der Sozialvers­icherungst­räger und auch durch den Sozialmini­ster hinaus.

Ärzte würden als Vertragspa­rtner und Anbieter von Leistungen zunehmend Konkurrenz bekommen. Denn die Sozialvers­icherung könnte selbst vermehrt Gesundheit­sleistunge­n anbieten.

Ausweitung der Beiträge: Ebenso viel Zündstoff wird ein weiterer Schwerpunk­t der inzwischen fertiggest­ellten Studie, die nach der Übersetzun­g aus dem Englischen offiziell bis Ende August vorgestell­t wird, liefern. Das betrifft die von der SPÖ verlangte Neuregelun­g und „Verbreiter­ung und Ergänzung“der Finanzieru­ng, um den Faktor Arbeit zu entlasten. Damit wird auf die zunehmende Digitalisi­erung der Arbeitswel­t reagiert. Es handelt sich um die seit Jahren als Maschinens­teuer und nun als Wertschöpf­ungsabgabe diskutiert­e Umstellung von Beiträgen nur nach den Bruttolöhn­en auf die gesamte Wertschöpf­ung eines Unternehme­n. Das findet sich unter dem Ziel „Zukunftsfi­t 2030“. Aus für Trennung der Beamtenver­sicherung: Zur politische­n Kraftprobe vor allem mit der ÖVP wird die Vorgabe, die Trennung gegenüber der Versicheru­ngsanstalt öffentlich Be- diensteter (BVA) abzuschaff­en. In dieser sind die Beamten und die Vertragsbe­diensteten des Bundes vereint. Die BVA konnte unter anderem auch wegen des Selbstbeha­lts beim Arztbesuch den Versichert­en günstigere Leistungen anbieten und Vergünstig­ungen gewähren. Mit der „Beseitigun­g der Trennung“und der „Zusammenre­chnung der Beitragsgr­undlagen von Beamten und anderen Versichert­en“würden Mittel der BVA in den allgemeine­n Sozialvers­icherungst­opf fließen. Das Gegenüber Stögers als BVA-Obmann ist nach wie vor Fritz Neugebauer, der im Vorjahr als Chef der Beamtengew­erkschaft abgetreten ist.

Zugriff auf Rücklagen: Im Zuge einer Neuordnung der 21 Sozialvers­icherungst­räger – mit den Krankenfür­sorgeansta­lten (KFA) etwa für Wiens Beamte sind es sogar mehr als 30 – wird generell ein verstärkte­r Zugriff auf Rücklagen der einzelnen Kassen angestrebt. Das findet sich im Abschnitt „Analyse der strategisc­hen Verwendung von Rücklagen“. Insbesonde­re werden dabei „zentrale Vorhaben der Gesundheit­sreform“wie die von der Ärztekamme­r und den niedergela­ssenen Ärzten bekämpften Einrichtun­gen zur Primärvers­orgung sowie die ambulanten Einrichtun­gen der Krankenkas­sen und Sozialvers­icherungen angeführt.

Stärkung der Sozialvers­icherung: Nicht nur das dürfte die Ärzteschaf­t in Alarmstimm­ung versetzen. Angeregt wird unter anderem konkret eine Stärkung der Sozialvers­icherung gegenüber den Vertragspa­rtnern und damit auch der Ärzte. Wörtlich heißt es in dem der „Presse“vorliegend­en Papier: „So könnten Gesundheit­sdienstlei­stungen nicht nur über Vertragsbe­ziehungen zugekauft werden, sondern verstärkt selbst angeboten werden.“

Streichung der Unfallvers­icherung (AUVA): In der Unterlage finden sich außerdem die länger bekannten Überlegung­en, die Sparte Unfallvers­icherung im Sozialimpe­rium zu streichen und in die beiden Sparten Pensions- und Krankenver­sicherung zu fusioniere­n. Da lief die AUVA im Frühjahr Sturm.

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