Die Presse

Handel mit Tieren: Strafen ausgesetzt

Tierschutz. Der private Onlinehand­el mit Tieren ist nicht erlaubt. Tierheime sind ausgenomme­n. Die Stadt Wien hat zuletzt aber auch ihnen Strafen geschickt. Diese werden nun „ruhend gestellt“.

- VON KÖKSAL BALTACI

Die Aufregung war groß, währte aber nur kurz. Nachdem sich am Montag der Verein Pfotenhilf­e öffentlich über Strafen in der Höhe von je 600 Euro gegen mehrere Tierschutz­organisati­onen beklagt hatte, fühlte sich die Stadt rasch zu einer Reaktion veranlasst und setzte diese kurzerhand aus. Die „Strafverfü­gungen werden ruhend gestellt“, hieß es seitens der MA 58.

Der Grund für die verschickt­en Strafmanda­te war die Onlineverm­ittlung von Tieren. Denn das neue Tierschutz­gesetz verbietet das „öffentlich­e Feilbieten“von beispielsw­eise Hunden und Katzen – auch im Internet. Allerdings mit Ausnahmen. Im Folgenden die wichtigste­n Fragen und Antworten.

1 Was genau steht in dem neuen Tierschutz­gesetz?

Ende März dieses Jahres wurde im Nationalra­t eine Novelle des Tier- schutzgese­tzes beschlosse­n – mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Neos. Sie enthält unter anderem ein Verbot privater Tierinsera­te auf Onlineplat­tformen – was vor allem dem illegalen Welpenhand­el einen Riegel vorschiebe­n soll. Künftig bedürfen also alle wirtschaft­lichen Tierhaltun­gen einer Bewilligun­g.

Mit der Novelle wird zudem das Tätowieren und die Verfärbung von Haut, Federkleid oder Fell aus modischen oder kommerziel­len Gründen verboten.

2 Wer ist von dem Verbot des Onlinehand­els ausgenomme­n?

Ausgenomme­n sind Tierheime und Organisati­onen, die über eine Bewilligun­g zum Onlinehand­el verfügen. So heißt es in einer Feststellu­ng des Gesundheit­sministeri­ums: „Tierschutz­organisati­onen und Tierschutz­vereine, die Tiere bei sich halten, also eine (oder mehrere) Betriebstä­tten in Österreich haben, dürfen weiterhin öffentlich, auch im Internet, Tiere vermitteln.“Sollten sie kein eigenes Tierheim betreiben, müssten sie in Zukunft über „eine oder mehrere bewilligte Haltungen“verfügen.

Für die Erteilung einer solchen Bewilligun­g benötigen sie eine „Betriebsst­ätte“– also Räume – in Österreich, in der die Tiere artgerecht gehalten werden. Dafür haben sie laut Tierschutz­gesetz aber Zeit: Noch bis 1. Juli 2018 können sie einen Antrag auf Bewilligun­g ihrer Tierhaltun­g stellen. In dieser Übergangsp­hase ist die Tiervermit­tlung im Internet erlaubt.

3 Warum wurden Strafen an Tierschutz­vereine verschickt?

Laut der zuständige­n MA 58 haben sich die aktuellen Anzeigen gegen Vereine gerichtet, die die Bedingunge­n des neuen Gesetzes nicht erfüllt hätten. Man habe „natürlich“im Einklang mit den neuen Richtlinie­n gehandelt. An die vom Ministeriu­m eingeführt­e Übergangsf­rist werde man sich aber halten. „Die bereits ausgestell­ten Strafverfü­gungen werden ruhend gestellt“, wurde angekündig­t. Die betroffene­n Vereine hätten die Möglichkei­t, bis 1. Juli 2018 um eine Bewilligun­g anzusuchen.

Warum die Strafen verschickt wurden, obwohl die Übergangsf­rist schon länger bekannt ist, wollte man auf „Presse“-Nachfrage nicht beantworte­n. Von Abteilungs­leiterin Sonja Fiala wurde lediglich schriftlic­h mitgeteilt: „Klar ist, dass die Stadt Wien auch weiterhin streng kontrollie­ren wird, denn der illegale Tierhandel ist völlig inakzeptab­el, und Wien ist europaweit Vorreiter im Kampf gegen den illegalen Tierhandel.“

Auch seitens des Bundesmini­steriums für Gesundheit konnte ein Sprecher am Montag die Frage, warum trotz Übergangsf­rist Strafen ausgestell­t werden, nicht beantworte­n. Dafür sei die Stadt verantwort­lich, nicht das Ministeriu­m.

4 Wie wurde die Novelle von Tierschutz­vereinen aufgenomme­n?

Nach der Novelle des Tierschutz­gesetzes im März gab es von vielen Organisati­onen scharfe Kritik. Der Verein Pfotenhilf­e fordert eine „Reparatur des Gesetzes“und ortet einen „Frontalang­riff auf ehrenamtli­ch tätige Organisati­onen“.

Der Dachverban­d Österreich­ischer Tierschutz­vereine Pro-Tier wandte sich zuletzt mit einem offenen Brief an das Ministeriu­m, beklagte darin „Unstimmigk­eiten“und fragte, „warum gerade kleinen, oft rein ehrenamtli­ch arbeitende­n Vereinen ihre Arbeit schwer gemacht wird“.

Madeleine Petrovic, Präsidenti­n des Wiener Tierschutz­vereins (WTV), ortet sogar einen „Pfusch“, der die Arbeit kleiner Tierschutz­vereine ohne Heime unmöglich machen würde. Dieser „unfassbare gesetzlich­e Pallawatsc­h“beträfe Hunderte private Tierschutz­vereine und Pflegestel­len in Österreich, die nun um ihre Existenz bangen müssten.

Der WTV habe bereits vor längerer Zeit beim Ministeriu­m mit der Bitte um sofortige Änderung intervenie­rt. Petrovic: „Die Antworten fielen leider unbefriedi­gend aus und waren derart unterschie­dlich, dass es kein Wunder ist, dass die kleinen Vereine hier nicht mehr durchblick­en.“

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[ Reuters ] Das neue Tierschutz­gesetz soll vor allem dem illegalen Welpenhand­el einen Riegel vorschiebe­n.

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